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  • 01.07.2015 · IWW-Abrufnummer 144814

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 25.09.2013 – L 5 KA 3347/11

    1. Die sachlich-rechnische Richtigstellung umfasst Leistungen, die unter Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Qualitätsbestimmungen erbracht wurden (hier: § 14 AOP-Vertrag 1993).

    2. Operationsberichte müssen für den fachkundigen Dritten selbsterklärend sein. Sie müssen lesbar, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein.


    Landessozialgericht Baden-Württemberg

    Urt. v. 25.09.2013

    Az.: L 5 KA 3347/11

    Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2013
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.05.2011 wird zurückgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

    Der Streitwert wird auf 46.853,89 EUR festgesetzt.
    Tatbestand

    Im Streit steht eine Honorarrückforderung für das Quartal II/2003 in Höhe von 46.853,89 EUR.

    Der Kläger ist als Facharzt für Neurochirurgie mit Sitz in K. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

    Die Kommission zur Qualitätsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) N., Rechtsvorgängerin der Beklagten, führte beim Kläger eine Qualitätsprüfung der in den Quartalen I, II und III/2003 durchgeführten ambulanten Operationen durch. Die Kommission beanstandete die Verletzung von Dokumentationspflichten und stellte eine auffällige Häufung von Leistungen nach Gebührennummer (GNR) 2276 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 96 fest. Dabei handelt es sich um Operationen eines peripheren Nervenengpasssyndroms, z.B. Supinatorlogen-Syndroms. Insgesamt sei diese GNR 66 Mal zum Ansatz gekommen, obwohl sich bei 2.000 Karpaltunneloperationen üblicherweise nur drei bis vier Supinatorlogen-Syndrome finden ließen. Die Kommission legte ihre Prüfungsergebnisse dem Vorstand der KV vor, der daraufhin eine Plausibilitätsprüfung einleitete.

    Der Kläger wurde hierzu mit Schreiben vom 06.09.2004 aufgefordert, die Basisdokumentation im Sinne von § 6 Abs. 1 der Vereinbarung von Qualitätsmaßnahmen beim ambulanten Operieren gemäß § 14 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (; sog. AOP-Vertrag), die OP-Berichte und die Anästhesieprotokolle für die Patienten im Quartal II/2003 vorzulegen. Der Kläger fragte daraufhin bei der Beklagten an, was diese unter einer Basisdokumentation verstehe (Schreiben vom 24.09.2004). Die nach entsprechender Information (Schreiben vom 30.09.2004) anschließend übersandeten Unterlagen überprüfte sodann der Fachberater der KV, Dr. L., Facharzt für Chirurgie und Orthopädie mit Niederlassung in B.-B.. Dieser stellte unter dem 30.11.2004 fest, die Durchsicht der Unterlagen habe ergeben, dass ein lesbarer OP-Bericht nicht vorliege, zu jedem Fall ein kaum lesbares Anästhesieprotokoll beiliege, bei dem insbesondere im Abschnitt "Besonderheiten" nicht lesbare Dokumentationen wiedergeben seien, und neurologische Untersuchungsbefunde mit dokumentierten Messwerten fehlten. Die Dokumentationen entsprächen in keiner Weise der Dokumentationspflicht. Insbesondere gehöre zu jeder Operation ein lesbarer, nach Möglichkeiten maschinengeschriebener OP-Bericht, aus dem die Stammdaten des Patienten, das Operationsdatum, die Diagnose und die durchgeführte Operation mit den entsprechenden OP-Schritten hervorgehen müsse. In den weiteren Unterlagen fehle zu den neurologischen Befunden eine neurologische Dokumentation - so wie dies üblich sei - mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit beim Sulcus ulnaris-Syndrom und beim Carpaltunnelsyndrom. Auffällig sei zudem die regelmäßige Abrechnung der GNR 17 EBM 96 (intensive ärztliche Beratung und Erörterung) am OP-Tag. Bei rechts und links durchgeführter Medianusneurolyse werde die GNR sogar regelmäßig zwei Mal angesetzt.

    Mit Bescheid vom 14.04.2005 forderte die Beklagte vom Kläger Honorar für das Quartal II/2003 in Höhe von 46.853,89 EUR zurück. Zur Begründung wurde angegeben, der Plausibilitätsausschuss habe festgestellt, dass die Operations-, Anästhesie- und neurologischen Leistungen nicht überprüfbar seien. Die Leistungen seien insbesondere nicht entsprechend der vertragsärztlichen Pflichten dokumentiert. Entsprechendes gelte für den unplausiblen Ansatz der GNRn 17 und 18 EBM 96 am Operationstag. Der Ansatz sei offenbar für die Operationsaufklärung erfolgt. Der Leistungsinhalt sei ihm bereits bei einem Gespräch auf Vorstandsebene im September 2002 erläutert worden. Im Einzelnen setzte die Beklagte die GNRn 17, 18, 63, 81, 83, 85, 85K, 86, 451, 451P, 462, 462K, 463, 463K, 490, 490K, 800, 801, 809, 811, 818, 2105, 2145, 2162, 2220, 2275, 2275K, 2276, 2821, 2935, 2960 EBM 96 ab. Hinsichtlich der Berechnung der Rückforderungssumme wird auf die Anlage zum Bescheid vom 14.04.2005 verwiesen (Teil 1 der Verwaltungsakte).

    Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung ließ er ausführen, eine Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung sei nicht ersichtlich. Dem EBM könne nicht entnommen werden, dass für Operationsleistungen der K-Kennzeichnung ein Neurologiebefund erforderlich sei. Auch sei die Datengrundlage für die Annahme einer gehäuften Abrechnung von Operationen nach der GNR 2276 EBM 96 nicht erkennbar. Aus der anerkannten (in der Folgezeit zur Akte gereichten) Fachliteratur ergebe sich vielmehr, dass das Supinatorlogen-Syndrom einen Anteil von ca. einem Drittel der drei häufigsten Engpasssyndrome habe. In Bezug auf die angeblich nicht lesbaren Operationsberichte und Anästhesieprotokolle wäre es ein Leichtes gewesen, die Dokumente in Druckschrift anzufordern. Es erschließe sich auch nicht, warum die GNRn 17 und 18 EBM 96 nicht am Operationstag erbracht werden dürften. Diese Beratungen seien von der üblichen OP-Aufklärung abzugrenzen. Es handele sich um eine besondere, zusätzliche Beratungsleistung.

    Die Beklagte holte eine ergänzende Stellungnahme von Dr. L. zu den Ausführungen des Klägers ein. Dieser gab unter dem 26.07.2005 an, dass Operationsleistungen mit einem "K" einen neurologischen Befund voraussetzten. Die nahezu gleich häufige Operation eines Supinatorlogensyndroms im Vergleich zu einem Carpaltunnelsyndrom sei auffällig, zumal keinerlei Befunddokumentationen über die Feststellung des Supinatorlogensyndroms vorgelegen hätten. Aus den nichtlesbaren Berichten könne nicht entnommen werden, wie und in welcher Weise der Radialis-Nerv revidiert worden sei und wo jeweils die Engstellenproblematik vorgelegen habe. Nicht lesbare OP-Berichte seien medizinische Dokumente, die nicht im Nachhinein in einen lesbaren OP-Bericht umstrukturiert werden könnten, da dies auch die Möglichkeit nachträglicher Manipulation eröffne. Ein OP-Bericht könne es für jeden Patienten, für jede Operation nur einmalig in einer Form geben. Die Gesprächsleistungen der GNRn 17 und 18 EBM 96 seien nicht abrechenbar, da die erbrachten Operationsleistungen nicht zu den nachhaltig lebensverändernden Erkrankungen zählten.

    Die Beklagte hat Dr. A., Facharzt für Neurochirurgie und Neurologie mit Niederlassung in D., mit einer Gesamtbeurteilung der vorgelegten Unterlagen beauftragt. Er gelangte in seinem Gutachten vom 04.04.2006 zu dem Ergebnis, dass die extrem hohe Zahl von Supinatortunnelsyndromen nicht nachvollziehbar sei und der allgemeinen Lehrmeinung und Erfahrung widerspreche. Das angewandte operative Verfahren sei wegen fehlender, nicht lesbarer und nicht verständlicher Operationsberichte nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus seien die diagnostischen Kriterien dürftig bis mangelhaft. Der Gutachter schlug Streichungen der Ziffern im Zusammenhang mit den Operationsleistungen vor, sofern dem Kläger nicht der Nachweis einer ordnungsgemäßen Erbringung gelinge. Wegen der wissenschaftlich nicht haltbaren Thesen des Klägers, die zu einer extremen Indikationsausweitung geführt hätten, werde die Einholung einer offiziellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie empfohlen.

    Der Kläger widersprach dem Gutachten und lehnte Dr. A. aufgrund einer bestehenden Konkurrenzsituation als befangen ab. Hilfsweise legte der Kläger nochmals seinen wissenschaftlichen Standpunkt dar und forderte eine objektive Begutachtung.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die vorgebrachte Konkurrenzsituation reiche nicht allein, um von einer fehlenden Unparteilichkeit des Gutachters Dr. A. ausgehen zu können. Letztlich könne dieser Aspekt jedoch unentschieden bleiben. Die Leistungsbeanstandungen sowie Implausibilitäten und die daraus resultierende sachlich-rechnerische Berichtigung sei primär auf die Verletzung von berufsrechtlichen und vertragsarztrechtlichen Dokumentationspflichten zurückzuführen. Die berufsrechtliche Dokumentation ergebe sich aus § 10 der Berufsordnung. Die Dokumentationspflicht beim ambulanten Operieren ergebe sich aus § 6 der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren gem. § 14 des AOP-Vertrages. Auch aus Anlage 1 zur Vergütungsregelung der Vereinbarung über die Förderung ambulanter Operationen durch Vertragsärzte der KV N. (gültig ab 01.01.2001) ergebe sich eine Dokumentationspflicht. Danach sei neben der Basisdokumentation unter anderem ein Operationsbericht anzufertigen. Bei der Leistung nach GNR 2275K EBM 96 werde neben dem Operationsbericht auch ausdrücklich ein Neurologiebefund gefordert. Die Einhaltung dieser Qualitätssicherungsmaßnahmen sei Voraussetzung für die Vergütung, was sich aus Ziff. 5.3 der Anlage 1 ergebe. Da der Kläger die Dokumentationspflichten nicht erfüllt habe, seien die Leistungsvoraussetzungen nicht gegeben. Aufgrund der Auffälligkeit bei der Anzahl der GNR 2276 EBM 96 sei auch diese GNR mit in die Prüfung einbezogen worden. Bei der Anforderung der Unterlagen sei auffällig, dass der Kläger darüber belehrt werden musste, was eine Basisdokumentation sei. Der Fachprüfer Dr. L. habe festgestellt, dass die vorgelegten Unterlagen nicht der Dokumentationspflicht entsprächen. Deshalb sei entschieden worden, die Operations-, Anästhesie-, neurologischen und Gesprächsleistungen nach den GNRn 17 und 18 EBM 96 aufgrund der fehlenden Dokumentationen zu streichen. Die Auffälligkeit bei der GNR 2276 EBM 96 sei nur Mitauslöser der Plausibilitätsprüfung gewesen. Die Dokumentationsmängel würden bestätigt durch die ergänzenden Ausführungen von Dr. L. und den Ausführungen des ergänzend herangezogenen Gutachters Dr. A.. Eine ordnungsgemäße Dokumentation müsse "schriftlich, eindeutig, umfassend, ereignisnah sowie einsichts-, beweis- und archivierungstauglich" erfolgen. Hierauf sei der Kläger in seiner Widerspruchsbegründung nicht eingegangen. Soweit zur Indikation und Häufigkeit der Operationen von Nervenengpasssyndromen vorgetragen worden sei, würden Aspekte vermengt, die nicht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, sondern der Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzurechnen seien.

