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  • 03.07.2007 · IWW-Abrufnummer 072151

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 07.05.2007 – II ZR 281/05

    a) Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer Gesellschaft ausschließen zu dürfen, kann ausnahmsweise dann als nicht sittenwidrig angesehen werden, wenn ein neuer Gesellschafter in eine seit langer Zeit bestehende Vertragsarztpraxis aufgenommen wird und das Ausschließungsrecht allein dazu dient, dem Aufnehmenden binnen einer angemessenen Frist die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter auf Dauer in der für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen Weise harmonieren können; eine Prüfungsfrist von zehn Jahren überschreitet den anzuerkennenden Rahmen bei weitem (Bestätigung von Sen.Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903, 904 f. "Laborärzte-Fall").



    b) Bei einer im Jahr 2000 nach dem zu dieser Zeit gültigen Zulassungsrecht gegründeten ärztlichen Gemeinschaftspraxis beträgt die höchstzulässige Frist, innerhalb derer der aufnehmende Vertragsarzt prüfen kann, ob eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem eintretenden Vertragsarzt auf Dauer möglich ist, drei Jahre.


    BUNDESGERICHTSHOF
    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL

    II ZR 281/05

    Verkündet am:
    7. Mai 2007

    in dem Rechtsstreit

    Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

    Von Rechts wegen

    Tatbestand:

    Die Parteien sind Fachärzte für Innere Medizin/Nephrologie. Der Beklagte, der seit 1991 in eigener Praxis niedergelassen ist, und die Klägerin, die zuvor als Oberärztin einer Universitäts-Klinik tätig war, schlossen zum 1. Juli 2000 einen Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag (§ 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages, künftig: GV) enthält u.a. folgende Regelungen

    § 13 Abs. 2 GV:

    "Die Gesellschaft kann von jedem Gesellschafter mit einer Frist von 12 Monaten zum Jahresende gekündigt werden."

    § 14 Abs. 1 GV:

    "Wird die Gesellschaft durch ordentliche Kündigung nach § 13 Abs. 2 ... aufgelöst, so hat der andere Gesellschafter das Recht, das Vermögen der Gemeinschaftspraxis ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven gegen Zahlung einer Abfindung an den ausgeschiedenen Partner oder dessen Erben zu übernehmen und die bisherige Gemeinschaftspraxis als Einzelpraxis oder mit einem Nachfolger seiner Wahl weiterzuführen."

    § 14 Abs. 3 GV:

    "Abweichend von den vorstehenden Regelungen steht bei Auflösung der Gesellschaft - gleich aus welchem Grund - das Übernahmerecht bis 31. Dezember 2010 in jedem Fall Herrn Dr. R. (Beklagten) zu, es sei denn, dass der Weiterführung der Praxis durch ihn rechtliche oder tatsächliche Hinderungsgründe entgegenstehen. Dies gilt für den Fall der außerordentlichen Kündigung auch dann, wenn Frau Dr. F. (Klägerin) zur Kündigung berechtigt war."

    § 17 Abs. 1 GV:

    "Dem ausgeschiedenen Gesellschafter ist es untersagt, sich innerhalb von zwei Jahren nach seinem Ausscheiden im Umkreis von 2 km Luftlinie vom Sitz der Gemeinschaftspraxis oder vom Standort der ausgelagerten Behandlungsstätten als Internist mit oder ohne Schwerpunkterweiterung niederzulassen oder eine entsprechende Tätigkeit als angestellter oder freier Mitarbeiter in einer anderen Arztpraxis oder ambulant tätigen Institution aufzunehmen. Gelegentliche Praxisvertretungen bis zu vier Wochen im Kalenderjahr werden durch dieses Verbot nicht berührt.

