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  • 18.12.2013 · IWW-Abrufnummer 134022

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 17.10.2012 – 20 Sa 94/11

    1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (05. Nov. 1997- RKa 52/ 97-) kann ein bei einem Krankenhaus angestellter Chefarzt (hier: Pathologe) unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich als niedergelassener Vertragsarzt mit Krankenhauszulassung tätig sein. Durch einen hierzu geschlossenen Kooperations- und Nutzungsvertrag, der es dem Arzt ermöglicht, gegen eine Kostenbeteiligung Einrichtungen, Arbeitsmittel und Personal des Krankenhauses in Anspruch zu nehmen, wird eine Nebentätigkeit gestattet, die sonst einem vertragsbegleitenden Wettbewerbsverbots unterfallen würde ( § 60 HGB ). Ein unmittelbarer Wettbewerb findet allerdings nicht statt, so lange sich die Tätigkeit für das Krankenhaus von der vertragsärztlichen ambulanten Tätigkeit abgrenzen lässt.

    2. Wird der Kooperations- und Nutzungsvertrag von einer der Vertragsparteien gekündigt (hier: Abredewidrige Verlagerung der vertragsärztlichen Tätigkeit in eigene Praxisräume außerhalb des Krankenhauses und unzulässige Teilkündigung einer Nebenabrede), so verstößt die Fortsetzung der vertragsärztlichen Nebentätigkeit gegen das von jedem Arbeitnehmer einzuhaltende Wettbewerbsverbot.

    3. Ein solches Verhalten kann auch ohne Abmahnung den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses rechtfertigen, wenn der Arzt die Auslastung des von ihm geleiteten Instituts durch aktive Werbemaßnahmen zugunsten seiner Vertragsarztpraxis gefährdet.


    In der Rechtssache
    - Beklagte/Widerklägerin/Berufungsklägerin -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Kläger/Widerbeklagter/Berufungsbeklagter -
    Proz.-Bev.:
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 20. Kammer - durch den Richter am Arbeitsgericht Meyer, den ehrenamtlichen Richter Braun und den ehrenamtlichen Richter Ziegler auf die mündliche Verhandlung vom 17.10.2012
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 18.11.2011 - 6 Ca 135/10 - abgeändert:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Zwischen den Parteien sind der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die Wirksamkeit von Kündigungen desselben im Streit.



    Der Kläger ist im Januar 1944 geboren und trat zum 1. April 1991 aufgrund des Dienstvertrages vom 19. Dezember 1990 (Anl. B 1 = Bl. 49 ff. der Akte des ArbG) als leitender Abteilungsarzt der pathologischen Abteilung am Kreiskrankhaus R. (Chefarzt) in die Dienste des Rechtsvorgängers der Beklagten. Zuletzt bezog der Kläger bei teilschichtiger Tätigkeit nach § 8 des Dienstvertrages eine feste Grundvergütung in Höhe von € 2.871,64 brutto monatlich zzgl. einer variablen Vergütung insbesondere aus einem Liquidationsrecht und somit insgesamt monatlich durchschnittlich € 38.704,64 brutto (Bl. 694 ff. der Akte des ArbG). Unter dem 22. Dezember 1995 schlossen die Parteien einen "Kooperations- und Nutzungsvertrag" (nachfolgend: Kooperationsvertrag = Anl. B 2 = Bl. 67 - 69 der Akte des ArbG). Nach dessen Ziff. 1 wurde die Arbeitszeit des Klägers auf 50 % der tariflichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst sowie die Vergütung entsprechend reduziert. Weiter lautet der Vertrag soweit vorliegend von Interesse:

    1. Der zwischen den Parteien bestehende Dienstvertrag vom 19. Dezember 1990 wird mit Zulassung des Herrn Prof. Dr. A. B. als Vertragsarzt in der Weise fortgesetzt, dass Herr Prof. B. für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als leitender Abteilungsarzt der pathologischen Abteilung am Kreiskrankenhaus R. mit einer reduzierten Arbeitszeit von 50 % der tariflichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst tätig ist. Dadurch ist gewährleistet, dass Herr Prof. B. für die ambulante vertragsärztliche Versorgung persönlich in erforderlichem Umfang zur Verfügung steht. ...2. Außerhalb der genannten reduzierten Arbeitszeit besteht zwischen den Parteien weder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis noch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis. Prof. Dr. A. B. leistet außerhalb der genannten Zeiten selbständige Dienstleistungen als Arzt und niedergelassener Vertragsarzt in eigener Praxis.3. ...4.1. Herr Prof. Dr. B. bleibt berechtigt, neben dem von ihm als Vertragsarzt selbst beschäftigten Personal vom Landkreis R. angestellte nichtärztliche Mitarbeiter des bisherigen pathologischen Institutes innerhalb der tariflichen Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen. ...4.2. Soweit Herr Prof. B. Krankenhauspersonal in Anspruch nimmt, hat er das fachliche Direktions- und Weisungsrecht. ...5.1. Prof. Dr. A. B. wird für seine freie vertragsärztliche Tätigkeit Praxisräume auf dem Gelände des Kreiskrankenhauses anmieten. Instrumente und Einrichtungen des Krankenhauses, die im Rahmen der vertragsärztlichen Praxistätigkeit genutzt werden, sind in einer Liste aufzuführen...5.2. Der Landkreis räumt Herrn Prof. Dr. A. B. das Recht ein, Einrichtungen des Kreiskrankenhauses mitzubenutzen und Lieferungen und Leistungen in Anspruch zu nehmen, so Apotheke, Wäscherei, Abfallentsorgung.6. Das Verfahren über die Leistungsabrechnung und die Kostenerstattungen sowie weitere Einzelheiten, z. B. über die mietweise überlassenen Praxisräume und das überlassene Personal, werden gesondert geregelt.7. Dieser Vertrag endet mit Ablauf des Dienstvertrages vom 19.12.1990, oder wenn Prof. Dr. B. seine vertragsärztliche Tätigkeit niederlegt. Eine Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende ist zulässig, wenn z. B. ... Im Übrigen ist der Vertrag von beiden Parteien aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 BGB kündbar.8. Die Vertragsparteien sind sich einig, dass im Falle der Beendigung der vorliegenden Vereinbarung das mit Dienstvertrag vom 19.12.1990 begründete Arbeitsverhältnis des Prof. Dr. B. als leitender Abteilungsarzt der pathologischen Abteilung am Kreiskrankenhaus R. auf der Grundlage der Vereinbarung vom 19.12.1990 wieder auflebt und fortgesetzt wird. Ausgenommen hiervon ist der Kündigungsfall gem. § 626 BGB. ...



    Ebenfalls am 22. Dezember 1995 schlossen die Parteien eine "Nebenabrede gemäß Punkt 6 des Vertrages" (nachfolgend: Nebenabrede = Anl. B 3 = Bl. 70 - 72 der Akte des ArbG). Darin sind u. a. die Kosten für die Inanspruchnahme von Räumen, Einrichtungen, Material und Personal definiert und die Erstattung derselben in der Weise geregelt, dass der Kläger 50 % - später angehoben auf 60 % - seiner Bruttoeinnahmen aus der Praxistätigkeit an die Beklagte abführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anl. B 3 Bezug genommen. Tatsächlich übte der Kläger in der Folgezeit einen Teil seiner vertragsärztlichen Tätigkeit als niedergelassener Arzt mit Krankenhauszulassung, dessen Umfang zwischen den Parteien streitig ist, in den Räumlichkeiten seiner privaten Wohnanschrift aus; damit wollte der Kläger den Zulassungsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 05. November 1997 (- 6 RKa 52-97 - Anl. K 7 = Bl. 459 ff. der Akte des ArbG) Rechnung tragen, um letztlich der Gefahr einer Pflichtenkollision zu begegnen. Dort installierte der Kläger das von ihm angeschaffte Diagnosegerät Oral CDx.



    Insofern vertrat der Kläger die Ansicht, die Beklagte müsse die Investitionskosten in Höhe von € 588.997,16 tragen. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, der Kläger habe zu Unrecht die damit verbundenen Einnahmen vollständig für sich behalten, anstatt 60 % derselben an die Beklagte abzuführen. Der deswegen zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Reutlingen geführte Rechtsstreit (1 Ca 537/08) endete am 18. November 2010 mit einem Vergleich.



    Im Laufe des Jahres 2007 kam es verstärkt zu Spannungen zwischen dem Kläger und der ihm nachgeordneten leitenden Oberärztin Dr. D. insbesondere in fachlicher Hinsicht. Der Kläger wandte sich schließlich mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 (Anl. A3 der Anl. B14 = Bl. 240 - 298 der Akte des ArbG) und einer Dokumentation einzelner Fälle nach vorangegangenem Schriftwechsel an die Beklagte und forderte sie zur Aufklärung auf. Die Kontroverse führte zu gerichtlichen Verfahren auf Unterlassung von Äußerungen gegen den Kläger und zu Strafanzeigen des Klägers gegen Organe und Mitarbeiter der Beklagten, namentlich Frau Dr. D. u.a. wegen Körperverletzung. Der Kläger zog Frau Dr. D. im Jahre 2007 nicht mehr bei Wahlleistungen für Patienten heran und schloss sie deswegen auch von der finanziellen sog. Poolbeteiligung aus. Spätestens mit Schreiben vom 23. November 2007 (dort S. 10 = Anl. A 5 der Anl. B 14 = Bl. 318, 327 der Akte des ArbG) ließ Frau Dr. D. dahingehende Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend machen. Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 (Anl. A17 der Anl. B14 = Bl. 352 der Akte des Arbeitsgerichts) wandte sich der Kläger an die bei der Beklagten beschäftigten Chefärzte und gleichlautend (Anl. K 14 = Bl. 487 der Akte des ArbG) an den Landrat.



    Mit Schreiben vom 26. September 2007 (Anl. B 4 = Bl. 73 - 75 der Akte des ArbG) kündigte der Kläger die Nebenabrede bzgl. der mietweise überlassenen Praxisräume und des überlassenen Personals zum 31. Dezember 2007. Zum 1. Januar 2008 verließ der Kläger die bei der Beklagten angemieteten Räumlichkeiten und zog in neue Praxisräume um. Die Beklagte hielt eine Kündigung bloß der Nebenabrede für unzulässig und kündigte ihrerseits den Kooperationsvertrag vom 22. Dezember 1995 aus wichtigem Grund mit Schreiben vom 20. Februar 2008 (Anl. B 5 = Bl. 76 der Akte des ArbG) mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 (Anl. A 7 der Anl. B14 = Bl. 329 der Akte des ArbG) wandte sich der Kläger an niedergelassene Ärzte wegen der Verlegung seiner Praxis und der Gründe hierfür. Deswegen und wegen des Verdachts auf eine falsche Abrechnung zum Nachteil der Beklagten, wegen des Verdachts, der Kläger habe seine Tätigkeit als Leiter der pathologischen Abteilung des Klinikums bereits eingestellt und wegen des Verdachts, er lasse Proben/Präparate aus der Praxis im Institut der Beklagten untersuchen, ließ die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 20. März 2008 (Anl. B 6 = Bl. 77 - 86 der Akte des Arbeitsgerichts) zur Stellungnahme auffordern. Dem entsprach der Kläger, wie sich das aus dem Schreiben vom 3. April 2008 (Anl. B 7 = Bl. 87-93 der Akte des ArbG) ergibt.