    Am 05.03.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, streitig sei, ob die Voraussetzungen für die Abrechnung der GNRn 17 und 19 sowie 2276 EBM 96 erfüllt seien. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger seine Dokumentationspflichten verletzt habe. Die Aufzeichnungen seien vollkommen ausreichend. Die erforderlichen Untersuchungen zur Diagnose eines Supinatortunnelsyndroms seien ausreichend dokumentiert. Die Beklagte hülle sich in Schweigen, welche Dokumentationspflichten konkret nicht erbracht worden seien. Hauptargument sei die Unleserlichkeit. Es sei unerheblich, ob der OP-Bericht handschriftlich oder maschinengeschrieben erstellt werde. Der Kläger habe zudem maschinengeschriebene OP-Berichte nachgereicht. Durch einen Abgleich mit den handgeschriebenen Berichten stehe fest, dass eine Manipulation nicht vorliege. Zudem gehe die OP-Indikation aus den Arztbriefen hervor. Die OP-Berichte könnten kurz gefasst werden, da der Zugang etc. stets standardisiert sei. Bei Besonderheiten habe er dies handschriftlich notiert, und zwar unmittelbar nach der OP. Selbstverständlich sei Zweck der Dokumentation auch der Nachweis der Leistungserbringung. Hieran bestünden jedoch keine Zweifel. Der Kläger habe alle streitigen Leistungen erbracht. Über § 57 BMV-Ä hinausgehende Dokumentationspflichten gingen aus den Leistungslegenden der GNRn des EBM nicht hervor. Dem Vortrag der Beklagten, der Anlage 1 zur Vergütungsvereinbarung der Vereinbarung über die Förderung ambulanter Operationen sei zu entnehmen, dass neben dem OP-Bericht ein Neurologiebefund erforderlich sei, werde entgegengetreten. Entsprechendes ergebe sich aus den dortigen Regelungen nicht. Zudem sei ein Neurologiebefund weder nützlich noch notwendig, um ein Supinatortunnelsyndrom zu diagnostizieren. Ein elektrophysiologischer Befund sei ein rein fakultativer Hilfsbefund, um eine Diagnosesicherung anzustreben, wenn es der Operateur für nötig halte. Der Kläger halte dies praktisch nie für nötig, da die Symptomatik des Karpaltunnelsyndroms so eindeutig sei, dass er auf die "Elektroklempnerei" verzichte. Die Beklagte habe sich nicht hinreichend um fachspezifische Kenntnisse bemüht. Der elektrische Befund sei auch beim Karpaltunnel nie zu 100% beweisend, weshalb heute der Bildgebung eine zunehmende Bedeutung zugemessen werde. In Bezug auf die streitigen GNRn 17 und 18 EBM werde nochmals betont, dass es sich nicht um das übliche Aufklärungsgespräch gehandelt habe. Die Gespräche hätten nicht am Tag der Operation stattgefunden. Es habe sich um eine zusätzliche ärztliche Beratung gehandelt, die gerade vor großen und schweren Nervenoperationen notwendig sei. Schließlich sei die Beklagte nicht berechtigt, die Abrechnung in dem vorgenommenen Umfang zu kürzen. Sie dürfe maximal auf den Fachgruppendurchschnitt kürzen, zumal Kürzungsgrund allein die Art und Weise der Dokumentation sei.

    Mit Urteil vom 25.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kammer habe in Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigen entscheiden dürfen. Es habe kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung vorgelegen. Bereits am Vortag der mündlichen Verhandlung sei bekannt gewesen, dass der Hamburger Flughafen wegen einer Aschewolke gesperrt werde. Die Prozessbevollmächtige habe zum Termin um 13.00 Uhr mit der Bahn anreisen können. Zudem sei kein Grund ersichtlich, der einer Anreise mit dem Pkw entgegengestanden habe. Die Prozessbevollmächtigte habe nicht glaubhaft gemacht, alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche unternommen zu haben, um am Termin teilzunehmen.

    Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte sei befugt, bereits erlassene Honorarbescheide nachträglich sachlich-rechnerisch zu berichtigen. Die Prüfung ziele unter anderem darauf ab, ob die abgerechneten Leistungen gemäß den Vorschriften über die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen erbracht worden seien. Die KV müsse dabei nicht den Nachweis jeder einzelnen Unrichtigkeit führen, da schon die einzelne Unrichtigkeit zum Wegfall der Garantiewirkung der Abrechnungssammelerklärung führe, soweit dem Vertragsarzt grobe Fahrlässigkeit zur Last fiele. Der angefochtene Bescheid sei nicht deshalb formell rechtswidrig, weil es die Beklagte versäumt habe, den Kläger vor Erlass anzuhören. Die Anhörung habe im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden können. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig, da die gekürzten Leistungen im Widerspruch zu bindenden Vorgaben erbracht und abgerechnet worden seien.