    Dem ausgeschiedenen Gesellschafter ist es weiterhin untersagt, für die Dauer von vier Jahren nach seinem Ausscheiden in W. oder im Umkreis von 20 km Luftlinie vom Sitz der Gemeinschaftspraxis Dialyseleistungen zu erbringen oder bei der Erbringung von Dialyseleistungen mitzuwirken. Dies gilt auch für eine entsprechende Tätigkeit als angestellter oder freier Mitarbeiter in einer anderen Arztpraxis, die Dialysen anbietet sowie für vergleichbare Tätigkeiten in anderen ambulante Dialyseleistungen anbietenden Institutionen. In diesem Bereich sind Ambulanzleistungen für andere ambulante Dialyseanbieter untersagt. Gelegentliche Praxisvertretungen bis zu vier Wochen im Kalenderjahr werden durch dieses Verbot nicht berührt. Die gleiche Regelung gilt für eine Tätigkeit im Umkreis von 10 km Luftlinie vom Standort der ausgelagerten Behandlungsstätten."

    Die Zusammenarbeit der Parteien gestaltete sich - jedenfalls - ab dem Jahre 2002 problematisch. Im Hinblick hierauf schrieb der Beklagte der Klägerin am 10. Februar 2003 wie folgt:

    "Abschließend möchte ich jedoch nochmals bekräftigen, dass ich zu einer Beendigung unserer gemeinsamen Tätigkeit in jedem Fall entschlossen bin. Dies wird notfalls auch durch fristgemäße Kündigung unseres Gesellschaftsvertrages erfolgen.

    Ich hoffe jedoch, dass es zu diesem Schritt nicht kommen muss, da Deine fachliche Qualifikation es Dir sicherlich ermöglichen wird, recht schnell einen anderen Wirkungskreis zu erschließen. Dabei ist es sicherlich hilfreich, wenn dies von Dir aus einer ungekündigten Position heraus erfolgen kann.

    Die ordentliche fristgemäße Kündigung durch mich muss erst Ende dieses Jahres erfolgen, so dass hinreichend Zeit ist, gemeinsam eine einvernehmliche Auseinandersetzung zu gestalten."

    Da eine einvernehmliche Beendigung der Zusammenarbeit nicht zustande kam, kündigte der Beklagte den GV mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 zum 31. Dezember 2004 ordentlich und erklärte zugleich unter Berufung auf § 14 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des GV die Übernahme der Gemeinschaftspraxis.

    Eine von der Klägerin zum 30. Juni 2005 ausgesprochene fristlose Kündigung des GV ist rechtskräftig für unwirksam erklärt worden. Seit dem 26. Oktober 2005 betreibt die Klägerin in W. eine Einzelpraxis als Nephrologin ohne Sonderzulassung zur Dialyse. Diese Sonderzulassung ist in der Praxis des Beklagten verblieben, die dieser mit einem neuen Partner als Gemeinschaftspraxis fortführt.

    Die Klägerin hat mit ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen die Feststellung begehrt, dass § 14 Abs. 3 Satz 1 GV nichtig und die Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2003 gegenstandslos sind; mit Hilfsanträgen hat sie die Feststellung der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots in § 17 Abs. 1 GV beantragt. Der Beklagte hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - widerklagend die Feststellung begehrt, dass die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2004 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden ist und er sie im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Einzelpraxis fortführt.

    Das Landgericht hat den Hauptanträgen der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Berufung hat der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren und seinen Widerklageantrag weiterverfolgt. Die Klägerin hat ihrerseits die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe begehrt festzustellen, dass das Gesellschaftsverhältnis der Parteien bis zum 30. Juni 2005 fortbestanden habe; hilfsweise hat sie im Wege der Eventualanschließung die Feststellung der Nichtigkeit von § 14 Abs. 3 Satz 1 GV für den Fall begehrt, dass das Berufungsgericht eine Kündigung bereits in dem Schreiben vom 10. Februar 2003 sehen sollte, und äußerst hilfsweise, für den Fall der Abweisung des ersten Hilfsantrags, die Feststellung der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots in § 17 Abs. 1 GV.