    Am Gründonnerstag des Jahres 2008 (20. März 2008) kam es zu einer Besprechung zwischen dem Kläger und zwei Chefärzten des Kreiskrankenhauses F. ua. wegen der künftigen Zusammenarbeit. In der Zeit vom 07. bis zum 11. April 2008 trafen im Institut der Beklagten keine - insbesondere keine von stationär aufgenommenen Patienten entnommenen - pathologischen Proben aus den Kreiskrankenhäusern F. und N. mehr ein. Sämtliche Proben wurden von dem vom Kläger organisierten Transportdienst in die Vertragsarztpraxis des Klägers verbracht. Das betrifft namentlich die auf den Seiten 7 ff. des Schriftsatzes der Beklagten vom 15. Oktober 2009 (Bl. 577 ff. d. Akte des ArbG) aufgeführten Proben. Auf Intervention des Geschäftsführers der Beklagten bei der Geschäftsführung des Kreiskrankenhauses F. wurden ab Montag, den 14. April 2008 "stationäre Proben" zur Untersuchung wieder in das Institut der Beklagten verbracht.



    Ob die Beklagte mit Schreiben vom 16. April 2008 (Anl. B 8 = Bl. 99 ff. der Akte des ArbG) nebst Anlagen hierzu (Anl. B 14 = Bl. 217 ff. der Akte des ArbG) das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten außerordentlichen und ordentlich zum 31. Dezember 2008 auszusprechenden Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei dem Betriebsrat einleitete, ist zwischen den Parteien streitig. Streitig ist auch, ob der Betriebsrat am 17. April 2008 über die beabsichtigten Kündigungen beraten und diesen am 18. April 2008 zugestimmt hat. Mit Schreiben vom 18. April. 2008 (Anl. K 1 = Bl. 10 ff. der Akte der ArbG) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich und fristlos sowie vorsorglich ordentlich zum 31. Dezember 2008. Außerdem forderte sie den Kläger zur Auskunft über von den Kreiskrankenhäusern F. und N. in seiner Praxis ab dem 7. April 2008 eingegangene pathologische Materialien und Präparate auf. Hierzu nahm der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2008 (Anl. K 4 = Bl. 146 ff. der Akte des ArbG) Stellung. Der Bevollmächtigte der Beklagten fertigte über Äußerungen des Klägers im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 22. Juli 2008 eine Aktennotiz (Anl. B 14 = Bl. 156, 157 der Akte des ArbG). Hierzu hörte die Beklagte den Betriebsrat ergänzend am 9. Mai 2008 (Anl. B 9 = Bl. 111, 112 der Akte des ArbG) und am 28. Juli 2008 (Anl. B 27 = Bl. 900, 901 der Akte des ArbG) an.



    Mitte Juni 2008 brachte die Beklagte in Erfahrung, dass Proben der S.klinik Dr. E. in M. durch den vom Kläger beauftragten Transportdienst abgeholt und in dessen Praxis verbracht wurden. Die Beklagte erklärte nach - streitiger - Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 26. Juni 2008 (Anl. K 2 = Bl. 29, 30 der Akte des ArbG) gegenüber dem Kläger eine vorsorgliche außerordentliche und fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.



    Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 (Bl. 34 der Akte des ArbG) sprach die Beklagte nach - streitiger - Anhörung des Betriebsrats erneut und vorsorglich die außerordentliche und fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus, weil der Kläger sie nicht an den mit dem Diagnosegerät Oral CDx abgerechneten Leistungen der Jahre 2003 bis 2007 und Frau Dr. D. im Jahre 2007 nicht am sog. Pool beteiligt habe. Wegen des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit zwei Befundungen durch Dr. D. vom 28. November 2005 und vom 24. Dezember 2007 insbesondere im Hinblick auf die Information der behandelnden Ärzte und deren Patienten hörte die Beklagte den Betriebsrat ergänzend mit Schreiben vom 19. September 2011 (Anl. B 25 = Bl. 825 ff. der Akte des ArbG) an.



    Gegen die Kündigungen wendet sich die am 7. Mai 2008 bei dem Arbeitsgericht Reutlingen eingereichte und nachfolgend im Hinblick auf die späteren Kündigungen erweiterte Klage.



    Der Kläger hat zu den Kündigungen vom 18. April 2008 vorgetragen und die Ansicht vertreten, er habe seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht verletzt; jedenfalls fehle es an den erforderlichen Abmahnungen. Außerdem habe die Beklagte die Frist zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung und das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrats nicht eingehalten.



    In Bezug auf die nachgeordnete Oberärztin Dr. D. habe er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Es gehöre zu seinen vertraglichen Pflichten, Vorkommnisse von erheblicher Bedeutung zu melden. Zunächst habe er sich selbst mit Frau Dr. D. auseinandergesetzt, beispielsweise durch Schreiben vom 29. November 2006 (Anl. K 11 = Bl. 475 ff. der Akte des ArbG). Erst dann habe er sich an die Krankenhausleitung mit der Dokumentation von zunächst neun und dann fünfzehn Fällen gewandt (Anl. A 3 zur Anl. B 14 vom 18. Dezember 2007 = Bl. 240 ff. der Akte des ArbG sowie Anl. K 15 vom 25. Oktober 2007 = Bl. 489 ff. der Akte des ArbG).



    Das Schreiben vom 28. Februar 2008 an die Chefärzte (Anl. A 17 zur Anl. B 14 = Bl. 352 ff. der Akte des ArbG) habe der Oberarzt Dr. P. aus freien Stücken unterzeichnet, wie sich das aus der Anl. K 17 (Bl. 500, 501 der Akte des ArbG) ergebe.



    Ein Pflichtenverstoß ergebe sich nicht daraus, dass er zum 1. Januar 2008 seine Praxis aus den Räumlichkeiten der Beklagten verlagert habe. Schon zuvor sei er als Vertragsarzt überwiegend unter seiner Wohnanschrift tätig gewesen. Dies trage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 5. November 1997 Rechnung. Der Kläger meint, er sei für die Auslastung des von ihm geleiteten Instituts nicht verantwortlich. Seine Pflichten als Chefarzt habe er erfüllt. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich; sie habe auch nach Kündigung des Kooperationsvertrages die Vergütung lediglich in hälftigem Umfang weiterbezahlt.



    Der Kläger bestreitet, dass es zwischen der Beklagten und den Kreiskrankenhäusern F. und N. vertragliche Beziehungen gebe und gegeben habe, wonach Proben aus dem stationären Bereich ausschließlich im Institut der Beklagten zu untersuchen seien. Die Krankenhäuser würden auch mit anderen externen Dienstleistern zusammenarbeiten. Tatsächlich seien in der Vergangenheit die Proben aus dem ambulanten Bereich in die Vertragsarztpraxis gesandt worden und die Proben aus dem stationären Bereich an das Institut der Beklagten. Die Zuständigkeit ergebe sich aus dem vom Absender durch Adressierung der Probe gewählten Weg. Der Geschäftsanfall habe aber auch Verwechslungen zur Folge gehabt. Mit der Verlagerung der Praxis zum 1. Januar 2008 habe er den Hol-/Bringdienst der Beklagten nicht mehr in Anspruch nehmen können und einen eigenen Labordienst beauftragt, der alle an die Vertragsarztpraxis adressierten Proben abholen sollte. Eine "Transportkiste R." gebe es nicht. Er habe keine an die Beklagte adressierte Proben untersucht und abgerechnet. Er habe nicht in vertragliche Rechte der Beklagten eingegriffen. Bei den von ihm befundeten Proben handle es sich um solche, die an die Vertragsarztpraxis adressiert gewesen seien. Die Entscheidung hierzu hätten die jeweiligen Chefärzte aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit den Leistungen des Instituts getroffen. Sollte das Verhalten jener von der jeweiligen Krankenhausverwaltung nicht gedeckt sein, handle es sich um ein internes Problem. Tatsächlich habe die Beklagte nach dem Vorbringen der Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH in einem anderen Verfahren hinsichtlich der Bestellung von pathologischen Bedarfsartikeln (Versanddosen/Formalinröhrchen) zur Vermeidung von Lieferengpässen an die private Pathologiepraxis des Klägers verwiesen (Anl. K 29 = Bl. 799, 800 der Akte des ArbG). Das Schreiben vom 29. Februar 2008 "an alle niedergelassenen Einsender" (Anl. K 20 = Bl. 504, 505 der Akte des ArbG) informiere lediglich über die Verlegung der Praxis aus dem Krankenhaus, ohne die Beklagte zu verunglimpfen.



    Der Kläger hat zur Kündigung vom 26. Juni 2008 vorgetragen, es liege ebenfalls kein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der S.klinik Dr. E. in M. vor. Sämtliche von ihm untersuchten Proben seien an die Vertragspraxis adressiert gewesen. Der Kläger rügt die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist und den Mangel einer Abmahnung.



    Der Kläger hat zur Kündigung vom 14. Juli 2008 vorgetragen, ihm stehe ein Anspruch auf Erstattung der Investitionskosten für das Gerät Oral CDx gegen die Beklagte aufgrund des Kooperationsvertrages zu. Zurecht habe er Frau Dr. D. von der Beteiligung an Poolzahlungen ausgeschlossen, nachdem er sie ab Januar 2007 nicht mehr zur Erbringung von Wahlleistungen herangezogen habe. Es fehle an einer einschlägigen Abmahnung. Außerdem sei die Kündigung verfristet. Schließlich bezichtige ihn die Beklagte zu Unrecht, er habe hinsichtlich einer zweifelhaften Diagnose vom November 2005 nicht hinreichend aufgeklärt.



    Der Kläger hat beantragt:

    1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben vom 18.04.2008 erklärte außerordentliche, fristlose Kündigung nicht beendet worden ist.2.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben vom 18.04.2008 erklärte ordentliche Kündigung zum 31.12.2008 nicht endet.3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen bis 31.01.2009 fortbestand.4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben vom 26.06.2008 erklärte außerordentliche fristlose Kündigung nicht beendet worden ist.5.Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mit Schreiben vom 14.07.2008 erklärte außerordentliche fristlose Kündigung nicht beendet worden ist.



    Die Beklagte hat

    Klagabweisung beantragt.



    Sie hat zur Begründung der Kündigungen vom 18. April 2008 vorgetragen und die Ansicht vertreten, der Kläger habe in Bezug auf die Oberärztin Dr. D. bewusst unrichtige Behauptungen aufgestellt, namentlich in dem von ihm mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 geschilderten Fall neun. Der Vorwurf einer Fehldiagnose von Frau Dr. D. sei haltlos. Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 an die Chefärzte habe der Kläger erneut massive Vorwürfe in Bezug auf Frau Dr. D. erhoben und den Oberarzt Dr. P. unter Druck gesetzt, das Schreiben mitzuunterzeichnen. Die entsprechenden Verdachtsmomente habe der Kläger in seiner Stellungnahme vom 3. April 2008 (Anl. B 7 = Bl. 87 ff. der Akte des ArbG) nicht zu entkräften vermocht. Außerdem habe er die jeweiligen Diagnosen von Frau Dr. D. mitunterzeichnet.



