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  • 26.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146256

    Verwaltungsgericht Stuttgart: Urteil vom 22.07.2015 – 12 K 3992/13

    Ziffer 2137 GOÄ stellt abrechnungstechnisch keine allumfassende Komplexgebühr für eine Schulteroperation mit mehreren Pathologien dar. Ziffer 2137 GOÄ erfasst Eingriffe an den Gelenkflächen, also im knöchernen Bereich des Gelenks, und nicht auch weitergehende Eingriffe beispielsweise am subacromialen Nebengelenk und der Rotatorenmanschette oder der Entfernung der Gelenkschleimhaut. Diese sind keine notwendigen Einzelschritte des Leistungsziels nach Ziffer 2137, sondern sind jeweils eigenständig indiziert und daher mit den entsprechenden Ziffern (gegebenenfalls analog) abzurechnen.


    Verwaltungsgericht Stuttgart

    Urt. v. 22.07.2015

    Az.: 12 K 3992/13

    In der Verwaltungsrechtssache
    wegen Kassenleistungen
    hat das Verwaltungsgericht Stuttgart - 12. Kammer - durch die Richterin am Verwaltungsgericht XXX als Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung
    am 22. Juli 2015
    für R e c h t erkannt:
    Tenor:

    Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere Kassenleistungen in Höhe von 542,30 € zu gewähren.

    Die Bescheide vom 07.02.2013, 19.02.2013 und 23.04.2013 sowie der Widerspruchsbescheid vom 18.09.2013 werden aufgehoben, soweit sie entgegenstehen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte 5/6, der Kläger 1/6.
    Tatbestand

    Der Kläger ist B 1-Mitglied bei der Beklagten mit einem Bemessungssatz von 30%.

    Mit Antrag vom 25.01.2013 begehrte er Kassenleistungen für Aufwendungen in Höhe von 2.941,70 € gemäß Rechnung der Abrechnungsgesellschaft unimed vom 24.01.2013. Zugrunde lag eine stationäre Behandlung vom 06. bis 10.11.2012 im Zusammenhang mit der Diagnose "Chron. Subacromiales Impingement dritten Grades mit Supraspinatusruptur Größe Bateman II sowie Bizepssehnentendinose und Subluxation, Hypertonie".

    Mit Bescheid vom 07.02.2013 anerkannte die Beklagte zunächst 112,09 € als beihilfe- und erstattungsfähig und legte die Rechnung einem Gutachtenbüro (Medic Control GmbH, im Folgenden: MC) vor.

    Der Gutachter empfahl unter dem 18.02.2013, einige der abgerechneten GOÄ-Ziffern zu streichen bzw. durch andere zu ersetzen. Die Operation sei ausweislich des Operationsberichts rein arthroskopisch durchgeführt worden.

    Mit weiterem Bescheid vom 19.02.2013 anerkannte die Beklagte auf der Grundlage dieses Gutachtens 654,12 € als beihilfe- und erstattungsfähig an und gewährte dem Kläger unter Anrechnung der bereits erfolgten Erstattung insgesamt 162,61 € Kassenleistungen.

    Der Kläger erhob mit Schreiben vom 02.04.2013 sinngemäß Widerspruch und führte aus, soweit der Gutachter die Ersetzung von Gebührenziffern durch Ziffer 2137 GOÄ empfohlen habe, treffe dies den Sachverhalt nicht, denn es sei keine plastische Operation durchgeführt worden. Er legte eine Stellungnahme der unimed vom 25.03.2013 vor.

    Im weiteren Gutachten vom 21.04.2013 kam MC zum Ergebnis, dass Ziffer 2182 GOÄ ersatzlos zu streichen sei, weil sie nicht neben operativen Leistungen berechnungsfähig sei. Die Ziffern 2117, 2112, 2064 (6x), 2091, 2064 (2x), 2405 (3x), 2257, 2121, 2257 und 2104 seien durch die Zielleistungsziffern 2137 und 2130 mit dem 3,5-fachen Faktor zu vergüten.