    Das Berufungsgericht hat unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Den Antrag der Klägerin, im Wege des Ergänzungsurteils nach § 321 ZPO über ihren Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots zu entscheiden, hat das Berufungsgericht mit - nach Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin - rechtskräftigem Urteil vom 26. Januar 2006 mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine Entscheidung über diesen gestuften Hilfsantrag wegen Fehlens der Bedingung, unter der über ihn entschieden werden sollte, bewusst nicht getroffen worden sei.

    Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des Berufungsgerichts, soweit es zu ihren Lasten ergangen ist.

    Entscheidungsgründe:

    Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

    I. Das Berufungsgericht (NJW-RR 2006, 405 ff.) hat ausgeführt:

    Zwar sei das nach § 14 Abs. 3 Satz 1 GV bis zum 31. Dezember 2010 bestehende Übernahmerecht des Beklagten als Hinauskündigungsklausel wegen überlanger Dauer unwirksam gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Die Klausel könne jedoch geltungserhaltend auf eine Übernahmefrist von drei Jahren reduziert werden. Gemessen hieran sei die nach 3 Jahren und 5 1/2 Monaten ausgesprochene ordentliche Kündigung des Beklagten zwar wegen Fristüberschreitung unwirksam. Hierauf könne sich die Klägerin jedoch nach Treu und Glauben nicht berufen, da ihr bereits aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 10. Februar 2003 und damit 2 Jahre und 7 Monate nach Beginn der Zusammenarbeit bekannt gewesen sei, dass der Beklagte zur ordentlichen Kündigung fest entschlossen gewesen sei.

    II. Gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts wendet sich die Revision ohne Erfolg.

    1. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Feststellungsantrag der Klägerin - weiterhin - zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht fort, weil der Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Zusammenarbeit der Parteien sowohl für die Berechnung des Abfindungsanspruchs als auch für die Haftung der Klägerin für Verbindlichkeiten der Gesellschaft von Bedeutung ist (vgl. auch BGHZ 27, 190, 196).

    2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Übernahmeregelung in § 14 Abs. 3 Satz 1 GV wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig ist.

    a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind in den Personengesellschaften und der GmbH ebenso wie in der Publikumsgesellschaft gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen ("Hinauskündigungsklausel"), grundsätzlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGHZ 81, 263, 266 ff.; 105, 213, 216 f.; 112, 103, 107 f.; BGHZ 164, 98, 101 und 107, 110 f.; Urt. v. 8. März 2004 - II ZR 165/02, ZIP 2004, 903, 904 f.; v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706, 707; v. 19. März 2007 - II ZR 300/05, ZIP 2007, 862). Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so dass er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217).

    b) Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos, wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat. Eine an keine Voraussetzung geknüpfte Hinauskündigungsklausel oder eine vergleichbare schuldrechtliche Regelung ist wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist, sie kann aber nicht zeitlich unbegrenzt bestehen (st.Rspr. s. zuletzt BGHZ 164, 98, 102 m.w.Nachw.).

    Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 8. März 2004 (aaO) entschieden, dass auch bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine seit Jahren bestehende Sozietät von Freiberuflern Gründe vorliegen können, die es nach Abwägung der beiderseits beteiligten Interessen als gerechtfertigt erscheinen lassen, dass die Altgesellschafter auch ohne Vorhandensein eines in der Person des anderen Teils liegenden wichtigen Grundes dessen Gesellschafterstelle einseitig beenden. Dies gilt erst recht, wenn es sich bei dieser Sozietät um einen Zusammenschluss von Ärzten handelt, die regelmäßig auf ihre Zulassung als Kassenärzte angewiesen und in dieser Eigenschaft besonderen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen bei der Gestaltung ihres beruflichen Zusammenwirkens ausgesetzt sind. Denn nach dem bisherigen, für die Parteien maßgeblichen Zulassungsrecht bestanden für eine Tätigkeit als angestellter Arzt enge zeitliche Beschränkungen, und der jeweilige Zulassungsausschuss achtet darauf, dass die Regeln, nach denen Ärzte nur in Form einer BGB-Gesellschaft oder einer Partnerschaftsgesellschaft ihren Beruf gemeinsam ausüben dürfen, nicht nur in einem formellen Sinn eingehalten werden. Für den oder die bisherigen Gesellschafter, die einen ihnen unter Umständen weitgehend unbekannten Partner aufnehmen, können daraus erhebliche Gefahren entstehen, weil sich im Allgemeinen erst nach einer gewissen Zeit der Zusammenarbeit herausstellen wird, ob zwischen den Gesellschaftern das notwendige Vertrauen besteht, vor allem, ob sie in ihrer besondere ethische Anforderungen stellenden Berufsauffassung harmonieren. Unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht von vornherein als sittenwidrig angesehen werden, wenn den Altgesellschaftern für eine angemessene Prüfungszeit das Recht eingeräumt wird, den Neugesellschafter auszuschließen, auch wenn keine Gründe vorliegen, die es den Altgesellschaftern unzumutbar machen, das Gesellschaftsverhältnis fortzusetzen. Anderenfalls bliebe den aufnehmenden Gesellschaftern allein die Auflösungskündigung der Gemeinschaftspraxis und damit unter Umständen die Zerschlagung des in Jahren Aufgebauten oder das eigene Ausscheiden.

    Diese Grundsätze beanspruchen selbstverständlich auch für den hier vorliegenden Fall Gültigkeit, dass eine Gemeinschaftspraxis erst durch die Aufnahme eines Arztes in eine bestehende Einzelpraxis begründet wird.

    Dass eine Prüfungszeit von - hier: mehr als - zehn Jahren unangemessen lang und damit sittenwidrig und nichtig ist (§ 138 Abs. 1 BGB), hat der Senat, wie das Land- und das Oberlandesgericht zutreffend erkannt haben, bereits ausgesprochen (Sen.Urt. v. 8. März 2004 aaO S. 905).

    3. Die überlange Dauer der in der Kombination von Kündigungs- und Übernahmerecht als Hinauskündigung wirkenden Vertragsklausel hat jedoch nicht den Wegfall der Regelung zur Folge. Vielmehr kann - nicht anders als bei überlangen Wettbewerbsverboten (Sen.Urt. v. 8. März 2000 - II ZR 308/98, WM 2000, 1496, 1498 m.w.Nachw.) - das Hinauskündigungsrecht für eine kürzere Zeit rechtlich anerkannt werden. In der Entscheidung vom 8. März 2004 (aaO) hat der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit davon absehen können, im Wege der geltungserhaltenden Reduktion Höchstgrenzen hierfür zu bestimmen. Er entscheidet diese Frage nunmehr in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht dahin, dass bei nach bisherigem Zulassungsrecht gebildeten ärztlichen Gemeinschaftspraxen die höchstzulässige Frist für eine Hinauskündigung drei Jahre beträgt.

    a) Bei der Festsetzung dieser Frist ist zu berücksichtigen, dass diese sowohl den Zeitraum des gegenseitigen Kennenlernens, um Vertrauen fassen zu können, als auch noch ausreichend Zeit eröffnen muss, mögliche zwischen den Gesellschaftern auftretende Differenzen auszuräumen und zu für beide Seiten tragfähigen Kompromissen zu gelangen. Bei der Bemessung der Frist sind bei ärztlichen Gemeinschaftspraxen zudem die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen bei der Gestaltung des beruflichen Zusammenwirkens in den Blick zu nehmen, d.h. die gegenüber anderen Freiberuflern (z.B. Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern) bestehenden Zulassungsbeschränkungen im vertragsärztlichen Bereich. Stärker als bei anderen Gruppen von Freiberuflern ist ein Ausscheiden eines Vertragsarztes aus einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen verbunden, insbesondere dann, wenn, wie häufig, der ausscheidende Arzt seine vertragsärztliche Zulassung mitnimmt. Gerade auch im Hinblick hierauf muss bei ärztlichen Gemeinschaftspraxen den Gesellschaftern ausreichend Zeit eingeräumt werden, intensiv zu prüfen, ob evtl. Differenzen mit dem Ziel einer auf Dauer möglichen vertrauensvollen Zusammenarbeit beseitigt werden können.