    Weiter habe der Kläger mehrfach gegen das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen. Ein Verstoß liege bereits in der unzulässigen Kündigung bloß der Nebenabrede des Kooperations- und Nutzungsvertrages. Die Nebentätigkeit sei dem Kläger lediglich bei Führung der Praxis in den Räumen der Beklagten gestattet gewesen. Der Betrieb einer externen Praxis stelle einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar. Der Kläger selbst gehe ausweislich seines Schreibens vom 3. April 2008 (Anl. B 7 = Bl. 87 ff. der Akte des ArbG) davon aus, dass er jedenfalls nach Kündigung des Kooperations- und Nutzungsvertrages durch die Beklagte am 20. Februar 2008 wieder vollschichtig als Chefarzt tätig sei; der Kläger moniere die nur 50 %-ige Zahlung.



    Außerdem habe der Kläger dafür gesorgt, dass nicht nur Proben im Zusammenhang mit ambulanten Behandlungen in der Vertragsarztpraxis befundet worden seien, sondern auch Proben aus dem stationären Bereich anderer Krankenhäuser, mit denen die Beklagte in Vertragsbeziehung stehe. Insbesondere die in der Zeit vom 7. April bis 9. April 2008 vom Kreisklinikum F. und vom Kreiskrankenhaus N. versandten und vom Kläger in der Vertragsarztpraxis untersuchten Proben, auf den Seiten 7 ff. des Schriftsatzes vom 15. Oktober 2009 (Bl. 577 ff. der Akte des ArbG) aufgeführt, seien dem Institut für Pathologie der Beklagten zuzuordnen. Dabei seien Verwechslungen auszuschließen. Der Kläger habe selbst im Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 28. April 2008 eingeräumt, Proben befundet zu haben, die eigentlich nicht für die Vertragsarztpraxis bestimmt gewesen seien. Er habe keine Veranlassung gesehen, diese Proben der Beklagten zuzuleiten. Tatsächlich habe der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2008 (Anl. K 4 = Bl. 146, 147 der Akte des ArbG) ua. mitgeteilt, das eindeutige Votum aller betroffenen Chefärzte in F. und N. sei für eine weitere Zusammenarbeit mit seiner Person ausgefallen und Einsendungen habe er von F. vom 7. April bis 11. April 2008 erhalten.



    Diesem Vorgehen liege nach den Angaben des Klägers im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 22. Juli 2008 (Aktennotiz des Beklagtenvertreters vom 23. Juli 2008 = Anl. B 14 = Bl. 156, 157 der Akte des ArbG) zugrunde, dass der Kläger am Gründonnerstag des Jahres 2008 nach F. gefahren sei, um mit den Chefärzten über die zukünftige Handhabe der Untersuchung der im Kreiskrankenhaus F. erhobenen Proben zu sprechen. Im Kammertemin vor dem Arbeitsgericht am 23. Oktober 2009 habe der Kläger dies ergänzend erläutert (Aktennotiz des Beklagtenvertreters vom 26. Oktober 2009 = Anl. B 24 = Bl. 608, 609 der Akte des ArbG).



    Mit diesem Verhalten habe der Kläger massiv die Wettbewerbsinteressen der Beklagten und seine Pflichten als Leiter des Instituts für Pathologie verletzt. Zwischenzeitlich stehe durch das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2011 (1 U 35/11 = Anl. B 24 = Bl. 673 ff. der Akte des ArbG) rechtskräftig fest, dass keine direkten vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH über die bei stationären Kassenpatienten entnommenen Gewebeproben bestanden hätten. Lediglich aufgrund der Intervention der Geschäftsführung der Beklagten bei der Geschäftsführung des Kreiskrankenhauses F. sei es dazu gekommen, dass die Proben aus dem stationären Bereich wieder an das Institut versandt wurden. Die Beklagte bestreitet, dass das Krankenhaus F. wegen Bedarfsartikel an den Kläger verwiesen worden sei. Im Übrigen sei dies nicht im Einverständnis mit der Geschäftsführung wohl durch eine nachgeordnete Sekretärin geschehen.



    Schließlich habe der Kläger mit seinen Schreiben vom 28. und 29. Februar 2008 an die Chefärzte und die niedergelassenen Ärzte massive Vorwürfe gegen die Beklagte erhoben und damit seine Rücksichtnahmepflicht verletzt. Die Beklagte halte die Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung vom 18. April 2008 für rechtmäßig.



    Die Beklagte hat zur Kündigung vom 26. Juni 2008 vorgetragen, sie habe Mitte Juni 2008 in Erfahrung gebracht, dass der vom Kläger beauftragte Transporteur die Sendungen in M. abgreife, bevor der von der Beklagten beauftragte Transportdienst erscheine. Damit habe der Kläger das trotz Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner dagegen gerichteten Klage fortbestehende Wettbewerbsverbot verletzt.



    Die Beklagte hat zur Begründung der Kündigung vom 14. Juli 2008 vorgetragen, der Kläger habe der Beklagten die ihr zustehenden Einnahmen aus dem Einsatz des Diagnosegerätes CDx zu Unrecht vorenthalten und Frau Dr. D. die sogenannte Poolbeteiligung im Jahre 2007. Frau Dr. D. nehme nunmehr die Beklagte in Anspruch. Schließlich habe die Beklagte erst durch die Ermittlungsakten im Strafverfahren gegen Frau Dr. D. (Staatsanwaltschaft Tübingen - 28 Js 24796/08 -) davon Kenntnis erlangt, dass der Kläger anlässlich zweier Diagnosen vom November 2005 und vom Dezember 2007 durch Frau Dr. D. seine Pflichten zur Unterrichtung der behandelnden Ärzte verletzt habe.



    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2008 (Bl. 161 ff. der Akte des ArbG) das Verfahren hinsichtlich der auf Zahlung und Freistellung von Ansprüchen gerichteten Widerklage vom 17. Juli 2008 (Bl. 36 ff. der Akte des ArbG) abgetrennt.



    Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. November 2011 im Übrigen nach den Klaganträgen erkannt. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der außerordentlichen Kündigung vom 18. April 2008 liege kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zugrunde. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass der Kläger falsche Angaben in Bezug auf ein angebliches Fehlverhalten der leitenden Oberärztin Dr. D. bei Fehldiagnosen gemacht habe. Die Beklagte habe lediglich behauptet, sie habe die Fälle nachrecherchiert und ein Fehlverhalten von Dr. D. nicht feststellen können. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass die Beklagte tatsächlich den Mitteilungen des Klägers nachgegangen sei. Sie habe die Untersuchungsergebnisse dem Kläger als Vorgesetzten nicht mitgeteilt und seine Bedenken mehr oder weniger ignoriert und ihn wegen der Ausübung seines fachlichen Weisungsrechts sogar noch am 4. Januar 2008 abgemahnt. Der Kläger habe sich korrekt entsprechend seiner arbeitsvertraglich festgelegten Verpflichtung verhalten. Die Beklagte habe auch den Vorwurf nicht näher dargelegt, der Kläger habe den Oberarzt Dr. P. "unter Druck" gesetzt, das Schreiben an die Chefärzte vom 28. Februar 2008 mitzuunterzeichnen. Dessen Schreiben vom 5. März 2008 spreche eine andere Sprache.



    Dem Kläger sei schon mangels Abmahnung kein kündigungsrelevanter Vorwurf wegen der Verlegung seiner Praxis aus den Räumen der Beklagten zu machen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. November 1997 sei der Kläger von Anfang an verpflichtet gewesen, seine vertragsärztliche Tätigkeit getrennt vom Zugriffsbereich der Beklagten auszuüben. Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten an der Abführung von 60 % des Erlöses der vertragsärztlichen Tätigkeit sei nachzuvollziehen. Die Beklagte hätte aber nach Kündigung der Nebenabrede durch den Kläger und des Kooperations- und Nutzungsvertrages durch sie selbst die Möglichkeit gehabt, die Zusammenarbeit neu zu regeln. Jedenfalls hätte sie dem Kläger durch eine Abmahnung vor Augen führen müssen, dass mit der Verlagerung der Praxis der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei.



    Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass der Kläger keinem arbeitsvertraglichen Wettbewerbsverbot in dem über ein Jahrzehnt gelebten Vertragsverhältnis - Chefarzttätigkeit und freie Vertragsarzttätigkeit - unterfalle. Das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 20. Februar 2008 (Anmerkung: des Kooperations- und Nutzungsvertrages) enthalte keinen Hinweis auf ein "Wiederaufleben" eines Wettbewerbsverbots und der 100 %-igen Chefarzttätigkeit. Vertragliche Verpflichtungen zwischen den Kreiskrankenhäusern F. und N. über die Untersuchung von Materialien im pathologischen Institut der Beklagten existierten nicht. Zum Vertragsbruch habe der Kläger mithin nicht verleitet. Der Kläger hätte irrtümlicher Weise an seine Vertragspraxis gesandte Proben an die Beklagte weiterleiten müssen. Die Beklagte treffe aber ein Organisationsverschulden. Sie hätte nach Kündigung des Kooperations- und Nutzungsvertrages alle Zusender informieren müssen. Das Treffen des Klägers am Gründonnerstag mit den Chefärzten von F. sei ihm nicht vorzuwerfen. Es stehe nicht einmal fest, auf wessen Veranlassung hin das Gespräch stattgefunden habe. Dem Kläger sei sein Bemühen nicht vorzuwerfen, Kunden für seine Vertragsarztpraxis zu erhalten. Eine Gefährdung der Auslastung oder Zertifizierung der Beklagten habe wegen der bloß 17 entgangenen Proben nicht bestanden. Angesichts der unklaren vertraglichen Situation sei der Pflichtenverstoß des Klägers allenfalls für eine Abmahnung geeignet. Der Brief des Klägers vom 29. Februar 2008 an die niedergelassenen Ärzte beinhalte keine massive Verfehlung, sondern lediglich die Information der Kunden, die frei entscheiden könnten, an wen sie ihre Einsendungen richteten.



    Aus denselben Gründen sei die hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam, zumal ein wettbewerbswidriges Verhalten ohne Abmahnung nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden könne.



    Entsprechendes gelte für die außerordentliche Kündigung vom 26. Juni 2008. Der Kläger habe nicht davon ausgehen müssen, dass er einem Wettbewerbsverbot unterliege.



    Die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2008 könne nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger im Bereich der Oral-CDx-Diagnostik die Beklagte nicht beteiligt habe. Es spreche viel dafür, dass ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund eigener Forderungen bestehe. Außerdem sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB angesichts des Streits der Parteien seit dem Jahre 2004 überschritten. Dasselbe gelte hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Frau Dr. D. bei der Poolabrechnung 2007. Auch hinsichtlich des Umgangs des Klägers mit abweichenden Diagnosen betreffend Befundungen vom 28. November 2005 und vom 24. Dezember 2005 sei Kenntnis der Beklagten im Zusammenhang mit dem Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2007 und aufgrund einer Besprechung zur Aufklärung der Fälle vom 30. April 2010 anzunehmen.



    Damit habe das Arbeitsverhältnis mit dem Monat der Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers zum 31. Januar 2009 sein Ende gefunden.