    Mit Bescheid vom 23.04.2013 erstattete die Beklagte auf der Grundlage dieses Gutachtens weitere 20,06 € Kassenleistungen.

    Der Kläger ließ mit Schriftsatz vom 10.05.2013 erneut Widerspruch erheben und reichte eine weitere Stellungnahme der unimed vom 06.06.2013 ein.

    Die Beklagte erläuterte mit Schreiben vom 27.06.2013 ihre Position. Dem Kläger verblieb ein Selbstbehalt in Höhe von 2.220,69 €, hiervon 666,21 € an Kassenleistungen.

    Mit Schreiben vom 22.08.2013 legte der Kläger eine weitere Stellungnahme der unimed vom 16.08.2013 vor, mit dem diese generelle Ausführungen zum Zielleistungsprinzip machte.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2013 - zugestellt am 19.09.2013 - wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

    Der Kläger hat am 18.10.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

    Der Kläger beantragt,

    die Beklagte zu verpflichten, ihm weitere 666,21 € Kassenleistungen zu gewähren und den Bescheid der Beklagten vom 19.02.2013 sowie ihren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2013 aufzuheben, soweit diese entgegenstehen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie wiederholt die Begründung der angefochtenen Bescheide.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.

    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

    Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

    Nach § 30 Abs. 1 der Satzung der Beklagten haben Mitglieder für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen; Leistungen im Sinne der Satzung sind auch Sach- und Dienstleistungen. Erstattungsfähig im Sinne dieser Bestimmungen sind Aufwendungen, wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Aufwendungen nach den § 31 bis 42 sind nur aus Anlass einer Krankheit erstattungsfähig. Gemäß § 31 Abs. 1 sind Aufwendungen für ärztliche Leistungen erstattungsfähig.

    In Anwendung dieser Maßstäbe trifft die Auffassung der Beklagten, wonach die in der streitgegenständlichen Rechnung in Ansatz gebrachten Ziffern 2117, 2112, 2064, 2091, 2405, 2257, 2121, 2257 und 2104 GOÄ durch die Ziffern 2137 und 2130 GOÄ zu ersetzen seien, nicht zu, denn die der Rechnung zugrunde liegende Behandlung des Klägers erfolgte aufgrund eigenständiger Pathologien und ist daher nicht einer einzigen Hauptleistung zuzurechnen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ können Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnet werden. § 4 Abs. 2 a Satz 1 GOÄ regelt, dass Leistungsbestandteile oder besondere Ausführungen einer anderen Leistung nicht berechnet werden dürfen, soweit für die andere Leistung eine Gebühr in Rechnung gestellt wird. Beide Regelungen betreffen das sog. "Zielleistungsprinzip". Für den operativen Bereich (§ 4 Abs. 2 a Satz 2 GOÄ) bedeutet dies, dass die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten Operationsleistungen (Zielleistungen) methodisch notwendigen operativen Einzelschritte keinen selbständigen Charakter haben und nicht gesondert neben der Operationsgebühr berechnungsfähig sind (vgl. auch Uleer/Miebach/Patt, Kommentar zur Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., § 4 RdNr. 11, 96). Der VGH Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 04.02.2013 (2 S 1903/12) ausgeführt: "Geben unterschiedliche Gebührenpositionen, die ihrer Legende nach in dem konkreten Fall erfüllt worden sind, keine näheren Hinweise über ihr Verhältnis zueinander, ist demnach zu prüfen, ob es sich um jeweils selbständige Leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als Zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen Bestandteile anzusehen sind. Dabei ist - wie auch sonst bei der Auslegung von Gesetzen - ein abstrakt-genereller Maßstab zugrunde zu legen. Dies ergibt sich daraus, dass der Verordnungsgeber in Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen von "typischen" operativen Leistungen spricht und in Satz 2 bezüglich der Einzelschritte die mangelnde Berechenbarkeit davon abhängig macht, dass sie "methodisch" notwendige Bestandteile der Zielleistung sind" (vgl. auch BGH, Urt. v. 05.06.2008 - III ZR 239/07 - NJW-RR 2008, 1278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.2011 - 2 S 595/10 - [...]). In Anwendung dieser Maßstäbe sind die in der Rechnung vom 24.01.2013 aufgeführten Positionen jeweils eigenständigen Operationszielen zugeordnet und nicht dem - vermeintlichen - Leistungsziel der Arthroplastik als Hauptleistung (Ziffer 2137) als methodisch notwendige Einzelschritte zuzuordnen.