    Die Streichung der GNR 2276 EBM 96 in 84 Fällen sei zu Recht erfolgt. Der Ansatz der GNR 2276 EBM 96 erfordere den Nachweis eines peripheren Nervenengpasssyndroms unter Ausschluss eines Karpal- oder Tarsaltunnelsyndroms. Dieser Nachweis könne nur durch die Erhebung neurophysiologischer Befunde geführt werden. Erforderlich seien entweder elektrophysiologische oder sonstige Untersuchungen etwa durch bildgebende Verfahren. Die mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzte Kammer sei davon überzeugt, dass nicht schon die bloße unkritische Übernahme der anamnestischen Schilderung von Schmerzen oder Taubheit in den Armen und Händen einen operativen Eingriff nach GNR 2276 EBM 96 indiziere. Die Leistungslegende der GNR prämiere keine allgemeine Schmerztherapie durch pauschales Operieren ohne neurologischen Befund. Dieser sei nicht nur zum Ausschluss einer psychosomatischen Erkrankung, sondern auch zur Abgrenzung der Operationen nach GNR 2275 EBM 96 erforderlich. Auch der Verlauf von Nervus ulnaris und Nervus radialis stehe der Diagnose eines bestimmten peripheren Nervenengpasssyndroms ohne nachweisbare neurologische Absicherung entgegen. Da die Ursache für Reiz- oder Ausfallerscheinungen dieser Nerven zur Überzeugung der Kammer nicht zwingend am Ort der Schmerzlokalisation liege, seien elektrophysiologische, insbesondere elektroneurographische Messungen oder sonstige Untersuchungen etwa durch bildgebende Verfahren unabdingbar, um eine Operationsindikation bezüglich eines von GNR 2276 EBM 96 erfassten peripheren Nervenengpasssyndroms zu stellen. Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen könne nicht nachvollzogen werden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. In dieser Überzeugung sehe sich die Kammer durch die Feststellungen des Fachberaters Dr. L. und des Gutachters Dr. A. bestätigt. Beispielhaft ließe sich aus den Unterlagen zur Patientin T. M. (geb. 1976) weder die Indikation für eine Operation noch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Abrechnung der GNR 2276 EBM 96 ableiten. Gleiches gelte für die Patienten O. C. (geb. 1972) und H. G. (geb. 1962).

    Auch die Streichung der GNR 2275K EBM 96 in 25 Fällen sei zu Recht erfolgt. Nach der Vereinbarung über die Förderung ambulanter Operationen setze die Indikationsstellung einen "OP-Bericht/Neurologiebefund" voraus. Es könne offen bleiben, ob durch die Setzung des Schrägstrichs mehrere alternative Möglichkeiten zur Dokumentation bestünden. Maßgeblich sei, ob aus den zur Abrechnung vorgelegten Unterlagen die Indikation für die Operation eines Karpaltunnelsyndroms hervorgehe. Dies sei nicht der Fall. Nach eigener Prüfung mache sich die Kammer die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. L. und Dr. A. zu eigen. Beispielhaft ergebe sich aus den vorgelegten Dokumentationen im Fall des Patienten D. D. (geb. 1986) kein neurologisch abgesicherter Grund für die zeitgleiche Operation eines Supinatortunnelsyndroms und eines Karpaltunnelsyndroms. Auch die Behandlung des Patienten T. Y. (geb. 1974) entspreche nicht den Regeln ärztlicher Kunst. Aus den Dokumentationen folge kein Nachweis für eine Operationsindikation. Schließlich sei auch die Streichung der GNRn 17 und 18 EBM 96 rechtmäßig. Die Kammer sei davon überzeugt, dass ambulante Operationen von Karpaltunnelsyndromen und sonstiger Nervenengpasssyndrome keine lebensverändernde Krankheit darstellen, die nachhaltige nicht kompensationsfähige Folgewirkungen entfalten. Die übrigen Streichungen seien weder vom Kläger noch vom Prozessbevollmächtigten beanstandet worden.

    Die vollständige Dokumentation sei Voraussetzung für die Nachprüfung korrekter Therapie und Abrechnung. An die Dokumentationspflicht seien daher hohe Anforderungen zu stellen. Die Dokumentation erbrachter Leistungen reiche nur dann zum Nachweis für die vollständige Leistungserbringung aus, wenn sie überhaupt lesbar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sei. Gelinge dem Vertragsarzt der Nachweis der vollständigen Leistungserbringung nicht, gehe dies zu seinen Lasten. Die Nichterweislichkeit habe die Nichtvergütung zur Folge. Im vorliegenden Fall fehle durchgängig die erforderliche neurologische Absicherung der gestellten Diagnosen.

    Da die Beklagte für jede der gestrichenen GNRn mindestens einen Fall erwiesener Falschabrechnung nachweisen könne, sei die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung für das Quartal II/2003 entfallen. Damit werde der Kläger auf die ursprüngliche Position eines Leistungerbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Dies habe der Kläger für einzelne Fälle weder versucht, noch könne ihm dieser Nachweis mangels hinreichender Dokumentation elektroneurographischer Messungen oder sonstiger Untersuchungen etwa durch bildgebende Verfahren gelingen.