    Gegen das ihr am 23. November 2011 zugestellte (Bl. 941 d. Akte des ArbG) Urteil hat die Beklagte am 22. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Sie hat dieselbe innerhalb der bis 23. Februar 2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Eingang bei Gericht am 17. Februar 2012 begründet.



    Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor und vertritt die Ansicht, der Kläger habe sich zum Nachteil der Beklagten wettbewerbswidrig verhalten. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend zwischen der zulässigen Nebentätigkeit und dem unzulässigen Wettbewerbsverstoß differenziert. Die Tätigkeitsbereiche des Klägers als leitender Abteilungsarzt der pathologischen Abteilung des Krankenhauses und als Vertragsarzt einer pathologischen Praxis seien inhaltlich eindeutig abgrenzbar. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte auf das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot verzichtet. Grundlage der Nebentätigkeit sei der von der Beklagten gekündigte Nutzungs- und Kooperationsvertrag und die Einigkeit der Parteien, dass der Kläger zum Betrieb in der Vertragsarztpraxis bei der Beklagten Räume anmiete gegen entsprechende Vergütung. Tatsächlich habe der Kläger die vertragsärztliche Tätigkeit ganz überwiegend in den Räumen der Beklagten ausgeübt. Gegen die Kündigung bloß der Nebenabrede zum Kooperations- und Nutzungsvertrag durch den Kläger habe sich die Beklagte nachhaltig zur Wehr gesetzt. Eine Abmahnung hätte eine Verhaltensänderung nicht herbeigeführt.



    Es liege im Verantwortungsbereich des Klägers, dass in der Zeit vom 7. bis zum 9. April 2008 zur Untersuchung im Institut bestimmte Präparate auswärtiger Krankenhäuser das Institut der Beklagten nicht erreicht hätten. Auslöser hierfür seien die Gespräche des Klägers mit den Chefärzten des Krankenhauses F. am Gründonnerstag 2008 (20. März 2008) gewesen. Bis dahin seien Proben im Zusammenhang mit stationären Aufenthalten von Patienten im Institut für Pathologie der Beklagten untersucht worden. Dem Kläger sei der Vorwurf zu machen, dass er den oder die Gesprächspartner veranlasst habe, keine entnommenen Präparate mehr im Institut der Beklagten befunden zu lassen, sondern in der Vertragsarztpraxis des Klägers. Damit habe die Beklagte nicht rechnen und vorbeugende Maßnahmen ergreifen müssen. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 12. Juli 2011 stünden vertragliche Beziehungen zwischen der Beklagten und dem Kreiskrankenhaus F. fest, nicht dagegen solche mit der Person des Klägers. Der Kläger habe den Untersuchungsauftrag abgeworben bzw. dasselbe versucht. Lediglich auf Intervention des Geschäftsführers bei der ahnungslosen Geschäftsführung des Kreiskrankenhauses F. sei der Schaden auf "nur" 17 stationäre Proben begrenzt. Wäre dagegen der Plan des Klägers aufgegangen, hätte das Institut keine Proben der externen Krankenhäuser mehr erhalten, was zu massiven Schäden bei der Beklagten geführt hätte. Der Kläger habe zielgerichtet gehandelt; es habe keine irrtümlich fehlgeleiteten Proben gegeben. Der Kläger selbst sei von einem Wiederaufleben der Chefarzttätigkeit zu 100 % ausgegangen, habe gleichwohl aber die Nebentätigkeit weiter ausgeübt.



    Im Schreiben des Klägers vom 29. Februar 2008 an die niedergelassenen Ärzte sei eine erhebliche Schädigung des Ansehens der Beklagten in der Öffentlichkeit und damit ein erheblicher Loyalitätsverstoß zu sehen. Bereits die außerordentliche Kündigung vom 18. April 2008 löse deshalb das Arbeitsverhältnis auf.



    Im Übrigen wiederholt, ergänzt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und nimmt darauf Bezug.



    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 18.11.2011 - 6 Ca 135/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen.



    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Er trägt vor und ist der Ansicht, seine Tätigkeit als leitender Abteilungsarzt und seine vertragsärztliche Tätigkeit seien nicht inhaltlich eindeutig voneinander abgrenzbar. Vielmehr habe ein vertraglich angelegtes Wettbewerbsverhältnis bestanden. Als niedergelassener Pathologe sei er sowohl für andere niedergelassene Ärzte als auch für Krankenhäuser tätig geworden. Als Leiter des Instituts habe ihm nach dem Dienstvertrag die Untersuchung und Befundung der Materialien und Präparate stationärer Patienten anderer Krankenhäuser oblegen. In den Verträgen seien die jeweiligen Tätigkeitsbereiche nicht klar voneinander abgegrenzt und ein Wettbewerbsverbot nicht ausdrücklich festgehalten. Mit Abschluss des Kooperations- und Nutzungsvertrages habe die Beklagte in die konkurrierende Tätigkeit des Klägers eingewilligt.



    Der Kläger habe lediglich den Transport der ihm zugedachten Präparate neu organisiert. Er habe keine zur Untersuchung im Institut vorgesehenen Präparate als Vertragsarzt befundet. Auch in der Zeit vom 7. bis zum 9. April 2008 seien die von ihm in der Praxis befundeten Präparate an diese Adresse adressiert gewesen. Zutreffend sei lediglich, dass (nur) die bei stationärem Aufenthalt entnommenen Präparate und Proben bestimmter Krankenhäuser zuvor am Institut der Beklagten untersucht worden seien. Ambulant in auswärtigen Krankenhäusern entnommene Proben von Privat- wie Kassenpatienten seien hingegen bereits seit dem 1. Januar 1998 der vertragsärztlichen Praxis zugeordnet gewesen.



    Der Kläger bestreitet, bei dem Treffen am Gründonnerstag 2008 in F. gegen die Interessen der Beklagten verstoßen zu haben. Er habe keinen Druck auf die betroffenen Chefärzte des Krankenhauses F. ausgeübt. Im Übrigen hätten die von ihm untersuchten nur 17 stationären Proben keine nennenswerten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Beklagte gehabt. Allenfalls hätte die Beklagte dies zum Anlass für eine Abmahnung nehmen können. Dasselbe gelte für den Vorwurf, einen Pflichtenverstoß durch die Verlagerung der Praxisräume begangen zu haben. Angesichts der Korrespondenz habe der Kläger den Ausspruch einer Kündigung deswegen nicht befürchten müssen. Die Kündigung vom 18. April 2008 sei deshalb unwirksam.



    Die Kündigungen seien sämtlich mit fehlerhafter Anhörung des Betriebsrates behaftet. Im Übrigen wiederholt, ergänzt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen, auf welches er Bezug nimmt.



    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze, die bezeichneten Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften in erster und zweiter Instanz Bezug genommen, insbesondere die vom 11. Juli 2012 (Bl. 184 - 187 der Berufungsakte) und vom 17. Oktober 2012 (Bl. 218 ff. der Berufungsakte). Die Kammer hat Beweis erhoben über die Frage der Betriebsratsanhörung. Die Einzelheiten der Beweisaufnahme ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 17. Oktober 2012 (aaO).



    Entscheidungsgründe



    Auf die Berufung der Beklagten hin war das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage als unbegründet abzuweisen. Bereits die Kündigung der Beklagten vom 18. April 2008 löst das Arbeitsverhältnis der Parteien auf.



    A.



    Die Berufung der Beklagten ist statthaft nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. den §§ 519, 520 ZPO. Sie ist auch im Übrigen zulässig.



    B.



    Die Berufung ist begründet. Die Klage gerichtet gegen die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. April 2008 ist unbegründet, weil der Kläger mit der Tätigkeit als Vertragsarzt Wettbewerbsverstöße begangen hat, die es der Beklagten unzumutbar erscheinen lassen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung fortzusetzen. Einer Abmahnung bedurfte es insofern nicht. Schließlich hat die Beklagte auch den bei ihr gebildeten Betriebsrat ordnungsgemäß angehört.



    I.



    Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. April 2008 ist wirksam. Ihr liegt insbesondere entgegen der Auffassung des Klägers und des Arbeitsgerichts ein Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu Grunde (1.). Die Kündigung verstößt auch nicht gegen das Gebot der vorherigen Anhörung des Betriebsrats (2.).



    1. Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.



    Die erforderliche Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Ist dies der Fall, bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - [...] Rn. 17, 18; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 13 mwN, DB 2010, 1128 [BAG 10.12.2009 - 2 AZR 534/08]; 29. Januar 1997 - 2 AZR 292/96 - AP Nr. 131 zu § 626 BGB).



    Der Arbeitgeber trifft nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Kündigungsgründe, das Fehlen von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen und für die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen nach § 626 Abs. 2 BGB (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - [...]; 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - [...]).



    Bei Anwendung dieses Maßstabes erweist sich die fristlose Kündigung der Beklagten vom 18. April 2004 aufgrund massiver Wettbewerbsverstöße des Klägers als wirksam.



    a) Das Verhalten des Klägers war objektiv geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu bilden.



    aa) Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (ständige Rechtsprechung des BAG, 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22 ff., [...]; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN, AP BGB § 626 Nr. 213; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - Rn. 20, [...]). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag keine Regelungen hierüber enthält. Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen eines Arbeitnehmers geschützt werden. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein. Das Wettbewerbsverbot verbietet dem Arbeitnehmer für die Dauer des Arbeitsverhältnisses jede Tätigkeit, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet (BAG 26. Januar 1995 - 2 AZR 355/94 - RzK I. 6. a Nr. 116; BAG 21. November 1996 aaO). Der Arbeitnehmer darf Dienste und Leistungen nicht Dritten im Marktbereich seines Arbeitgebers anbieten. Dadurch soll erreicht werden, dass dem Arbeitgeber der Marktbereich voll und ohne die Gefahr der nachteiligen, zweifelhaften oder zwielichten Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offensteht (BAG 21. November 1996 aaO; BAG 23. April 1998 - 2 AZR 442/97 - Rn. 18, [...]; BAG 16. Juni 1976 - 3 AZR 73/75 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Treuepflicht). Allerdings darf der Arbeitnehmer, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten (BAG 28. Januar 2010 aaO; 26. Juni 2008 aaO). Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, zB durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen diese Voraussetzung nicht (BAG 26. Juni 2008 aaO; 28. Januar 2010 aaO). Die Verletzung eines für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbotes kann an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen (BAG 21. November 1996 aaO; 26. Juni 2008 aaO; 30. Januar 1963 - 2 AZR 319/62 - BAGE 14, 72, 78 = AP Nr. 3 zu § 60 HGB, zu I. a cc der Gründe; vom 06. August 1987 - 2 AZR 226/87 - AP Nr. 97 zu § 626 BGB und vom 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - AP Nr. 104 zu § 626 BGB). Das entspricht der Rechtsprechung der erkennenden Kammer (LAG Baden-Württemberg 28. März 2002 - 20 Sa 75/01 - Rn. 9 ff., [...]).



    bb) Gegen das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot hat der Kläger verstoßen. Ohne Erfolg beruft er sich darauf, seine Tätigkeit als leitender Abteilungsarzt für die Beklagte sei inhaltlich nicht von seiner vertragsärztlichen Tätigkeit abzugrenzen. Dabei übersieht der Kläger, dass die rechtliche Grundlage der Nebentätigkeit in Wegfall geraten war, der Kläger dieselbe gleichwohl weiter ausübte. Außerdem hat der Kläger offensichtlich und absprachewidrig Aufträge von Kunden der Beklagten auf seine Vertragsarztpraxis umgeleitet bzw. dies versucht.