    b) Zu Unrecht rügt die Revision die Anwendung der Grundsätze der Senatsentscheidung vom 8. März 2004 (aaO) durch das Berufungsgericht auf den vorliegenden Fall mit der Begründung, eine sachliche Rechtfertigung der Hinauskündigungsklausel komme wegen des nicht vergleichbaren Sachverhalts hier schon im Ansatz nicht in Betracht.

    Selbst wenn der Beklagte "nur" die Praxiseinrichtung in die Gesellschaft eingebracht haben sollte, verkennt die Revision, dass die Aufbauleistung, die zugunsten des Beklagten in die Interessenabwägung einzubeziehen ist, insbesondere in dem "good will" der Praxis besteht, den der Beklagte erarbeitet hat und der letztlich alleiniger Grund dafür war, dass wegen der hohen Zahl an Dialysepatienten in der Praxis des Beklagten überhaupt eine Sonderzulassung für die Klägerin von der Kassenärztlichen Vereinigung bewilligt worden ist.

    Die Tatsache, dass die Klägerin keine Berufsanfängerin war, hindert ebenfalls nicht, den Grundsätzen der Senatsentscheidung entsprechend dem Praxisinhaber eine "Probezeit" zuzubilligen, um festzustellen, ob eine sachgerechte und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der fachlich zweifellos geeigneten Klägerin möglich ist. Gerade in der täglichen Zusammenarbeit unterscheidet sich die Tätigkeit in einer Universitätsklinik nachhaltig von der in einer Gemeinschaftspraxis freiberuflich tätiger Ärzte.

    Dass die Klägerin während der ersten Jahre nicht von Anfang an paritätisch an den Praxiseinkünften beteiligt war, stellt einen Ausgleich dafür dar, dass sie ohne eigene Einlageleistung in die Gesellschaft aufgenommen wurde.

    Unzutreffend und deshalb bei der Interessenabwägung nicht zu berücksichtigen ist darüber hinaus die Behauptung der Klägerin, ihr Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis komme einem Berufsverlust gleich. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt sich darin, dass sie nunmehr bereits seit Ende Oktober 2005 mit eigenem Vertragsarztsitz als Internistin und Nephrologin in W. niedergelassen ist. Wegen der besonderen vertragsärztlichen Zulassungsbeschränkungen sind ihr zwar - derzeit - Dialyseleistungen nicht gestattet. Dieser Umstand allein rechtfertigt es jedoch nicht, den - mit Rücksicht auf seine langjährige Aufbauleistung berechtigten - Interessen des Beklagten an einer Übergangszeit zwecks Prüfung der harmonischen Zusammenarbeit den Vorrang abzusprechen.

    c) Entgegen der Ansicht der Revision war dem Berufungsgericht die geltungserhaltende Reduktion der Hinauskündigungsklausel auf drei Jahre nicht deswegen verwehrt, weil der GV auch noch weitere, die Klägerin einseitig belastende Regelungen enthielte. Es entspricht zwar der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass eine Kündigungsregelung, die allein im Hinblick auf ihre zeitlich unbegrenzte Geltung anstößig ist, bei einer zeitlich begrenzten Geltung indessen nicht zu beanstanden wäre, nur dann auf eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben angemessene Geltungsdauer beschränkt werden kann, wenn gegen die übrigen Vertragsteile nichts einzuwenden ist (BGHZ 105, 213, 221; Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II ZR 398/96, WM 1997, 1707, 1708 m.w.Nachw.). Solche weitergehenden belastenden Regelungen enthält der Vertrag aber nicht.