    Im vorliegenden Fall wurde nämlich keine von Ziffer 2137 GOÄ umschriebene "Arthroplastik eines Schultergelenks" durchgeführt. Eine Arthroplastik stellt einen chirurgischen Eingriff dar, der die Gelenkfunktion sicher- oder wiederherstellen soll; sie kommt z.B. bei versteiften, in ihrer Beweglichkeit eingeschränkten oder stark schmerzenden Gelenken zum Einsatz, wobei in der Regel der defekte Gelenkknorpel entfernt und anschließend zwischen den Knochenflächen Fettgewebe, Faszie o.ä. eingelagert wird, um die Reibung aufzufangen; hierzu können auch künstliche Gelenke eingesetzt werden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Arthroplastik). Auch in der Kommentierung Brück u.a. (Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl., Stand: 1. November 2014, Bd. 2, Ziffer 2137 i.V.m. 2134) ist ausgeführt: "Der sprachlich ungenaue Begriff 'Arthroplastik' bezieht sich auf die Wiederherstellung der Gelenkflächen, nicht auf das gesamte Gelenk mitsamt Gelenkkapsel, Gelenkinnenheut, Bandapparat etc. Eine Arthroplastik erfolgt häufig durch Glättung des Gelenkknorpels - "shaving" - zur Verbesserung der Gleitfähigkeit der Gelenkflächen.". Die Arthroplastik ist daher keine allumfassende Komplexleistung im Zusammenhang mit Operationsmaßnahmen an der Schulter, sondern umfasst allein Leistungen im knöchernen Bereich des Gelenks (vgl. Hoffmann/Kleinken, Gebührenordnung für Ärzte, Bd. 2, C II, RdNr. 4a zu Nrn. 2130-2154) mit der Folge, dass Ziffer 2137 GOÄ nur dann zum Tragen kommt, wenn tatsächlich eine Arthroplastik durchgeführt wurde. Endoskopische Eingriffe bei Erkrankungen in der Schulter, bei denen keine Arthroplastik erfolgt, fallen begrifflich nicht unter den Inhalt der Ziffer 2137 (AG München, Urt. v. 09.03.2007 - 251 C 13561/06 -; AG Hamburg-Barmbek, Urt. v. 27.01.2011 - 815 C 84/08 -; AG Köln, Urt. v. 25.05.2007 - 123 C 188/06 -). Im Urteil des Amtsgerichts Köln ist ausgeführt: "Der Sachverständige Prof. Dr. M. hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass drei eigenständige Pathologien (des Schultergelenks, des subakromialen Nebengelenks und der Riss der an der Rotatorenmanschette beteiligten Sehnen vorlagen, die nicht unter das Leistungsziel der Arthroplastik als Hauptleistung fallen. Vielmehr führten diese unterschiedlichen Pathologien zu drei verschiedenen Operationszielen, um den begehrten medizinisch notwendigen Erfolg herbeizuführen. Die Pathologien seien durch unabhängig voneinander durchgeführte operative Maßnahmen beseitigt worden, die keinem in der GOÄ normierten Leistungskomplex zuzuordnen sei. Es habe sich nicht um Einzelschritte einer Operation gehandelt, die daher im Ganzen dem Leistungsziel der Arthroplastik zuzuordnen sei". Dies leuchtet unmittelbar ein, weshalb dieser Auffassung gefolgt wird. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im vorliegenden Fall bedarf es nicht, weil es sich hier ebenso verhält, wie in dem der Entscheidung des Amtsgerichts Köln zugrundeliegenden Fall. Denn vorliegend lagen die Diagnosen Chronisches subacromiales Impingement mit Supraspinatursruptur, Bizepssehnentendinose und Subluxation zugrunde, mithin nicht lediglich eine die Gelenkfläche betreffende Diagnose. Es verbietet sich aber, einzelne (weitergehende) Pathologien einer Komplexleistung als Hauptleistung zuzuordnen, die so nicht erbracht wurde bzw. die diese Pathologien nicht erfasst. Es ist Sache des Verordnungsgebers, Komplexleistungen zu definieren und als Gebührenziffer in die Gebührenordnung aufzunehmen.