    (1) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält in dessen § 18 ("Tätigkeit außerhalb der Dienstaufgaben") Regelungen zu Nebentätigkeiten. Der Betrieb einer Vertragsarztpraxis, in welcher ua. Laborleistungen und pathologische Proben befundet werden, gehört nicht zu den nach § 18 Abs. 1 des Anstellungsvertrages erlaubten Tätigkeiten. Denn unter Berücksichtigung der vollschichtigen Tätigkeit für die Beklagte könnte der Kläger nicht für die Versorgung der Versicherten persönlich in erforderlichem Maße zur Verfügung stehen. Erst durch den Kooperations- und Nutzungsvertrag der Parteien vom 22. Dezember 1995 wurden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Insbesondere wurde nach dessen Ziff. 1 die persönliche Arbeitszeit des Klägers auf 50 % der tariflichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst reduziert, um zu gewährleisten, dass der Kläger für die ambulante vertragsärztliche Versorgung persönlich in erforderlichem Umfang zur Verfügung steht.



    Der Kläger hat stets betont, dass er streng zwischen den für das Institut der Beklagten bestimmten und den der Vertragsarztpraxis zuzuordnenden Sendungen unterschieden und auch entsprechende Weisungen erteilt habe. Das ergibt sich beispielsweise aus den Angaben des Klägers im Termin vom 11. Juli 2012 auf Seite zwei des Sitzungsprotokolls (Bl. 185 der Berufungsakte). Das ergibt sich beispielsweise auch aus der Stellungnahme des Klägers im Schreiben vom 03. April 2008 unter III. falsche Abrechnung betreffend den Fall V. (Anl. B7 = Bl. 91 der Akte des ArbG nebst Anl. "Begleitschein" = Bl. 94 der Akte des ArbG). Zwischen den Parteien ist es prinzipiell unstreitig, dass von stationär aufgenommenen Patienten anderer Krankenhäuser entnommene Proben im Institut der Beklagten zu befunden waren und nicht in der Vertragsarztpraxis des Klägers. So belegt der im Schreiben vom 03. April 2008 (aaO) geschilderte Fall V., dass beispielsweise im Falle einer irrtümlichen Einsendung oder fehlerhaften Ausfüllung eines Formulars (ambulant statt vorstationär) Maßnahmen zur Korrektur zu ergreifen waren und auch ergriffen wurden. Im Zweifel hat der Kläger rückfragen lassen bzw. es wurden an die Vertragsarztpraxis gesandte Irrläufer an das Institut weitergereicht und umgekehrt. Es liegt auf der Hand, dass der Kläger als Vertragsarzt nicht mit dem von ihm verantwortlich geleiteten Institut in Wettbewerb stehen kann; dies hätte unweigerlich eine Pflichtenkollision zur Folge.



    (2) Eine Wettbewerbssituation wurde durch den Kooperations- und Nutzungsvertrag gerade nicht eröffnet, wie das der Kläger offensichtlich meint. Dagegen sprechen Wortlaut, Sinn und Zweck der Vertragserklärung unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände, §§ 133, 157 BGB. Den Parteien ging es ersichtlich nicht nur um die Genehmigung einer eigenwirtschaftlichen Nebentätigkeit, sondern vorrangig um eine Zusammenarbeit zum beiderseitigen Wohle jenseits der dienstvertraglichen Beziehung. Dafür spricht bereits die Überschrift als "Kooperations- und Nutzungsvertrag". Dafür sprechen die vielfältigen Verflechtungen, insbesondere die notwendige Reduzierung der persönlichen Arbeitszeit des Klägers nach Ziff. 1 des Vertrages, die Möglichkeit nichtärztliche Mitarbeiter der Beklagten in Anspruch zu nehmen und das fachliche Direktions- und Weisungsrecht auszuüben, Ziff. 4.1 und Ziff. 4.2 des Vertrages. Außerdem sollte der Kläger nach Ziff. 5.1 des Vertrages Praxisräume auf dem Gelände der Beklagten anmieten und Instrumente und Einrichtungen nutzen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger nach Ziff. 6 des Vertrages iVm. der Nebenabrede, 50 bzw. später 60 % seiner Bruttoeinnahmen aus der Praxistätigkeit an die Beklagte abzuführen. Den Parteien ging es - mit den Worten des Klägers - darum, in den ambulanten Bereich einzudringen (Schreiben vom 29. Februar 2008 = Anl. A7 zur Anl. B14 = Bl. 329 der Akte des ArbG). Denn die Praxis diente der Befundung von Proben ambulanter Patienten, die von niedergelassenen Ärzten oder von anderen Krankenhäusern an die offenbar renommierte Adresse des Klägers eingesandt wurden.



    Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten an diesem sogenannten "R. Modell", welches zur Überprüfung durch das Bundessozialgericht (Bl. 459 ff. der Akte des ArbG) gestellt wurde, und die wechselseitigen Verflechtungen werden in der Gesprächsnotiz vom 22. Dezember 1997 (Anl. K24 = Bl. 540, 541 der Akte des ArbG) deutlich: Über die pauschale Verteilung der Einkünfte soll ein Teil der Kosten der Pathologie der Beklagten finanziert werden. Dementsprechend benennt Ziff. 7.4 des Kooperations- und Nutzungsvertrages als Kündigungsgrund ausdrücklich, wenn eine Kostendeckung entsprechend der Nebenabrede nach Ziff. 6 des Vertrages nicht gegeben ist.



    Über das "R. Modell" mit einem Verteilungsschlüssel 60/40 war sichergestellt, dass die Beklagte sowohl an den Liquidationserlösen des Klägers im stationären Bereich über den Dienstvertrag der Parteien als auch an den Einnahmen der Vertragsarztpraxis im ambulanten Bereich über den Kooperations- und Nutzungsvertrag partizipierte.



    (3) Diesem Modell hat der Kläger mit der Kündigung der Nebenabrede vom 26. September 2007 zum 31. Dezember 2007 (Anl. B4 = Bl. 73 - 75 der Akte des ArbG) die Grundlage entzogen. Davon sollte nach Vorstellung des Klägers der Kooperations- und Nutzungsvertrag vom 22. Dezember 1995 (im Übrigen) unberührt bleiben. Ohne Weiteres nachvollziehbar hat die Beklagte der Anfrage nach einer "mietweisen Überlassung von Personal" (Bl. 75 der Akte des ArbG) eine Absage erteilt (Anl. K8 = Bl. 463 der Akte des ArbG). Die Beklagte hat auch - zutreffend - klargestellt, dass eine selbständige Kündigung der Nebenabrede unzulässig sei und dass der Betrieb einer Praxis außerhalb des Klinikums in eigenen Praxisräumen einen Bruch des Kooperationsvertrages darstelle. Die Beklagte hat angekündigt, den Kläger auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen (Schreiben vom 19. Dezember 2007 = Anl. K8 = Bl. 464 der Akte des ArbG). Mit Schreiben vom 10. Januar 2008 hat die Beklagte ihren Standpunkt bekräftigt und den Kläger ermahnt: Darüber hinaus untersagen wir ihnen, Dienstgeschäfte, die ihre chefärztliche Tätigkeit im Klinikum betreffen, in ihren Praxisräumen durchzuführen. Sämtliche Einsendungen von anderen Kliniken sowie niedergelassenen Ärzten, die die privatärztliche Tätigkeit betreffen, sind im Rahmen ihres Dienstvertrages im Klinikum mit den sachlichen und personellen Ressourcen des Klinikums durchzuführen. Diesbezüglich eingesandtes Untersuchungsmaterial hat in den Räumen des Klinikums zu verbleiben (Anl. K8 = Bl. 465 der Akte des ArbG).



    Schließlich hat die Beklagte mit Schreiben vom 20. Februar 2008 (Anl. K8 = Bl. 466 der Akte des ArbG) wegen Kündigung der Nebenabrede zum Kooperationsvertrag und Einstellung der Verpflichtungen des Klägers die Kündigung des Kooperations- und Nutzungsvertrages aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung erklärt.



    Zu dieser Kündigung war die Beklagte berechtigt, weil der Kläger in unzulässiger Weise eine Teilkündigung des Kooperations- und Nutzungsvertrages ausgesprochen hatte. Nach dessen Ziff. 7 ist der Vertrag kündbar. Eine entsprechende Regelung enthält die Nebenabrede nicht, sondern lediglich Anpassungsbestimmungen, beispielsweise nach deren Ziff. 3. Der integrale Charakter der Nebenabrede wird ua. auch in Ziff. 5.1 des Kooperationsvertrages deutlich, wonach es dem Kläger gerade nicht überlassen bleibt, (nach Belieben) Praxisräume anzumieten. Vielmehr hat der Kläger dies im Rahmen des Kooperations- und Nutzungsvertrages zu tun. Dafür sprechen Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Vertrages.



    Nachdem der Kläger seine Verpflichtungen aus dem Kooperations- und Nutzungsvertrag nicht mehr erfüllt hat und bereits mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (Anl. A10 zur Anl. B14 = Bl. 332 ff. der Akte des ArbG) unter Fristsetzung aufgefordert wurde, die Unwirksamkeit der Kündigung anzuerkennen und seine Verpflichtungen weiterhin zu erfüllen, was der Kläger beispielsweise durch Schreiben vom 05. November 2007 (Anlage A11 zur Anlage B14 = Bl. 336 ff. der Akte des ArbG) abgelehnt hat, war die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 Abs. 1, Abs. 2 BGB berechtigt.



    (4) Damit war eine Grundlage für die vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers neben seiner Tätigkeit als Chefarzt nicht mehr gegeben. Davon ging ersichtlich auch der Kläger aus, der am 03. April 2008 (Anl. B7 = Bl. 87 ff. der Akte des ArbG) erklärte: Hier sei darauf hingewiesen, dass ich anlässlich der Kündigung des Kooperations- und Nutzungsvertrages (22.12.95) vom 20.02.08 aufgrund der Klausel § 8 nun ab 01.01.08 - wie vertraglich festgelegt - wieder ganztags angestellt bin, bezahlt werden nur 50 %. Ob dem Kläger tatsächlich ab 1. Januar 2008 zB. aus geleisteter Arbeit oder aus Annahmeverzug der volle Vergütungsanspruch - wogegen Ziff. 8 Satz 2 des Kooperations- und Nutzungsvertrages spricht - zusteht, bedarf hier keiner Entscheidung. Entscheidend ist, dass eine Rechtsgrundlage für eine vertragsärztliche Tätigkeit mit Praxisräumen außerhalb des Klinikums der Beklagten zu keinem Zeitpunkt gegeben war und dass eine Grundlage für die vertragsärztliche Tätigkeit mit Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 20. Februar 2008 erst Recht weggefallen ist. Das Vorbringen des Klägers lässt offen, auf welcher Grundlage er weiterhin - unstreitig - die Vertragsarztpraxis alleine oder in Kooperation beispielsweise mit seinem Sohn weiterbetrieben haben will. Denn auch der Kläger, sah sich ... schließlich gezwungen, die Kooperation mit der Beklagten bezüglich seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt zu beenden (S. 18, 19 des Schriftsatzes des Klägers vom 13. Juli 2009 = Bl. 445, 446 der Akte des ArbG).