    aa) Weder die Gewinnverteilungsregelung in § 7 GV noch die Regelung über die Teilhabe an den gezahlten administrativen Vergütungen ist "anstößig". Dass ein Neugesellschafter, vor allem derjenige, der keinen Kaufpreis für den Gesellschaftsanteil zahlt, bei Eintritt in eine bestehende Freiberuflerpraxis erst nach einiger Zeit die Gewinnparität erreicht, ist nicht anstößig, vielmehr grundsätzlich von sachlichen Gründen getragen und üblich.

    bb) Zu Unrecht beruft sich die Revision in diesem Zusammenhang auf das Wettbewerbsverbot. Dieses ist wirksam, zumal auch der Beklagte für keine der im GV geforderten Verhaltensweisen der Klägerin eine Befolgung für mehr als zwei Jahre fordert.

    Nachvertragliche Wettbewerbseinschränkungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten (s. zuletzt Sen.Urt. v. 18. Juli 2005 - II ZR 159/03, ZIP 2005, 1778, 1779 f. m.w.Nachw.). Diesen Anforderungen genügt sowohl die wettbewerbsbeschränkende Regelung hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als Internistin als auch die auf die Erbringung von Dialyseleistungen abstellende Regelung in § 17 Abs. 1, 2. Abs. GV. Beide Wettbewerbsverbote sind auf die nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, WM 2000, 1496, 1498) zulässige Dauer von zwei Jahren beschränkt. In räumlicher Hinsicht ist die Beschränkung auf 2 km Luftlinie hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als Internistin ebenso wenig zu beanstanden wie die 20 km-Begrenzung hinsichtlich der Dialyseleistungen. Angesichts der erheblichen finanziellen Aufwendungen, die für das Durchführen von Dialysebehandlungen erforderlich sind, sind diese wirtschaftlich nur zu erbringen, wenn eine entsprechende Zahl von Patienten sie in Anspruch nimmt. Dies erfordert die Festlegung eines entsprechend großen Einzugsgebiets, das mit 20 km nicht unangemessen groß ist. Da der Klägerin durch die Wettbewerbsverbote nicht jegliche Berufstätigkeit (z.B. nicht die Tätigkeit als Ärztin im Krankenhaus), sondern - in den genannten Teilbereichen - nur die selbständige Tätigkeit als niedergelassene Ärztin oder als Angestellte untersagt wird, ist auch die gegenständliche Begrenzung des Wettbewerbsverbots angemessen.

    cc) Unangemessen und nichtig ist zwar, wie die Revision zu Recht rügt, die Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 2 GV, wonach ein Übernahmerecht des Beklagten auch im Falle der von der Klägerin ausgesprochenen berechtigten außerordentlichen Kündigung bestehen soll. Diese Regelung stellt eine gegen § 723 Abs. 3 BGB verstoßende unzulässige und damit unwirksame Kündigungsbeschränkung dar. Die Nichtigkeit der Bestimmung in Satz 2 hindert aber die geltungserhaltende Reduktion des § 14 Abs. 3 Satz 1 GV nicht. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Regelung in Satz 2 ohne weiteres vom Inhalt des übrigen Gesellschaftsvertrages getrennt werden und führt nicht zur Anstößigkeit der gesamten Kündigungsregelungen.

    4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Berechnung der seit Vertragsbeginn abgelaufenen Zeit und damit der Länge der in Anspruch genommenen Kündigungsfrist auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und nicht auf den des Eintritts der Kündigungswirkungen (31. Dezember 2004) abgestellt hat. Zwar trifft es zu, dass der hinausgekündigte Gesellschafter nicht durch die Kündigungserklärung, sondern erst durch deren Wirksamwerden vom Verlust seiner Gesellschafterstellung und damit in seiner wirtschaftlichen Existenz betroffen wird. Die Befristung eines freien Hinauskündigungsrechts dient jedoch nicht dazu, den Gesellschafter vor diesen mit jeder Kündigung verbundenen Folgen zu schützen. Zweck der zeitlichen Begrenzung ist allein, die Zeit angemessen zu begrenzen, in der der neu eintretende Gesellschafter möglicherweise deshalb nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt, weil er eine ordentliche Kündigung vermeiden will (BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217). Dieses "Damoklesschwert" schwebt aber nur bis zum Ausspruch der Kündigung über dem Neugesellschafter.

    5. Ebenfalls erfolglos wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es im Hinblick auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die aus der Überschreitung der höchstzulässigen Kündigungsfrist folgende Unwirksamkeit der Kündigung des Beklagten vom 12. Dezember 2003 zu berufen.

    Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht nicht in dem Berufen der Klägerin auf die Sittenwidrigkeit der verfristeten Kündigung eine Treuwidrigkeit gesehen, sondern - zu Recht - darin, dass sie eine zu ihren Gunsten formal bestehende Rechtsposition unter Verstoß gegen Treu und Glauben ausnutzt, wenn sie sich darauf beruft, bei Zugang der Kündigung sei die dreijährige Prüfungsfrist abgelaufen gewesen.

    Aus dem Schreiben des Beklagten vom 10. Februar 2003 ging für die Klägerin unmissverständlich hervor, dass der Beklagte fest zur Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt, dem 31. Dezember 2004, entschlossen war, und dass er lediglich aus Rücksichtnahme auf sie nicht bereits zu diesem Zeitpunkt, was ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Kündigung ausgesprochen hat. Er wollte es ihr einerseits ermöglichen, aus einer ungekündigten Stellung heraus und damit unter für sie besseren Voraussetzungen ihre weitere berufliche Zukunft zu planen. Zudem wollte er durch eine sofortige Kündigung nicht den Weg für eine ihm damals möglich erscheinende einverständliche Lösung versperren. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass die Regelung über sein zehnjähriges Übernahmerecht wirksam war und er deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht kündigen müsse, wollte er sein Übernahmerecht wahren. Hätte er zum damaligen Zeitpunkt damit gerechnet, dass er lediglich innerhalb einer Frist von drei Jahren die Klägerin unter Wahrung seiner Übernahmemöglichkeit hinauskündigen könnte, hätte er die Kündigung fristgerecht ausgesprochen. Die Klägerin handelt treuwidrig, wenn sie diese für sie ersichtlich auf einem Entgegenkommen des Beklagten beruhende Rechtsposition aus der Verfristung der Kündigung ausnutzen will.

    6. Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe unzulässigerweise über ihren mit der Eventualanschlussberufung verfolgten Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots in § 17 Abs. 1 GV nicht entschieden. Da das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Beklagten, bereits im Schreiben vom 10. Februar 2003 habe eine wirksame Kündigung gelegen, nicht gefolgt ist, sondern den Hauptantrag der Klägerin mit anderer Begründung abgewiesen hat, musste es über die nur für diesen Fall gestellten, gestuften Hilfsanträge der Klägerin keine Entscheidung (mehr) treffen.

    a) Anders als der Beklagte meint, ist die Klägerin jedoch nicht schon durch das rechtskräftige Ergänzungsurteil des Berufungsgerichts (§ 321 ZPO) vom 26. Januar 2006 daran gehindert, diese Rüge im vorliegenden Verfahren zu erheben. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 321 ZPO ist, dass das Gericht versehentlich einen Anspruch übergangen hat. Hat hingegen, wie hier, das Berufungsgericht bewusst keine Entscheidung über den nach Ansicht der Klägerin gestellten Hilfsantrag getroffen, wäre dies, wenn dies rechtsfehlerhaft wäre, nur mit der Revision angreifbar und könnte nicht Gegenstand eines Ergänzungsurteils nach § 321 ZPO sein (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2005 - V ZR 230/04, NJW 2006, 1351, 1352; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 321 Rdn. 2, 4 m.w.Nachw.). Seinem Inhalt nach ist das Urteil vom 26. Januar 2006 daher kein "Ergänzungsurteil", sondern besagt nur, dass das Berufungsgericht das angegriffene, dem hiesigen Revisionsverfahren zugrunde liegende Urteil für "vollständig", also nicht ergänzungsbedürftig hält (s. zu einem vergleichbaren Fall BGH, Urt. v. 27. November 1979 - VI ZR 40/78, NJW 1980, 840). Dann kann die Klägerin mit der Revision gegen das vorliegende Urteil rügen, ihr Antrag sei zu Unrecht nicht beschieden worden.

    b) Der Revision ist auch darin zuzustimmen, dass grundsätzlich der wegen Zuerkennung des Hauptantrags nicht beschiedene erstinstanzliche Hilfsantrag der klagenden Partei allein durch die Rechtsmitteleinlegung der beklagten Partei Gegenstand des Berufungsverfahrens wird und dass der Kläger insoweit nicht darauf verwiesen werden kann, diesen erst im Wege einer Eventualanschließung zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen (Sen.Urt. v. 20. September 2004 - II ZR 264/02, NJW-RR 2005, 220, 221).

    aa) So liegt der Fall hier aber nicht. Die Klägerin hat ihren erstinstanzlichen Hilfsantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots, über den das Landgericht nicht entschieden hat, ausdrücklich zum gestuften Hilfsantrag ihrer Eventualanschließung und damit in einer der Auslegung nicht zugänglichen Weise deutlich gemacht, dass über ihn in der Berufungsinstanz nur dann entschieden werden sollte, wenn das Berufungsgericht sich der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, bereits im Schreiben vom 10. Februar 2003 eine wirksame Kündigung des Gesellschaftsvertrages sehen und zudem § 14 Abs. 3 Satz 1 GV nicht für nichtig halten sollte. Das ausdrückliche Stellen dieses gestuften Hilfsantrags würde ins Leere gehen, wenn die Klägerin ihn bereits als in der Berufungsinstanz allein durch die Berufung des Beklagten angefallen gewertet und eine Entscheidung über ihn in jedem Fall gewollt hätte.

    bb) Anders als die Revision meint, vermag der Senat auch einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 139 ZPO in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht - ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung - mit den Parteien nicht nur die Frage der Zulässigkeit des Hauptantrags der Klägerin, sondern im Anschluss daran - vor Antragstellung - die Sach- und Rechtslage mit den Parteien ausführlich erörtert hat. Die Revision zeigt nicht auf, und auch ansonsten ist hierfür nichts ersichtlich, dass das Berufungsgericht dabei nicht ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es zu Lasten der Klägerin entscheiden wird. In dieser Situation musste sich dem Bevollmächtigten der Klägerin aufdrängen, dass das Berufungsgericht über die mit der Eventualanschlussberufung verfolgten Anträge nicht mehr entscheiden würde. Er hätte der prozessualen Situation Rechnung tragen und die Eventualanschließung fallen lassen müssen, um auf diese Weise eine Entscheidung des Berufungsgerichts über den damit in der Berufungsinstanz angefallenen Hilfsantrag herbeizuführen. Eines Hinweises des Berufungsgerichts nach § 139 ZPO auf diese sich aufdrängenden prozessualen Folgen bedurfte es dazu nicht.

    c) Der Feststellungsantrag der Klägerin hätte im Übrigen auch keinen Erfolg gehabt, da das Wettbewerbsverbot in § 17 Abs. 1 GV wirksam ist (s. oben II 3 c, bb).

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 138 BGB §§ 705 ff.