    Ausweislich des Operationsberichts wurde beim Kläger eine komplexe Operation mit den Leistungen "Arthroskopie, Busoskopie, subacrominale Dekompression, Rotatorenmanschettenrekonstruktion in Bouble Row Technik und Bizepssehnentenodese", durchgeführt, die, soweit sie berechnungsfähig sind, auch sonst keine methodisch notwendigen Einzelschritte einer anderen erbrachten operativen Leistung darstellten.

    Zurecht wurde Ziffer 2405 GOÄ ("Entfernung eines Schleimbeutels") oder "Bursektomie" dreimal in Ansatz gebracht. Nach Brück (a.a.O., L VII, S 803) ist diese Leistungsziffer im Zusammenhang mit anderen operativen Eingriffen im gleichen Gebiet nur berechnungsfähig, wenn eine eigenständige Indikation für die Entfernung vorliegt (z.B. rheumatische Entzündung). Dies war vorliegend laut Operationsbericht der Fall. Dort heißt es: "... nun Entfernung des Arthroskopes aus dem Gelenk und über gesonderten lateralen Zugang Eingehen in den subacromialen Raum. Es zeigt sich eine ausgeprägte Bursitis subacromialis, subdeltoidea und subcoracoidea, ausgedehnte Bursektomie aller 3 Bursen". Damit ist klar belegt, dass drei Bursektomien erfolgten und erfolgen mussten, ohne dass dies mit den anderen operativen Indikationen in Zusammenhang gestanden hätte, denn diese bezogen sich auf das Gelenk bzw. die Bänder. Lediglich ergänzend, ohne dass es vorliegend darauf ankäme, wird auf das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 08.12.2011 (3 S 306/10) hingewiesen, wonach diese Gebührenziffer auch im Zusammenhang mit der im dort zugrundliegenden Fall offenbar durchgeführten Arthroplastik gesondert ansetzbar war, nachdem nach sachverständiger Ansicht diese Leistung nicht lediglich einen methodisch notwendigen operativen Einzelschritt der Arthroplastik darstellte, sondern eine eigenständige Leistung.