    Der Kläger hat mit der vertragswidrig betriebenen Praxis pathologische Labor- und Befundungsleistungen am Markt erbracht. Das ist unstreitig und ergibt sich beispielsweise aus dem Schreiben des Klägers vom 29. Februar 2008 an die niedergelassenen Ärzte (Anl. A7 zur Anl. B14 = Bl. 329, 330 der Akte des ArbG). Das Schreiben beinhaltet gleichzeitig eine Werbemaßnahme des Klägers unter Angabe der neuen Anschrift. Die Einsender werden aufgefordert sicherzustellen, dass die Einsendungen mit den richtigen Begleitscheinen an die neue Adresse gehen. Bei Bedarf werden neue Formulare und Umschläge zugesandt.



    (5) Darüber hinaus hat der Kläger jedenfalls in Bezug auf die Chefärzte des Kreiskrankenhauses F. versucht, über den ambulanten Bereich hinaus den sogenannten stationären Bereich für seine Vertragsarztpraxis zu gewinnen. Das Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang ist mit seiner Stellung als Leiter des Pathologischen Instituts der Beklagten nicht zu vereinbaren. Das ergibt sich bereits aus den Äußerungen des Kläger selbst:



    Mit Schreiben vom 23. April 2008 (Anlage K 4 = ABl. 146, 147 der Akte des ArbG) hat der Kläger ausgeführt: Es war auf Grund der Entwicklung in R. absehbar, dass es nicht möglich sein würde, die langjährige Zusammenarbeit in Zukunft in gleicher Form weiter zu führen. Das eindeutige Votum aller betroffenen Chefärzte in F. und N. fiel für eine weitere Zusammenarbeit mit meiner Person aus. Die Abstimmung mit der Geschäftsführung wurde mir zugesagt und ich wurde ermächtigt, die organisatorischen Voraussetzungen durch den Transportdienste mit den zuständigen OP-Leitstellen zu organisieren. Einsendungen erhielt ich von F. vom 07.04. bis 11.04.2008. Während dieser Zeit habe ich die nötigen Untersuchungen vollkommen legal im Auftrag der Klinik durchgeführt.



    Nach der nicht weiter bestrittenen Aktennotiz des Beklagtenvertreters vom 23. Juli 2008 über den Gütetermin vom 22. Juli 2008 (Anl. B 14 = Bl. 156, 157 der Akte des ArbG) habe der Kläger erklärt, dass er sich nicht wettbewerbswidrig verhalten habe. Die Chefärzte des Kreiskrankenhauses F. hätten sich einstimmig dafür ausgesprochen, dass sämtliche im Kreiskrankenhaus F. erhobenen Befunde zukünftig von ihm in seiner neuen Praxis untersucht werden und nicht mehr ins Kreisklinikum R. eingesandt werden sollen. Diese Entscheidung hätten die Chefärzte des Kreiskrankenhauses F. am Gründonnerstag des Jahres 2008 getroffen. An diesem Tag sei er nach F. gefahren, um sich mit den Chefärzten über die zukünftige Handhabe der Untersuchung der im Kreiskrankenhaus F. erhobenen Proben zu sprechen. Wegen der im Kreisklinikum R. herrschenden Verhältnisse hätten ihm alle Chefärzte des Kreiskrankenhauses F. in diesem Gespräch am Gründonnerstag des Jahres 2008 bestätigt, dass es ihr Wunsch sei, dass zukünftig alle im Kreiskrankenhaus F. erhobenen Proben von ihm in seiner Praxis untersucht werden sollen. Die Chefärzte hätten ihm zugesichert, dies mit der Verwaltung des Kreiskrankenhauses F. abzustimmen, was wegen Urlaubsabwesenheiten verschiedener Personen offensichtlich nicht stattgefunden habe.



    Nach der nicht weiter bestrittenen Aktennotiz des Beklagtenvertreters vom 26. Oktober 2009 zum Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 23. Oktober 2009 (Anl. B 24 = Bl. 608, 609 der Akte des ArbG) habe der Kläger angegeben, es sei so gewesen, dass er nicht aus freien Stücken zu Herrn Dr. S.-T. nach F. gefahren sei. Es sei vielmehr so gewesen, dass wegen einer Fehldiagnose des Pathologischen Instituts einer Patientin von Herrn Dr. S.-T. die falsche Brust amputiert worden sei. Herr Dr. S.-T. habe ihn deswegen aufgefordert, sich in F. einzufinden, um mit ihm über diese Fehldiagnose und deren Folgen zu sprechen. Im Rahmen dieses Gesprächs habe Herr Dr. S.-T. folgende Fragen gestellt: "Können Sie ausschließen, dass eine solche Fehldiagnose im Pathologischen Institut des Kreisklinikums R. noch einmal vorkommt?"



    Hierauf habe er geantwortet: "Das kann ich nicht ausschließen."



    Daraufhin habe Herr Dr. S.-T. folgende Frage gestellt: "Können Sie ausschließen, dass solche Fehldiagnosen in der von Ihnen betriebenen Vertragsarztpraxis vorkommen?"



    Hierauf habe er geantwortet: "Nach menschlichem Ermessen, ja."



    Daraufhin habe Herr Dr. S.-T. entschieden, dass ab sofort sämtliche im Kreiskrankenhaus F. erhobenen Proben ausschließlich in seiner (Anm: des Klägers) Vertragsarztpraxis untersucht werden sollten.



    Im Termin zur Berufungsverhandlung vor der Kammer vom 11. Juli 2012 hat der Kläger zur Besprechung vom Gründonnerstag 2008 (20. März 2008) erläutert, es habe Probleme mit den Vorbefunden gegeben und mit dem Informationsaustausch. Deswegen hätten sich die Chefärzte des Krankenhauses F. an ihn gewandt und gesagt, sie wollten entweder mit dem Institut zusammenarbeiten oder mit der Praxis. Die Informationsschwierigkeiten hätten sich zwischen der Praxis und dem Institut ergeben, insbesondere seit er - der Kläger - seit 01.04.2008 in Urlaub gewesen sei. Er habe keinen Zugriff von der Praxis aus auf die Krankenhausdaten gehabt. Es seien auch Daten gelöscht worden. Die betroffenen Chefärzte in F., d. h. Gynäkologen, Chirurgen und Internisten, die Biopsien durchführen, hätten dann Proben nur noch an die Praxis schicken wollen. Das zentrale Telefonat sei mit Herrn Dr. W. geführt worden, Chefarzt der Chirurgie in F.. Abschließend sei festgestellt worden, dass das noch mit der Geschäftsführung in F. abgestimmt werden müsse. Er habe im nachhinein erfahren, dass dies urlaubsbedingt zunächst nicht habe durchgeführt werden können und dass nach dem Urlaub der Geschäftsführer Herr S. anders entschieden habe, wohl auf Grund des Gesprächs mit Herrn Prof. S. von der Beklagten. Es seien alle Proben aus dem Zeitraum vom 07. bis 09.04.2008 aus dem Klinikum F. in einem Umschlag und mit dem Begleitschein versehen gewesen, welche an die Praxis gerichtet gewesen seien. Es sei zu einem Treffen gekommen mit Herrn Dr. S.-T. und Herrn Dr. W.. Der Chefarzt der Internisten sei nicht zugegen gewesen. Mit jenem habe es am nächsten Tag ein Telefongespräch gegeben, in welchem er mitgeteilt habe, er würde sich hinsichtlich seines Einsendeverhaltens seinen Kollegen anschließen (Sitzungsprotokoll vom 11. Juli 2012 = Bl. 184 - 187 der Berufungsakte).



    Aus den Äußerungen des Klägers wird deutlich, dass er mit den Chefärzten des Kreiskrankenhauses F. und nach seinem Schreiben vom 23. April 2008 auch mit den Chefärzten in N. Absprachen getroffen hat, wonach künftig Proben aus dem stationären Bereich nicht mehr an das Institut der Beklagten, sondern an die Vertragsarztpraxis des Klägers gesandt werden sollten. Dabei haben die beteiligten Ärzte ohne Rücksprache der Geschäftsleitungen der Beklagten und des Kreiskrankenhauses F. gehandelt, die umgehend nach Kenntnisnahme die ursprünglichen Kooperation wiederherstellten. Der Kläger hat sich sogar noch nach dem Verbleib weiterer Proben aus F. erkundigt und aus N. noch stationäre Proben bezogen (Schreiben der Beklagten an den Betriebsrat vom 16. April 2008 = Anl. B 8 dort II. 2. a) = Bl. 105 d. A. des ArbG).



    (6) Damit hat der Kläger in besonders massiver Weise gegen seine Vertragspflichten verstoßen. Der Kläger hat nicht nur ohne Beteiligung der Beklagten an den Einnahmen und vertragswidrig in eigenen Praxisräumen eine Vertragsarztpraxis betrieben. Er hat auch versucht, das Betätigungsfeld der Vertragsarztpraxis zum Nachteil der Beklagten zu erweitern. Dabei hatte der Kläger zunächst auch Erfolg. In der Zeit vom 07. bis zum 11. April 2008 erreichten keine Proben das Institut der Beklagten. Insbesondere die auf den Seiten 8 ff. des Schriftsatzes der Beklagten vom 15. Oktober 2009 (Bl. 577 ff. der Akte des ArbG) angeführten und im Einzelnen erörterten Proben wurden in der Vertragsarztpraxis des Klägers befundet. Der Kläger hat einen Kunden der Beklagten abgeworben bzw. dies versucht.



    Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf zurückziehen, dass keine schriftliche Vertragsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Kreiskrankenhaus F. bestanden habe. Denn darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass die Beklagte in ständiger Geschäftsbeziehung zu dem Kreiskrankenhaus stand. Dieser Umstand war dem Kläger sehr wohl bekannt.



    Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe lediglich den Wunsch der Chefärzte entsprochen. Denn er hätte als Repräsentant der Beklagte vorrangig deren Interessen vertreten müssen, die auf die wirtschaftliche Auslastung des Instituts gerichtet sind. Das hatte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Januar 2008 verdeutlicht. Das ergibt sich im Übrigen auch aus dem Dienstvertrag und der Position des Klägers. Nach § 5 des Dienstvertrages ist der Kläger zu wirtschaftlicher Arbeitsweise verpflichtet. Dem widerspricht es in jedem Fall, die Auslastung des Instituts durch Abwerbungen zu gefährden. Es liegt deshalb ein Grund vor, der objektiv und an sich geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.



    b) Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ist die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt. Es war der Beklagten nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung am 31. Dezember 2008 fortzusetzen.



    Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend und für alle Fälle einheitlich festlegen. Geht es um die Beurteilung rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens des Arbeitnehmers, sind aber stets die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26, [...]; BAG 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 28, AP BGB § 626 Nr. 220; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - Rn. 38, AP BGB § 626 Nr. 196).