    Am 08.08.2011 hat der Kläger gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 04.08.2011 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Urteil des SG sei rechtsfehlerhaft und deshalb aufzuheben.

    Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sei verletzt, da das SG seinen Antrag auf Terminverlegung zu Unrecht abgelehnt habe. Das SG hätte nicht in Abwesenheit des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigen verhandeln und entscheiden dürfen. Die Prozessbevollmächtigte habe den bereits gebuchten Flug zum Termin wegen einer Aschewolke nicht antreten können. Hierüber sei das SG in Kenntnis gesetzt worden. Erst um 22.30 Uhr des Vortages sei bekannt gewesen, dass der Flughafen gesperrt werde. Der Prozessbevollmächtigten sei es daher nicht mehr möglich gewesen, die Nachricht abzurufen. Die Zugverbindung um 7.00 Uhr am Tag der Verhandlung hätte sie nicht mehr rechtzeitig erreichen können. Spätere Züge wären nicht pünktlich zum Verhandlungstermin angekommen. Ein Kanzlei-Pkw stünde nicht zur Verfügung. Eine Reisetätigkeit von über 12 Stunden für die Hin- und Rückfahrt sei aus Gründen des Arbeitszeitgesetzes nicht möglich.

    Das Gericht habe ferner den Vortrag des Klägers nicht gewürdigt. Das SG sei ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens davon ausgegangen, dass für den Ansatz der GNR 2276 EBM 96 ein differenzialdiagnostischer Nachweis durch Erhebung eines neurophysiologischen Befundes erforderlich sei. Sämtlicher Sachvortrag des Klägers zur Diagnostik sei dem SG verschlossen geblieben. Insofern sei nicht davon auszugehen, dass die Kammer fachkundig besetzt gewesen sei. Schon im Vorverfahren sei anhand von Fachliteratur dargelegt worden, dass eine neurologische Absicherung der Diagnose nicht erforderlich sei. Diese Untersuchungsmethode stelle nicht mehr den "Goldstandard" dar, da die Sensitivität lediglich bei 10 bis 30% liege. Anamnese und Klinik reichten aus, um ein Karpaltunnelsyndrom mit hoher Sicherheit zu diagnostizieren. Darüber hinaus würden elektrophysiologische Untersuchungen heute üblicherweise von speziell ausgebildeten Assistenten durchgeführt. Die MRT-Untersuchung eines Karpaltunnels liefere dagegen eine sehr viel höhere Trefferquote (ca. 95%). Beim Supinatortunnelsyndrom versage die elektrophysiologische Diagnostik völlig. Auch die Bildgebung (MRT) versage häufig. Die Sensitivität liege hier nur bei etwa 50%. Soweit eine nicht ausreichende Diagnostik behauptet werde, sei dies falsch, da der Kläger in jedem Fall eine kernspintomographische Untersuchung durchgeführt habe. Die MRT-Befunde lägen der Beklagten vor.

    Die Voraussetzung eines Neurologiebefundes gehe zudem aus den Leistungslegenden der GNRn 2276 und 2275K EBM 96 nicht hervor. Es gebe auch keine festen Vorgaben, wie ein OP-Bericht auszusehen habe. Die Abrechnungsbestimmmungen gäben keine bestimmte Form vor. Die OP-Berichte seien vom Kläger unmittelbar nach der OP handschriftlich verfasst worden. Später seien die Berichte digital diktiert und von den Mitarbeitern des Klägers in die Patienten-Computerakte eingetragen worden. Diese könnten problemlos eingesehen werden.

    Das SG weise zudem nur auf die Ausführungen der Gegenseite hin. Bereits im Widerspruchsverfahren sei die Befangenheit von Dr. A. geltend gemacht worden. Dr. A. sei der unmittelbare Konkurrent des Klägers. Zudem würden nur 10% aller peripheren Nervenkompressionssyndrome von Neurochirurgen operiert. Der Gutachter könne daher als Neurochirurg auch nur eingeschränkt urteilen. Es sei ein neutraler Sachverständiger zu beauftragen.

    In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger vorgetragen, er habe in jedem gestrichenen Fall einen neurologischen Befundbericht verfasst. Diese Befundberichte habe er der Beklagten im Zusammenhang mit den anderen Unterlagen der Basisdokumentation überlassen, von dieser aber nicht mehr zurückerhalten. Als Beispiel überreichte er den Bericht vom 29.07.2002 betreffend R. V. zu gerichtlichem Protokoll. Die Vertreterin der Beklagten hat daraufhin erklärt, die Streichung der Gebührenziffern 800, 801, 809, 811 und 818 EBM 96 werde für das streitige Quartal aufgehoben. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.05.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2007 aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, das SG habe sich im Ergebnis den Gutachtern Dr. L. und Dr. A. angeschlossen, an deren Fachkunde kein Zweifel bestünde. Aus den Dokumentationen müsse sich die Indikation für die Operation ergeben, was vorliegend nicht der Fall sei. Auch diese Auffassung des SG sei nicht zu bestanden.

    Völlig unzweifelhaft habe der Kläger seinen Dokumentationspflichten nicht genügt. Die OP-Berichte seien nicht lesbar. Der nach der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren bzw. der Vereinbarung über die Förderung ambulanter Operationen vorzulegende OP-Bericht genüge nur dann den immanenten Anforderungen an eine ausreichende Dokumentationspflicht, wenn die Dokumentation schriftlich, lesbar, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sei. Andernfalls sei die Beklagte zur Berichtigung der betroffenen Leistung berechtigt. Dies habe das SG Stuttgart im Urteil vom 19.06.2002 (S 10 KA 2453/00) bestätigt. Nicht lesbare OP-Berichte könnten nicht nachträglich in lesbare OP-Bericht umstrukturiert werden, da dies die Möglichkeit der Manipulation eröffne. Nach der Vereinbarung zur Förderung ambulanter Operationen sei für die "K"-Leistungen ein neurologischer Befund Voraussetzung. Dass in jedem Fall ein MRT-Befund vorgelegen habe, sei nicht zutreffend. Darauf komme es aber letztlich nicht an, da es schon an der obligatorischen Abrechnungsvoraussetzung eines lesbaren OP-Berichts fehle. Dass die Streichung der Leistungen der GNRn 17 und 18 EBM 96 zu Recht erfolgt sei, ergebe sich bereits aus dem Vortrag des Klägers. Soweit der Kläger der Ansicht sei, die Beklagte dürfe nur auf den Fachgruppendurchschnitt kürzen, sei dies nicht zutreffend. Das Bundessozialgericht (BSG) habe diese Möglichkeit nur beispielhaft genannt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung war auch insoweit erfolgreich, als die Beklagte vor dem Senat die Streichung der Gebührenziffern 800, 801, 809, 811 und 818 EBM 96 für das streitige Quartal aufgehoben hat. Hinsichtlich der Streichung der übrigen Gebührenziffern erwies sich die Berufung jedoch als unbegründet. Das SG hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2007 ist bezüglich der nicht neurologischen Gebührenziffern rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

    Ob das SG war verpflichtet war, dem Terminsverlegungsantrag der Prozessbevollmächtigten nachzukommen und das Urteil des SG deswegen an Verfahrensfehlern leidet, die zu einer Zurückverweisung gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG hätten führen können, kann dahinstehen. Dagegen spricht, dass § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der Fassung des 4. SGG -Änderungsgesetzes (BGBl. 2011 S. 3057) für eine Zurückverweisung nicht nur einen wesentlichen Mangel des Verfahrens voraussetzt, sondern als Folge dieses Mangels noch eine unterlassene und aufwändige Beweiserhebung verlangt. Aber selbst für den Fall, dass das SG dem Terminsverlegungsantrag zu Unrecht nicht stattgegeben hätte, würde der Senat von einer Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG absehen, da das Berufungsgericht in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und vorliegend Präklusionsvorschriften nicht eingreifen. Das BSG hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass im Zweifel die Entscheidung des LSG, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig ist (vgl. hierzu BSG Beschl. v. 07.05.2009 - B 14 AS 91/08 B, [...]).

    Rechtsgrundlage der Streichungen sind die Bestimmungen in § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä. Danach obliegt den KVen die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Zur Zeit des Erlasses des Bescheids war die Beklagte zudem auf Grund von § 106 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Artikel 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190, 2217) mit Wirkung vom 01.01.2004 in das SGB V eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Durch die Einfügung von § 106 a in das SGB V ist eine Änderung der zuvor durch die Bestimmungen der Bundesmantelverträge geregelten sachlich-rechnerischen Berichtigung weder hinsichtlich deren Voraussetzungen noch hinsichtlich deren Rechtsfolgen erfolgt. Während bislang das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden konnte, ist die Beklagte nach neuem Recht - unabhängig von einem weiterhin möglichen Antrag - zu einem Tätigwerden von Amts wegen verpflichtet (BSG Urt. v. 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R, [...]).

    Die Befugnis der KV zur Richtigstellung bedeutet im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Honorarbescheides. Die Bestimmungen über die Befugnis einer KV, vertragsärztliche Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen dabei in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen i.S.d. § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) dar (BSG Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 11, m.w.N.). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/ 05 R, [...]).

    Während die Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt, erstreckt sich die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen auf die Frage, ob die Leistungen ordnungsgemäß abgerechnet wurden. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelungswerks, also mit den Einheitlichen Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (BSG Urt. v. 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R, [...]Rn. 10). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich auch auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 05.04.2007 - L 5 KA 28/06; auch BSG Urt. v. 18.08.2010 - B 6 23/09 R, [...]). Solche Verstöße können darin liegen, dass Leistungen zur Abrechnung kommen, die in einer nicht der Gebührenordnung entsprechenden Weise oder überhaupt nicht erbracht wurden. Die sachlich-rechnerische Berichtigung erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSG Urt. v. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, SozR 4-5520 § 32 Nr. 2, m.w.N.).

    Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit umfasst demnach nicht nur eine Vollständigkeitskontrolle. Die Prüfung erstreckt sich vielmehr auch auf die Einhaltung der Vorgaben für die Durchführung der Leistung. Somit unterliegen auch solche Leistungen der sachlich-rechnerischen Berichtigung, die qualitativ mangelhaft, also unter Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Qualitätsbestimmungen erbracht wurden (vgl. Clemens in [...]PK SGB V § 106a Rn. 77; BSG Urt. v. 22.03.2006, B 6 KA 76/04 R, [...]Rn. 11).

    Die Beklagte wirft dem Kläger zu Recht einen Verstoß gegen Qualitätsbestimmungen vor. Denn die Dokumentation der Operationsleistungen (einschl. Anästhesie) entspricht nicht den rechtlichen Vorgaben. Die ambulanten Operationsleistungen (GNRn 2105, 2145, 2162, 2220, 2275, 2275K, 2276, 2821, 2935, 2960 EBM 96), einschließlich der dazugehörenden Nebenleistungen (postoperative Betreuung nach GNR 63 EBM 96, Zuschläge für ambulantes Operieren nach GNRn 81 bis 86 EBM 96, Anästhesie nach GNRn 451 bis 490K EBM 96), sind unter Verstoß gegen zwingende Qualitätssicherungsregeln erbracht worden und waren deshalb sachlich-rechnerisch zu berichtigen.

    Ob die Verletzung der allgemeinen Dokumentationspflicht nach § 57 Abs. 1 BMV-Ä (bzw. § 13 Abs. 10 EKV-Ä), wonach die Befunde, die Behandlungsmaßnahme sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung in geeigneter Weise zu dokumentieren sind, genügt, um Leistungen sachlich-rechnerisch zu berichtigen, kann dahingestellt bleiben. Denn für die Erbringung ambulanter Operationen existierten im streitgegenständlichen Zeitraum Regelungen, die Dokumentationspflichten zum Zwecke der Qualitätssicherung enthielten. Ein Verstoß gegen solche Pflichten unterliegt der sachlich-rechnerischen Berichtigung.

    Auf Grundlage des § 14 AOP-Vertrag 1993 (Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V "ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus", der am 01.04.1993 in Kraft trat; DÄBl. 1993, C-1293) hatten die Vertragspartner auf Bundesebene Maßnahmen zur Sicherung der Qualität für ambulante Operationen nach § 115b SGB V vereinbart. In § 6 der "Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren gemäß § 14 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V" vom 13.06.1994 (DÄBl. 1994, A-2124; geändert zum 01.01.1996, DÄBl. 1995, A-3648) hatten die Vertragspartner geregelt, dass die Dokumentation ambulanter Operationen und Anästhesien eine vergleichende statistische Auswertung zum Zwecke der Qualitätssicherung ermöglichen muss. Hierzu hatten die Krankenhäuser und Vertragsärzte unbeschadet der berufsrechtlichen Pflicht zur Dokumentation für die Zwecke nach § 7 (statistische Auswertung) die Daten der Anlage 1 Nr. 1 anonymisiert zu erfassen (sog. Basisdokumentation). Darüber hinaus hatten sie die in Anlage 1 Nr. 2 und 3 festgelegte Dokumentation zu führen. Dort waren unter Nr. 2 die Patientenaufklärung, der Zustand des Patienten bei Entlassung aus der unmittelbaren Betreuung in der Praxis oder im Krankenhaus, die gegebenenfalls erfolgte Absprache zur Übernahme des Patienten in die ambulante Betreuung durch einen anderen Arzt einschließlich gegebenenfalls erforderlicher pflegerischer Nachsorge und der Operationsbericht genannt.

    Der Kläger hat zu den streitgegenständlichen Operationen OP-Berichte erstellt. Allerdings genügen die Berichte nicht den Qualitätsanforderungen, die an solche Dokumente zu stellen sind. Die aus Qualitätssicherungsgründen erforderliche Dokumentation ambulanter Operationen kann nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn die Aufschriebe aus sich heraus verständlich sind. Andernfalls können die OP-Berichte für die Qualitätssicherung keine Verwendung finden. Es genügt deshalb nicht, wenn die Aufschriebe erst weiterer Erläuterungen durch den Vertragsarzt bedürfen. Die Dokumentation muss selbsterklärend sein. Dies setzt voraus, dass die OP-Berichte lesbar, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind (zur Dokumentation als Nachweis für die vollständige Leistungserbringung vgl. SG Stuttgart Urt. v. 19.06.2002 - S 10 KA 2453/00, [...]).

    Diesen Anforderungen genügt die Dokumentation der streitgegenständlichen Operationsleistungen nicht. Der Senat hat sich insoweit ein eigenes Bild von den aktenkundigen OP-Berichten und Anästhesieprotokollen gemacht und festgestellt, dass die handschriftlich verfassten Berichte nicht lesbar sind. Bestätigt wird dies durch den Fachberater der Beklagten, Dr. L., der feststellte, dass ein lesbarer OP-Bericht nicht vorliege und zu jedem Fall ein kaum lesbares Anästhesieprotokoll beiliege, bei dem insbesondere im Abschnitt "Besonderheiten" nicht lesbare Dokumentationen wiedergegen seien. Soweit vom Kläger nachträglich maschinengeschriebene "Übersetzungen" der OP-Berichte erstellt wurden, genügt dies einer ordnungsgemäßen Dokumentation zum Zwecke der Qualitätssicherung nicht. Eine solche Dokumentation muss vielmehr für den fachkundigen Dritten selbsterklärend sein. Überdies ist ein OP-Bericht zeitnah nach der Operation zu erstellen. Nur durch die "frische Erinnerung" des Operateurs ist gewährleistet, dass die Dokumentation alle notwendigen Informationen enthält. Abgesehen davon, sind auch die vom Kläger maschinengeschriebenen OP-Berichte nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Dies hat die Durchsicht der aktenkundigen Dokumente durch den fachkundig besetzten Senat ergeben. Beispielsweise enthält der OP-Bericht der Patientin M. B. (geb. 1951) unklare Angaben wie z.B. "üblicher Zugang über Medianusverlauf" oder "eingeschränktes Gefühl in der Hand". Der Bericht im Behandlungsfall M. St. (geb. 1946) enthält ebenfalls völlig unzureichende Angaben über die durchgeführte Operation ("OP: wie üblich."). Die OP-Berichte können entgegen der Auffassung des Klägers auch im Fall standardisierter Vorgänge nicht auf die Angabe von Besonderheiten reduziert werden. Es sind die konkret gewählte Operationsmethode sowie sämtliche Operationsschritte im Einzelnen zu benennen.

    Damit waren die unter Verstoß gegen Qualitätsbestimmungen erbrachten Operationsleistungen (einschl. Nebenleistungen) zu streichen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die abgerechneten Operationen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden, insbes. ob jeweils eine Operationsindikation bestand. Offen bleiben kann auch, ob zur Differenzialdiagnostik bei peripheren Nervenengpasssyndromen die Erhebung eines neurophysiologischen Befundes erforderlich ist und ob dieser gegebenenfalls in allen Fällen tatsächlich erhoben und in Befundberichten dokumentiert wurde.

    Auch die am Operationstag abgerechneten Beratungsleistungen nach GNRn 17 und 18 EBM 96 waren sachlich-rechnerisch zu berichtigen.

    GNR 17 EBM 96 betrifft die intensive ärztliche Beratung und Erörterung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen Auswirkungen und deren Bewältigung bei nachhaltig lebensverändernder oder lebensbedrohender Erkrankung, ggf. unter Einbeziehung von Bezugspersonen und fremdanamnestischen Angaben. Bei einer Gesprächsdauer von mehr als 30 Minuten wird nach GNR 18 EBM 96 ein Zuschlag gewährt. Schon dem Wortlaut der GNRn ist zu entnehmen, dass es sich um besondere Gesprächsleistungen handelt. Gespräche allein zur Risikoaufklärung vor Operationen werden hiervon nicht erfasst; sie sind Teil der entsprechenden Operationsgebühr bzw. mit den Ordinations- und Konsultationsgebühren abgegolten (Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO, GOÄ, Stand: 01.01.2003, 9 B-68). Es müssen Beratungsleistungen sein, die Auswirkungen über die Operationssituation hinaus betreffen und einer nachhaltig lebensverändernder oder lebensbedrohender Erkrankung geschuldet sind. Jedenfalls Letzteres ist zur Überzeugung des fachkundig besetzten Senats vorliegend nicht der Fall. Nach den eigenen Angaben des Klägers erfolgten die Beratungsgespräche vor "großen und schweren" Nervenoperationen. Die abgerechneten ambulanten Operationen von Nerven nach GNRn 2275 und 2275K (Karpal- oder Tarsaltunnelsyndrom) sowie 2276 (peripheres Nervenengpasssyndrom) EBM 96 betreffen keine nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankungen.

    Die sachlich-rechnerischen Berichtigungen - mit Ausnahme der von der Beklagten anerkannten neurologischen Gebührenziffern - sind mithin nicht zu beanstanden. Auf ein Verschulden des Klägers kommt es dabei nicht an. Die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Berichtungen setzt grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus (BSG Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R, [...], m.w.N.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beklagte den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt; diese Rechtsfolge setzt voraus, dass unrichtige Angaben in den Behandlungsausweisen zumindest grob fahrlässig erfolgt sind (BSG Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R, [...], m.w.N.). Nur dann fällt die Garantiewirkung der Abrechnungssammelerklärung weg. Für die Neufestsetzung steht der Beklagten dann ein weites Schätzungsermessen zu (BSG Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 86/95, [...]). Vorliegend hat die Beklagte nicht die gesamten Honorarbescheide aufgehoben, sondern lediglich die fehlerhaft abgerechneten Leistungen gestrichen. Auf ein Verschulden des Klägers kommt es mithin nicht an. Die Beklagte musste die Aufhebung - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht auf den Ansatz des Fachgruppendurchschnitts beschränken. Die Kürzung des Honorars beruht nicht auf einer angenommenen Implausibilität der Abrechnung des Klägers. Es wurden vielmehr einzelne GNRn, die für nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen bzw. unter Verstoß gegen die Gebührenordnung abgerechnet wurden, gestrichen.

    Die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides, die nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R, [...], m.w.N.) am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt, ist eingehalten. Der Kläger kann sich auch weder auf einen Verbrauch des Anspruchs auf sachlich-rechnerische Berichtigung noch auf Vertrauensschutz berufen. Keiner der von der Rechtsprechung entwickelten Tatbestände (dazu BSG Urt. v. 08.02.2006 - B 6 KA 12/05 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 1, m.w.N.) ist erfüllt. Entsprechendes wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

    Die Höhe des Rückforderungsbetrages wird vom Kläger nicht durch konkrete Beanstandungen in Frage gestellt. Er hält die nachträglich rückwirkende Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide insgesamt für rechtswidrig, rügt dabei aber nicht Einzelheiten der rechnerischen Umsetzung.

    Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Das Obsiegen des Klägers bezüglich der Gebührenziffern 800, 801, 809, 811 und 818 EBM 96 betrifft lediglich einen Teilbetrag von 3.354,04 EUR, der bei einem Streitwert von insgesamt 46.853,89 EUR bei der Kostenentscheidung nicht besonders zu berücksichtigen war (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

    Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Der Kläger wendet sich gegen eine bezifferte Honorarkürzung und damit ist in dieser Höhe der Streitwert festzusetzen.

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

    RechtsgebieteSGB, BMV-Ä, EKV-ÄVorschriftenEBM-Ä; § 45 BMV-Ä; § 34 EKV-Ä; § 106a SGB V