    Auch der 6malige Ansatz der Ziffer 2064 GOÄ ("Sehnen-, Faszien- oder Muskelverlängerung oder plastische Ausschneidung") für die durchgeführten plastischen Ausschneidungen ist gerechtfertigt. Nach Hoffmann/Kleinken (a.a.O., C II RdNr. 15) erfasst die Leistungsziffer 2064 GOÄ die operative Verlängerung von Sehnen, Faszien oder Muskeln oder die plastische Ausschneidung im Rahmen der Extremitätenchirurgie, unabhängig von der Körperregion. Laut Operationsbericht wurden plastische Ausschneidungen bzgl. der Rotatorenintervallfaszie, der Faszia clavi pectoralis, des Deltafascienblattes und an den Sehnen "Subscapularis, Supraspinatus, Infraspinatus vorgenommen. Für jede dieser Maßnahmen, mithin 6mal, kann Ziffer 2064 GOÄ gesondert angesetzt werden. Die Leistungen sind gesonderte Leistungen und nicht zwingend, d.h. methodisch notwendige Einzel- oder Zwischenschritte der sonst durchgeführten Maßnahmen. Den Kommentierungen lassen sich auch keine Einschränkungen dahin entnehmen, dass diese Einzelmaßnahmen lediglich als eine einzige zusammengefasste Maßnahme zu betrachten wären. Vielmehr ist die Leistungsbeschreibung im Singular formuliert, so dass sie für jede Ausschneidung an verschiedenen Bändern gesondert berechenbar ist (vgl. auch AG München, Urt. v. 09.03.2007 - 251 C 13561/06 -). Auch hier wird zusätzlich und ergänzend wiederum auf das Urteil des Landgerichts Freiburg (a.a.O.) verwiesen, wonach Ziffer 2064 GOÄ auch im Falle einer durchgeführten Arthroplastik gesondert abrechenbar ist.

    Auch der analoge Ansatz von Ziffer 2064 GOÄ für das laut Operationsbericht durchgeführte Kapselrelease, d.h. der Durchtrennung der Gelenkkapsel, ist nicht zu beanstanden. Zwar hatte insoweit der Gutachter im Verfahren beim Landgericht Freiburg (a.a.O.) Ziffer 2103 GOÄ für berechnungsfähig erachtet, dem sich das zuständige Gericht angeschlossen hatte. Da Ziffer 2103 jedoch mit 107,83 € höher bewertet ist als Ziffer 2064 mit 53,86 € - jeweils in der einfachen Höhe -, bleibt es bei der abgerechneten Gebührenziffer, denn das Gericht darf nicht über die Anträge hinausgehen (§ 88 VwGO) und der Kläger hat lediglich die Erstattung von Kassenleistungen in Höhe der ihm entsprechend der Rechnung des Leistungserbringers entstandenen Aufwendungen begehrt.

    Gleichfalls zu Recht wurde in der streitgegenständlichen Rechnung Ziffer 2112 GOÄ ("Synovektomie an einem Schulter-, Ellenbogen -oder Kniegelenk") angesetzt. Ausweislich des Operationsberichts erfolgte eine ausgedehnte Synovektomie u.a. im Bereich des gesamten vorderen Gelenkkompartimentes. Die Synovektomie, die die fast vollständige Entfernung der Gelenkschleimhaut umfasst (vgl. VGH Bad..-Württ., Urt. vom 04.02.2013, a.a.O.), ist im Verhältnis zu den anderen erbrachten Operationsleistungen eine eigenständige Leistung (ebenda). Auch diese Leistung ist ersichtlich vorliegend nicht von einer anderen erbrachten operativen Leistung umfasst, sondern hat ihre eigenständige Indikation in der laut Operationsbericht deutlichen Synovitis in allen Gelenkanteilen. Auch wurde tatsächlich eine umfangreiche Synovektomie durchgeführt, denn im Operationsbericht ist vermerkt, dass eine "ausgedehnte Synovektomie im Bereich des gesamten vorderen Gelenkkompartimentes" sowie "an der Supraspinatussehne und unter der Subscapularissehne" und weiter "posterior" durchgeführt worden war. Ergänzend wiederum sei auch hier auf die Entscheidung des Landgerichts Freiburg (a.a.O.) verwiesen.

    Zu Unrecht wurde allerdings Ziffer 2117 GOÄ analog ("Meniskusoperation") für die "Resektion der aufgerauhten Anteile des Labrums" berechnet. Brück (a.a.O., L III. 2117, S. 760, 761 sowie "Allgemeine Bestimmungen", S. 755) führt in seiner Kommentierung zum einen aus, dass diese Ziffer an demselben Gelenk nicht u.a. neben Ziffer 2112 GOÄ ansetzbar ist. Diese Auffassung ist überzeugend, denn die Leistungen im vorliegenden Fall - Entfernung der fast vollständigen Gelenkschleimhaut bzw. Entfernung der aufgerauhten Teile des Labrums - sind vergleichbar und wurden am selben Gelenk vorgenommen. Für Ziffer 2112 GOÄ gilt, dass nicht jeder Vorgang gesondert berechnet werden kann, sondern die Gebührenziffer für die Gesamtleistung in Ansatz gebracht wird, die jedenfalls in ihrem Umfang eine annähernde Vollständigkeit aufweisen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.02.2013, a.a.O.).

    Ziffer 2091 GOÄ ("Sehnenscheidenradikaloperation - Tendosynovektomie - gegebenenfalls mit Entfernung von vorspringenden Knochenteilen und Sehnenverlagerung") ist berechenbar, denn die Leistung wurde ausweislich des Operationsberichts durchgeführt. Dort ist ausgeführt: "Es zeigt sich nach Rekonstruktion der Naht, dass an allen 3 Sehnen (Subscapularis, Supraspinatus, Infraspinatus) eine deutliche Aufrauhung und Verdickung bzw. Tenosynovitis besteht, sodass hier nun an allen 3 Sehnen eine entsprechende plastische Ausschneidung, Glättung und Tenosynovektomie erfolgen muss.".

    Zu Recht wurde auch Ziffer 2257 GOÄ ("Knochenaufmeißelung oder Nekrotomie an einem großen Röhrenknochen") zweimal - "Anteriore Acromioplastik" und "Tuberculoplastik" - in Ansatz gebracht. Im Operationsbericht heißt es: "Das verdickte Lig. coracoacromiale wird ebenfalls plastisch ausgeschnitten und geglättet und vom Axromionvorderunterrand abgesetzt. Der subacromiale Raum zeigt sich knöchern deutlich eingeengt. Es erfolgt mit der Walzenfräse eine anteriore Acromioplastik bis ein Axromion Typ 1 entsteht.", und weiter: "Es zeigt sich die Rotatorenmanschette..... Sklerotische Auflagerungen an der lateralen Umschlagkante werden im Sinne einer Tuberculoplastik geglättet." Es handelt sich jeweils um gesondert berechenbare Leistungen. Bei der Acromioplastik handelt es sich um die Beseitigung des verengten Schulterdaches (sog. Impingement) mittels Präzisionsfräsen (vgl. http://www.schulterinfo.de/akromioplastik.html), die Tuberculoplastik wird bei Rotatorenmanschettenrissen als Heilmethode angewandt. Beide Verfahren stellen eigenständig abrechenbare Maßnahmen dar, für die die GOÄ allerdings keine gesonderten Ziffern vorhält. Hinsichtlich der an der Rotatorenmanschette vorgenommenen Maßnahme deckt sich diese Auffassung mit derjenigen des Amtsgerichts Köln (vgl. Urt. v. 25.05.2007, a.a.O.), das aufgrund sachverständiger Beurteilung zur Auffassung gelangte, dass die Entfernung von Knochenneubildungen am Tuberculum majus (Tuberkuloplastik), nachdem die GOÄ kein diesbezüglich exakte Leistungsbild enthalte, entsprechend § 6 Abs. 2 GOÄ der Ziffer 2257 GOÄ zuzuordnen sei. Weiter ist auch die im subacromialen Raum durchgeführte Acromioplastik nach Ziffer 2257 GOÄ abrechenbar, wie dies bereits das Amtsgericht München im Urteil vom 09.03.2007 (251 C 13561/06) gleichfalls nach Einholung eines sachverständigen Gutachtens entschieden hatte.

    Auch Ziffer 2121 GOÄ ("Denervation eines Hand-, Ellenbogen, Fuß- oder Kniegelenks") wurde zu Recht analog berechnet. Im Operationsbericht ist insoweit ausgeführt, dass wegen des chronischen präoperativen subacromialen Schmerzsyndroms zusätzlich eine zirkumscripte Elektrodenervierung der gesamten Schulterdachunterseite erfolgt ist. Auch dies stellt eine eigenständige operative Leistung dar mit der Folge, dass der Gebührenansatz berechtigt ist. Denn in ihrem Umfang ist die Denervierung der Schulterdachunterseite vergleichbar mit der kompletten Denervation eines Kniegelenks, die z.B. von Ziffer 2121 GOÄ, anders als nur Teildenervationen, erfasst ist (vgl. Brück, a.a.O., L III, Ziff. 2121, S. 762). Auch insoweit wird erneut ergänzend auf die Entscheidung des Landgerichts Freiburg verwiesen (a.a.O.).

    Ziffer2104 GOÄ, die analog für die Rekonstruktion der Rotatoren-Manschette angesetzt wurde, ist allerdings durch Ziffer 2105 GOÄ zu ersetzen. Zwar stellt dieser Vorgang eine eigenständige Leistung dar, die nicht durch eine andere leistung im Zusammenhang mit der gesamten Operation abgegolten ist. Allerdings ist Ziffer 2104 GOÄ deshalb nicht anzusetzen, weil kein körpereigenes Sehnengewebe verwendet worden war, sondern synthetisches Material (vgl. Brück, a.a.O., Ziffer 2104 und Ziffer 2015).

    Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Erstattung der Gebührenziffer 2182 GOÄ ("Gewaltsame Lockerung oder Streckung eines Schulter-, Ellenbogen-, Hüft- oder Kniegelenks"). Brück (Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl., L, S. 766.12) führt aus, dass diese Position in Fällen ansatzfähig sei, in denen es "durch eine schmerzbedingte Schonung oder durch eine Ruhigstellung (Gips) sowohl zu Gelenkkapselschrumpfungen als auch zu leichten Verklebungen der Gelenkschleimhaut (Synovia) gekommen sei, beispielsweise im Gefolge einer Gelenkentzündung, eines Gelenkrheumatismus und dgl. Das Gelenk werde dann (in Narkose oder Regionalanästhesie) unter dosierter Gewaltanwendung mobilisiert; die Gebührenziffer sei nur als Zielleistung berechnungsfähig, also nicht als flankierende Hilfsmaßnahme während einer anderweitig honorarfähigen Operation." Dies entspricht auch der Auffassung von Hoffmann/Kleinken (Gebührenordnung für Ärzte, Bd. 2, C II RdNr. 10. Nach den Ausführungen von unimed in der Stellungnahme vom 06.06.2013 habe sich, wie aus dem Operationsbericht vom 08.11.2012 ersichtlich, "bei der Narkoseuntersuchung eine endgradige Bewegungseinschränkung" gezeigt und "erst durch eine Narkosemobilisation" habe sich "das Bewegungsspiel wieder annähern frei" gestalten lassen. Damit räumt die Abrechnungsgesellschaft selbst ein, dass die Mobilisation nicht separat als eigenständige Zielleistung erbracht worden ist, sondern im Rahmen der durchgeführten Operation. Eine Erstattung von Kassenleistungen kommt daher nicht in Betracht.

    Der Kläger hat sonach Anspruch auf weitere Kassenleistungen in Höhe von 542,30 € (Ziff. 2405 x 3 mit Faktor 3,5 = 226,45 €, Ziff. 2064 x 6 mit Faktor 3,5 = 801,- €, Ziff. 2064 analog = 188,50 €, Ziff. 2112 = 301,93 €, Ziff. 2091 = 188,50 €, Ziff. 2257 x 2 = 326,k40 €, Ziff. 2121 = 265,21 €, Ziff. 2105 = 112,21 €, abzgl. 25% gemäß § 6 a Abs. 1 GOÄ = 602,55 €, hiervon Anteil an Kassenleistungen 30% = 542,30 €).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

    RechtsgebietGOÄVorschriften§ 4 Abs. 2 GOÄ; Ziffer 2137 GOÄ