    (1) Danach ist vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Kläger ein massives Verschulden an einer schwerwiegenden Pflichtverletzung trifft. Dem Kläger war bewusst - das belegen seine Äußerungen insbesondere vor der Kammer am 11. Juli 2012 -, dass sogenannte stationäre Proben in den Zuständigkeitsbereich des Instituts fielen. Denn der Kläger hatte bislang nach eigenem Bekunden sehr sorgfältig auf eine strenge Trennung geachtet, die er nunmehr aufzuweichen versuchte. Dem Kläger war auf Grund des Schreibens der Beklagten vom 10. Januar 2008 (Anl. K 8 = Bl. 465 der Akte des ArbG) bewusst, dass sich die Beklagte entschieden gegen Übergriffe in ihren Betätigungsbereich verwahrte.



    (2) Zu berücksichtigen ist die hervorgehobene Position des Klägers. Er ist nach seinem Schreiben vom 23. April 2008 (Anl. K 4 = Bl. 146, 147 der Akte des ArbG) in die Verhandlungsführung betreffend die Zusammenarbeit mit dem Institut der Beklagten maßgeblich involviert. Auf Grund seiner guten beruflichen Kontakte zu anderen Chefärzten kann der Kläger - wie geschehen - maßgeblichen Einfluss ausüben. Der Kläger nimmt als Leiter des Instituts der Beklagten eine Vertrauensstellung ein. Er hat gegenüber den nachgeordneten Mitarbeitern Vorbildfunktion, weshalb ein strenger Maßstab bei der Beurteilung von Pflichtverletzungen gerechtfertigt ist.



    (3) Das Arbeitsverhältnis der Parteien war im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits vorbelastet.



    Der Kläger hat die Konfliktsituation, an welcher er, die leitende Oberärztin Dr. D. und die Beklagte beteiligt sind, mit Schreiben vom 28. Februar 2008 unter Darstellung seiner Sicht der Dinge 12 Chefärzten der Beklagten und dem Chefapotheker offenbart (Anl. A 17 zu Anl. B 14 = Bl. 352, 353 der Akte des ArbG). Der Kläger hat seiner Sorge im Hinblick auf die Chefarztnachfolge Ausdruck verliehen, der Geschäftsführung der Beklagten mangelndes Durchgreifen angelastet und damit intern ihr Ansehen untergraben.



    Der Kläger hat mit Schreiben vom 29. Februar 2008 an die niedergelassenen Ärzte (Anl. A 8 zu Anl. B 14 = Bl. 329, 330 der Akte des ArbG) darüber hinaus auch nach außen "Differenzen mit der Geschäftsführung" offenbart. Er gehe davon aus, dass "von anderen" die Verpflichtung, über Interna der Klinik nach außen Stillschweigen zu bewahren, nicht befolgt worden sei. Er wirft der Beklagten einen zunehmenden Einfluss der Klinikleitung auf seine Praxistätigkeit vor, einen tiefgreifenden Dissens über Qualitätsmanagement und -sicherung und zunehmende personelle Engpässe verbunden mit der von ihm gesehenen Gefahr, dass die Krankenhäuser vermehrt über "scheinselbständige" Ärzte und MVZ in den ambulanten Bereich eindringen würden. Gleichzeitig bewirbt der Kläger seine neue - noch bessere - Praxis. Seit dem 1. Januar 2008 wurde dagegen - wie der Kläger wusste - die mit dem Institut der Beklagten assoziierte Praxis von der Oberärztin Dr. D. weiterbetrieben. Damit hat der Kläger das Vertragsverhältnis der Parteien zusätzlich schwer belastet und das Ansehen der Beklagten in Fachkreisen geschädigt.



    (4) Zu Gunsten des Klägers ist dessen erhebliche Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, die mit Ausnahme der jüngeren Vergangenheit vor Ausspruch der Kündigung unbelastet war. Gegenteiliges wird von der Beklagten nicht behauptet. Im Fall des Klägers ist auch zu berücksichtigen, dass mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein Ansehensverlust einhergehen dürfte, jedenfalls in der fachlichen interessierten Öffentlichkeit. Außerdem gehen dem Kläger die Einkommensmöglichkeiten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einschließlich der Liquidationserlöse verloren.



    (5) Gleichwohl überwiegt das Beendigungsinteresse der Beklagten. Zwar war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses absehbar. Zum 31. Januar 2009 hätte das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers infolge Fristablauf sein Ende gefunden. Der Kläger hatte jedoch nicht nur die Absicht bekundet, auch noch nach dem Jahre 2009 in irgendeiner Weise im Fachgebiet tätig zu bleiben (Schreiben vom 26. September 2007 = Anl. B 4 = Bl. 73 bis 76 der Akte des Arbeitsgerichts). Der Kläger hatte auch durch die Gründung einer eigenen Praxis außerhalb der Klinikräume der Beklagten verdeutlicht, wie er gedachte, künftig auf seinem Fachgebiet tätig zu sein. Damit bestand für die Beklagte die ganz erhebliche Gefahr, dass der Kläger bis zu seinem Ausscheiden aus ihren Diensten versuchen würde, sich "Marktanteile zu sichern". Dabei spielt es keine Rolle, ob die Praxis dauerhaft im Namen des Klägers oder im Namen eines Anderen - beispielsweise seines Sohnes - weitergeführt werden sollte. Denn dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt, sondern ihm ist es gleichfalls nicht gestattet, einem Arbeitskollegen bei einer konkurrierenden Tätigkeit zu helfen oder einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (BAG 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - Rn. 20, [...]). Über an sich zulässige Vorbereitungshandlungen für die Zeit nach dem Ausscheiden geht das Verhalten des Klägers weit hinaus.



    c) Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es vor Ausspruch der Kündigung nicht des Ausspruchs einer Abmahnung.



    aa) Als milderes Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung wird insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung angesehen (ständige Rechtsprechung, etwa BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - AP BGB § 174 Nr. 20 mwN). Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das sogenannte Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht Sanktion für die Vertragspflichtverletzung, sondern dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - aaO; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung ist zugleich Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - aaO). Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 18, [...] unter Hinweis auf § 314 Abs. 2 BGB; BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, NZA 2011, 571 [BAG 16.12.2010 - 2 AZR 485/08]; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - [...]).



    Eine Abmahnung ist indessen entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist oder eine Verhaltensänderung selbst nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37, [...]; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59). Das gilt grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 18, [...]; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35, [...]; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 15, [...]).



    bb) Das ist vorliegend der Fall. Der Kläger konnte nicht mit vertretbaren Gründen davon ausgehen, die Beklagte werde sein Verhalten hinnehmen oder jedenfalls nicht zum Anlass für den Ausspruch einer Kündigung nehmen. Die Beklagte hatte dem Kläger bereits mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (Anl. A 10 zu Anl. B 14 = Bl. 332 ff. der Akte des Arbeitsgerichts), mit Schreiben vom 19. Dezember 2007, 10. Januar 2008 und 20. Februar 2008 (Anl. K 8 = Bl. 464 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) darauf hingewiesen, dass die Verlagerung der Vertragsarztpraxis aus ihrer Sicht einen Vertragsbruch darstelle, weshalb die Beklagte den Kooperations- und Nutzungsvertrag außerordentlich und fristlos kündigte. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, die Beklagte werde es dulden, dass er darüber hinaus noch pathologische Leistungen auf dem Gebiet der stationären Proben als Vertragsarzt am Markt anbietet und erbringt; dadurch trat der Kläger in unmittelbare Konkurrenz zu dem von ihm geleiteten Institut der Beklagten. Das gilt erst recht, soweit der Kläger im Zusammenwirken mit weiteren Chefärzten ohne Beteiligung der Geschäftsleitungen in bestehende Kundenbeziehungen zu den Krankenhäusern F. und N. eingegriffen hat. Vielmehr war dem Kläger bewusst, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Raum stand. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 4. Januar 2008 (Anl. A 19 zur Anl. B 14 = Bl. 361 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) eine Abmahnung wegen des Verhaltens des Klägers gegenüber Frau Dr. D. ausgesprochen. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 12. März 2008 einen Aufhebungsvertrag zum 31. Juli 2008 vorgeschlagen (Anl. A 21, A 22 zur Anl. B 14 = ABl. 367 ff.).



    Der weiteren Warnung des Klägers durch eine Abmahnung bedurfte es deshalb angesichts der Schwere der Pflichtenverstöße nicht.



    d) Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Die letztlich entscheidenden Kündigungssachverhalte sind in der Abwerbung von Aufträgen des Kreiskrankenhauses F. zu sehen und in der Bearbeitung derselben durch den Kläger beginnend ab dem 7. April 2008. Das Kündigungsschreiben vom 18. April 2008 ist dem Kläger am 19. April 2008 zugegangen. Hinsichtlich des Betriebs der Vertragsarztpraxis außerhalb der Räumlichkeiten der Beklagten ist von einem Dauertatbestand (vgl. dazu BAG 26. November 2009 = NZA 2010, 628 [BAG 26.11.2009 - 2 AZR 272/08]) jedenfalls solange auszugehen, solange eine Billigung durch die Beklagte nicht erkennbar ist. Angesichts der Kündigungserklärung vom 20. Februar 2008 kann davon nicht ausgegangen werden.



    2. Die Kündigung ist auch nicht unwirksam nach Maßgabe des § 102 Abs. 1 BetrVG. Danach ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.



    a) Der vom Arbeitgeber zu wahrende Mindestzeitraum zwischen Unterrichtung des Betriebsrats und geplantem Ausspruch der Kündigung ergibt sich mittelbar aus den Stellungnahmefristen des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Denn der Betriebsrat hat seine Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen ab Erhalt der Unterrichtung schriftlich mitzuteilen. Verlässt die schriftliche Kündigung den Machtbereich des Arbeitgebers beispielsweise durch Aufgabe zur Post bevor die Frist abgelaufen ist, so führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung (BAG 8. April 2003 AP Nr. 133 zu § 102 BetrVG 1972). Der Ausspruch von Kündigungen vor Fristablauf ist aber nicht zu beanstanden, wenn zu diesem Zeitpunkt eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vorliegt, also aus der Reaktion des Betriebsrats unmissverständlich folgt, dass er keine weitere Erörterung wünscht und für ihn das Anhörungsverfahren abgeschlossen ist (BAG 16. Januar 2003, 16. September 2004, 3. April 2008 AP Nr. 129, 142, 159 zu § 102 BetrVG 1972 mwN). Der kündigende Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Verfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG eingehalten ist. Mängel in der Willensbildung des Betriebsrates sind grundsätzlich unerheblich; sie gehören grundsätzlich zur Sphäre des Betriebsrats und damit in dessen Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich (BAG 16. Januar 2003 aaO; 16. März 2000, AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972).



    b) Zwar hat der Kläger bestritten, dass der Betriebsrat das Anhörungsschreiben am 16. April 2008 erhalten habe, dass dem Anhörungsschreiben die Anl. A 1 bis A 16 beigefügt gewesen seien und dass der Betriebsrat die Beklagte am 17. April 2008 von seiner Beschlussfassung informiert habe. Zutreffend ist auch, dass die Beklagte die Kündigung vom 18. April 2008 vor Ablauf der Äußerungsfrist nach § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG ausgesprochen hat. Jedenfalls nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen Dr. R. und G. besteht aber kein Zweifel daran, dass der Betriebsrat der Beklagten vollständig zur Kündigung vom 18. April 2008 und insbesondere vor Ausspruch derselben angehört wurde.



    aa) Die Beklagte hat mit der Anl. B 8 (vgl. Bl. 99 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) das Anhörungsschreiben vom 16. April 2008 vorgelegt. Es trägt den handschriftlichen Vermerk:



    Die Beklagte hat zunächst unter Zeugenbeweis im Schriftsatz vom 5. Mai 2009 (dort auf S. 3 ff. = Bl. 203 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) vorgetragen, der Betriebsrat habe das Schreiben nebst Anlagen am 16. April 2008 erhalten, am 17. April 2008 beraten und noch am 17. April 2008 die Beklagte von der Entscheidung unterrichtet. Die Beklagte hat dies in der Sitzung vom 11. Juli 2012 weiter erläutert, schriftlich sei von Seiten des Betriebsrats nichts gekommen (Sitzungsprotokoll S. 3 = Bl. 186 der Berufungsakte).



    bb) Nach Schluss der mündlichen Verhandlung und Verkündung des Vertagungsbeschlusses hat die Beklagte allerdings richtiggestellt, dass es sehr wohl eine schriftliche Stellungnahme des Betriebsrats gebe. Die Beklagte hat dieselbe als Anl. B 42 (Bl. 193 der Berufungsakte) vorgelegt. Das Schreiben datiert auf den 18. April 2008 und trägt als Eingangsvermerk dasselbe Datum. Es trägt die Unterschrift des seinerzeitigen Betriebsratsvorsitzenden Dr. J. R. und lautet:



    Hierzu hat der Beklagtenvertreter im Termin vom 17. Oktober 2012 (Sitzungsprotokoll = Bl. 218 ff. der Berufungsakte) erläutert, er habe die Anlage B 42 nicht per Mail von der Beklagten erhalten, sondern möglicherweise, was nicht auszuschließen sei, per Post mit zahlreichen weiteren Unterlagen. Deshalb sei er zunächst davon ausgegangen, dass keine schriftliche Stellungnahme des Betriebsrats existiere und habe folglich Zeugenbeweis angetreten. Das deckt sich mit den Ausführungen im Schriftsatz vom 16. Juli 2012 (Bl. 191, 192 der Berufungsakte).



    Nachdem der Kläger die Einzelheiten der Betriebsratsanhörung bestritten und die Beklagte einerseits den 17. April 2008 als Tag der Mitteilung der Entscheidung des Betriebsrats (B. 1.1.2 des Schriftsatzes vom 25. Oktober 2011 = Bl. 876 d. A. des Arbeitsgerichts), mit der Anlage B 42 nunmehr den 18. April 2008 und statt einer mündlichen eine schriftliche Zustimmung behauptet hat, war der angebotene Zeugenbeweis einzuholen.



    cc) Die Beweisaufnahme hat das zuletzt richtig gestellte Vorbringen der Beklagten bestätigt: die Beklagte hat den Betriebsrat am 16. April 2008 zur beabsichtigten Kündigung angehört, der Betriebsrat hat hierüber am 17. April 2008 beraten und dies der Beklagten am 18. April 2008 schriftlich mitgeteilt.



    (1) Der Zeuge R. hat im Wesentlichen angegeben, er sei nicht mehr für die Beklagte tätig, der Betriebsrat habe der Kündigung nach einer außerordentlichen Sitzung zugestimmt. Die "Anhörung" sei ein Schriftsatz gewesen, nicht nur eine Seite, es seien ca. 10 Seiten gewesen. Er habe die Unterlagen nicht in seinem Privatbesitz, er habe vom Betriebsrat Kopien erhalten, der Schriftverkehr werde in einem Ordner aufbewahrt. Das ihm vorgelegte Anschreiben vom 16. April 2008 (Anl. B 43) habe er schon einmal gesehen, es trage oben rechts seine Unterschrift. Entsprechendes gelte für das Schreiben des Betriebsrats vom 18. April 2008 (Anl. B 42), welches er unterschrieben habe. Die Daten würden dem tatsächlichen Ablauf entsprechen. Er meine, dass die Betriebsratssitzung am Freitag gewesen sei. Das Schreiben vom 18. April 2008 hätten sie dann auch gleich vorgelegt bei der Personalabteilung. Es würden ihm keine Anlagen aus dem Betriebsratsordner kopiert vorliegen. Es hätten noch weitere Anhörungen stattgefunden, insgesamt seien es vier Vorgänge gewesen. Welche Anlagen im Einzelnen und ob alle Anlagen dabeigewesen seien, könne er nicht beschwören. Es sei immer ein umfangreicher Schriftverkehr gewesen, aus dem sich die Vorwürfe ergeben hätten. Entweder seien die Anlagen bei der Anhörung dabeigewesen oder sie hätten nachgefragt. Das Schreiben nach der Anlage B 9 (Anm.: Nachschieben von Kündigungsgründen vom 9. Mai 2008) liege ihm ebenfalls vor als Fotokopie aus dem Betriebsratsordner. Wenn in der Anlage B 42 der 17. April 2008 als Tag der Sitzung des Betriebsrats genannt sei, habe da auch die Betriebsratssitzung stattgefunden.



    (2) Die Zeugin G. hat im Wesentlichen angegeben, sie habe auch im Fall der vorliegenden Kündigung dem Betriebsrat die Schriftsätze vorgelegt. Es sei ein mehrseitiges Schreiben gewesen, sie hätte es auch dabei und es habe Anlagen gegeben. Die Anlage B 43 sei die erste Seite des Anhörungsschreibens mit Eingangsvermerk des Betriebsrats. Sie habe es persönlich in das Betriebsratsbüro gebracht. Ihrer Erinnerung nach habe der Betriebsrat ausdrücklich zugestimmt, das sei die Anlage B 42, die ihren Eingangsvermerk trage. Die auf dem Anschreiben vom 16. April 2008 handschriftlich vermerkten Anlagen seien dem Betriebsrat mit Sicherheit übergeben worden, da sei sie sich 100%ig sicher. Sie habe das Antwortschreiben selbst am 18. April 2008 erhalten und ihren Eingangsvermerk angebracht. Sodann habe sie die Verantwortlichen der Geschäftsleitung informiert und Herrn H.. Es sei abgesprochen gewesen, dass Herr H. das Kündigungsschreiben in den Briefkasten von Herrn Prof. Dr. B. einwerfen solle. Sie habe ihn jedenfalls am gleichen Tag telefonisch informiert.



    (3) Damit haben die Zeugen den Vortrag der Beklagten in den wesentlichen Punkten bestätigt. Beide Zeugen erschienen der Kammer gleichermaßen glaubwürdig, weil sie den Geschehensablauf frei von jeglichem Belastungseifer ruhig und sachlich aus ihrer Erinnerung heraus wiedergegeben haben, mögen dabei Erinnerungslücken auch zutage getreten sein. Es wäre angesichts des Zeitablaufs unnatürlich, würden sich die Zeugen an alle Einzelheiten der Betriebsratsanhörung erinnern. Die Zeugen benötigten aussageerleichternde Unterlagen (§ 378 Abs. 1 ZPO), die sie zur Vorbereitung mitgebracht hatten bzw. die ihnen in Form der Anlagen B 42, B 43 und B 9 vorgelegt werden konnten. Beide Zeugen haben sodann die Dokumente spontan und glaubhaft erkannt, insbesondere die von ihnen jeweils angebrachten handschriftlichen Vermerke. Anhand der Unterlagen konnten die Zeugen dann auch die zeitlichen Abläufe im Einzelnen nachvollziehen und Unsicherheiten ausräumen.



    Diese sind zwar - was ohne Weiteres nachvollziehbar ist - hinsichtlich einzelner Punkte verblieben, beispielsweise betreffend den Umfang der Anlagen. Gleichwohl waren sich beide Zeugen übereinstimmend sicher, dass dem Anschreiben vom 16. April 2008 die erwähnten Anlagen beigefügt waren. Sonst hätte der Betriebsrat - so der Zeuge R. - nachgefragt, bzw. da sei sie sich - so die Zeugin G. - "100%ig sicher". Die Anlagen sind zum Teil handschriftlich auf der Anlage B 43 erwähnt (Dienstvertrag, Kooperationsvertrag und Nutzungsvertrag, Nebentätigkeitserlaubnis, Nutzungsvertrag, Änderungsvertrag zum Dienstvertrag vom 19. Dezember 1990) und teilweise im vollständigen Anhörungsschreiben vom 16. April 2008 (Anlage B 8 = Bl. 99 ff. d. A. des Arbeitsgerichts) im Einzelnen erwähnt. Ohne die Anlagen wäre das Anhörungsschreiben aus sich heraus nicht verständlich bzw. unvollständig.



    (4) Die Zeugin hat schließlich das Vorbringen der Beklagten bestätigt, welches der Beklagtenvertreter in der Sitzung vom 11. Juli 2012 und in der Sitzung vom 17. Oktober 2012 (Bl. 186 bzw. Bl. 218 der Berufungsakte) zu Protokoll erklärt hat: dass die Zeugin G. nach Erhalt der Zustimmungserklärung durch den Betriebsrat den Prozessbevollmächtigten der Beklagten hiervon unterrichtete, der absprachegemäß noch am Abend des 18. April 2008 das Kündigungsschreiben in den häuslichen Briefkasten des Klägers einwarf, wo es der Kläger - unstreitig - am Folgetag vorfand.



    Danach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß und - wie sich das aus dem Anhörungsschreiben nebst Anlagen ergibt - vollständig informiert wurde.



    III.



    Die weiteren Kündigungen der Beklagten vom 26. Juni 2008 und vom 14. Juli 2008 sowie die Kündigung vom 18. April 2008 zum 31. Dezember 2008 fallen nicht zur Entscheidung an. Dasselbe gilt für den vom Arbeitsgericht für zulässig erachteten allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO. Denn es entspricht dem rechtverstandenem Interesse der Partei, dass darüber nur zu entscheiden ist, wenn und soweit überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis besteht (sog. uneigentlicher Hilfsantrag). Sonst wären die weitergehenden Anträge ohne weitere Sachprüfung abzuweisen (vgl. auch BGH NJW-RR 1995, 1183 [BGH 22.05.1995 - II ZB 2/95]; 2000, 1146).



    Auf die begründete Berufung der Beklagten war das Urteil des Arbeitsgerichts vom 18. November 2011 daher abzuändern und die Klage abzuweisen.



    C



    Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil dieses Urteil weder auf entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung beruht, § 72 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG, noch auf einer entscheidungserheblichen Divergenz, § 72 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG.

    Meyer
    Ziegler
    Braun

    Vorschriften§ 626 Abs. 1 BGB, § 626 Abs. 2 BGB, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, BGB § 626 Nr. 213; 21, § 60 Abs. 1 HGB, § 60 HGB, § 74 HGB, §§ 133, 157 BGB, § 314 Abs. 1, Abs. 2 BGB, BGB § 626 Nr. 220; 10, BGB § 626 Nr. 196, BGB § 174 Nr. 20, § 314 Abs. 2 BGB, § 102 Abs. 1 BetrVG, § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, § 102 BetrVG, § 378 Abs. 1 ZPO, § 256 Abs. 1 ZPO, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG, Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG