27.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212458
Bundesgerichtshof: Urteil vom 15.10.2019 – VI ZR 105/18
Zur Anwendung eines nicht allgemein anerkannten, den Korridor des medizinischen Standards verlassenden Behandlungskonzepts und zum Umfang der hierfür erforderlichen Aufklärung des Patienten.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2019 durch die Richterin von Pentz als Vorsitzende, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff sowie den Richter Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. September 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung im Zusammenhang mit einer Bandscheibenoperation auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
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Die im Jahr 1961 geborene Klägerin litt seit zwei Verkehrsunfällen in den Jahren 1993 und 1998 unter immer wieder auftretenden Nacken- und Schulterschmerzen mit Kribbelparästhesien in den Armen. Im April 2003 diagnostizierte der Orthopäde Dr. H. nach Durchführung einer Kernspintomographie einen Bandscheibenvorfall im Segment C5/C6. Die Klägerin wurde in der Folgezeit, insbesondere in einer Schmerzklinik, konservativ behandelt. Mitte November 2003 bestätigte der Orthopäde Dr. L. die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls im Segment C5/C6 und empfahl für den Fall persistierender Beschwerden und weiterbestehenden Myelonkontakts eine operative Therapie. Der von der Klägerin aufgesuchte Neurologe Dr. A. empfahl eine Operation zur Fixierung des Segmentes C5/C6. Am 2. Dezember wandte sich die Klägerin an den im Krankenhaus der Beklagten tätigen Neurochirurgen Dr. M. Dieser diagnostizierte ein Cervikalsyndrom und eine Cervikobrachialgie links, einen Bandscheibenschaden C4/C5 und einen Bandscheibenvorfall C5/C6. In dem Bericht heißt es u.a.:"Aufgrund der chronischen, therapieresistenten Beschwerden empfehle ich eineHWS-Operation von ventral in Höhe C4/C5 und C5/C6. Über diese Möglichkeithabe ich mit der Patientin gesprochen. Es wird mit einer wesentlichen Besserung ihrer Beschwerden nach dieser OP gerechnet."Mitte Januar 2004 unterzog sich die Klägerin im Krankenhaus der Beklagten einer Operation der Halswirbelsäule, bei der eine Fusion der Segmente C4/C5 und C5/C6 durch Plattenverschraubung erfolgte. Durchgeführt wurde die Operation von Dr. M. Die Klägerin litt auch in der Folgezeit unter erheblichen Beschwerden, weshalb sie am 9. Mai 2004 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beantragte. Im sozialmedizinischen Gutachten vom 18. Mai 2004 wurde ein Cervikobrachialsyndrom als Postdiskektomiesyndrom diagnostiziert. Seit dem 1. August 2004 erhält die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Jahr 2007 wurde ein Bruch dreier Schrauben im Halswirbel C4 beidseits und im Halswirbel C6 links festgestellt. Aufgrund einer Gefügelockerung wurde die Klägerin am 1. März 2011 erneut operiert.
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Die Klägerin macht geltend, die Operation sei nicht indiziert gewesen. Dies gelte insbesondere für die Fusion des Segmentes C4/C5, das keinen operationswürdigen Befund aufgewiesen habe. Außerdem sei sie über die Risiken des Eingriffs, über Behandlungsalternativen und die fehlende Notwendigkeit der Fusion auch des Segmentes C4/C5 nicht aufgeklärt worden.
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Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin weder vertragliche noch deliktische Schadensersatzansprüche zu. Die Beklagte hafte nicht wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung. Angesichts des auf zwei MRT-Aufnahmen dokumentierten Bandscheibenvorfalls im Segment C5/C6 und des bestehenden neurologischen Defizits sei die Operation hinsichtlich dieses Segmentes indiziert gewesen.
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Für die Erstreckung der Bandscheibenoperation auf das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 habe eine relative Indikation bestanden. Der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend dargelegt, dass die Einbeziehung dieses Segmentes bei hinreichender Information des Patienten nicht behandlungsfehlerhaft gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Einbeziehung zwar invasiv und nicht indiziert gewesen, da auf den präoperativen Aufnahmen keine Kompression nervaler Strukturen ersichtlich sei. Es habe nicht dem medizinischen Standard entsprochen, die Operation auf das symptomlose Segment C4/C5 zu erstrecken. Ein solches Vorgehen werde mehrheitlich von Neurochirurgen abgelehnt. Bei einer Fusionierung auch des Segmentes C4/C5 werde die entsprechende stärkere Belastung auf dessen Nachbarsegment C3/C4 weitergegeben; es stelle sich insoweit das Problem der Anschlussdegeneration. Allerdings gebe es eine Mindermeinung, für die allein ein bildmorphologischer Befund die Indikation für die Einbeziehung eines symptomlosen Segmentes in eine Bandscheibenoperation ergeben könne. Die Vertreter der Mindermeinung leiteten die Operationsindikation in Anbetracht der aufgrund der Fusion zu erwartenden zukünftigen Belastung des Nachbarsegmentes aus bereits vorhandenen degenerativen Veränderungen ab. Es handle sich hierbei um ein individuelles Konzept entgegen gängiger Behandlungsweise.
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Die Mindermeinung hätte auch in einem Fall wie dem der Klägerin die Auffassung vertreten, das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 mit zu operieren. Denn die präoperativ bei der Klägerin gefertigten Aufnahmen zeigten im Segment C4/C5 ein diskret verändertes Signalverhalten des Bandscheibengewebes sowie eine Vorwölbung von Bandscheibengewebe als Zeichen einer beginnenden Degeneration. Es habe zwar nicht dem medizinischen Standard entsprochen, die Operation prophylaktisch auf dieses Segment zu erstrecken. Das Vorgehen könne aber nicht als eindeutig fehlerhaft eingestuft werden, da es in Absprache mit dem Patienten gerechtfertigt werden könne. Ihm gegenüber müsse der prophylaktische Charakter der Maßnahme eindeutig dargestellt werden und er müsse darauf hingewiesen werden, dass es bei einer Einbeziehung des Nachbarsegmentes künftig zu Problemen in den weiter anliegenden Nachbarsegmenten kommen könne. Der Senat sei davon überzeugt, dass die Klägerin von dem Neurochirurgen Dr. M. hinreichend über den präventiven Charakter des bisegmentalen Vorgehens informiert worden sei. Die Operation sei behandlungsfehlerfrei durchgeführt worden.
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Die Beklagte hafte auch nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Aufklärung. Das Landgericht habe unter einer den Senat überzeugenden, gemäß § 529 Abs. 1 ZPO bindenden Würdigung der Beweise festgestellt, dass Dr. M. die Klägerin vor der Operation inhaltlich hinreichend aufgeklärt habe; er habe insbesondere darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung des symptomlosen Segmentes C4/C5 einen präventiven Charakter habe und der Vermeidung des möglichen Auftretens von Symptomen an diesem degenerierten Segment gedient habe.
II.
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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 253 BGB nicht verneint werden.
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1. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Senat an einer Sachentscheidung allerdings nicht bereits deshalb gehindert, weil das Berufungsgericht den Berufungsantrag der Klägerin nicht wiedergegeben hat. Ohne die Wiedergabe der Anträge leidet das Berufungsurteil zwar regelmäßig an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14, VersR 2016, 1194 Rn. 7; vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, juris Rn. 10; vom 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16, VersR 2017, 1014 Rn. 7; BGH, Urteil vom 19. Juli 2017 - VIII ZR 3/17, juris Rn. 8, jeweils mwN). Die ausdrückliche Wiedergabe der Anträge ist jedoch entbehrlich, wenn sich dem Gesamtzusammenhang der Gründe das Begehren des Berufungsführers noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16, VersR 2017, 1014 Rn. 7; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - II ZR 21/12, WM 2014, 217 Rn. 18 mwN).
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Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das Berufungsgericht hat wegen des Sach- und Streitstands auf das landgerichtliche Urteil "einschließlich der dort gestellten Anträge sowie der getroffenen Feststellungen" Bezug genommen. Darüber hinaus hat es ausgeführt, dass das Landgericht die Klage abgewiesen habe und die Klägerin mit der Berufung ihre erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens in vollem Umfang weiterverfolge, während die Beklagte das angefochtene Urteil verteidige und Zurückweisung der Berufung beantrage. Bei dieser Sachlage bedurfte es einer Mitteilung des erstinstanzlichen Begehrens der Klägerin entgegen der Auffassung der Revision nicht. Dieses ergibt sich aus den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts.
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2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet aber die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Entscheidung des für die Beklagte tätig gewordenen Neurochirurgen Dr. M., in die Fusion des von einem Bandscheibenvorfall betroffenen Segmentes C5/C6 auch das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 einzubeziehen, sei nicht als behandlungsfehlerhaft zu qualifizieren. Die Beurteilung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und revisionsrechtlicher Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich (Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 55/05, BGHZ 172, 1 Rn. 17 - Medikament gegen Epilepsie; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 7 f.). Das Berufungsgericht ist jedoch von einem fehlerhaften Sorgfaltsmaßstab ausgegangen. Es hat die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Anwendung einer Außenseitermethode aus dem Blick verloren.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat Dr. M. bei der Klägerin ein nicht allgemein anerkanntes Behandlungskonzept angewandt. Bei der Praxis, in die Fusion des von einem Bandscheibenvorfall betroffenen Segmentes auch ein symptomloses Nachbarsegment einzubeziehen, handle es sich um ein "individuelles Konzept entgegen gängiger Behandlungsweise", das nicht dem medizinischen Standard entsprochen habe und nur von einer Mindermeinung angewandt werde.
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b) Wie das Berufungsgericht im Ausgangpunkt zutreffend angenommen hat, stellt die Anwendung eines nicht allgemein anerkannten, den Korridor des medizinischen Standards verlassenden Behandlungskonzepts nicht ohne weiteres einen Behandlungsfehler dar (vgl. Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - VI ZR 323/04, BGHZ 168, 103 Rn. 6 - Robodoc; vom 27. März 2007 - VI ZR 55/05, BGHZ 172, 1 Rn. 11 - Medikament gegen Epilepsie; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 35/06, BGHZ 172, 254 Rn. 12 - Racz-Katheter; vom 30. Mai 2017 - VI ZR 203/16, VersR 2017, 1142 Rn. 6 - Störfeldbeseitigung). Denn die Therapiewahl ist primär Sache des Arztes, dem die Rechtsprechung bei seiner Entscheidung grundsätzlich einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Der Arzt ist bei der Wahl der Therapie insbesondere nicht stets auf den jeweils sichersten therapeutischen Weg festgelegt (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 - VI ZR 35/06, BGHZ 172, 254 Rn. 13; vom 7. Juli 1987 - VI ZR 146/86, VersR 1988, 82, juris Rn. 6; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 35; Laufs in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 3 Rn. 14 ff.; Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl., Kapitel X Rn. 83 ff.; Katzenmeier, NJW 2006, 2738, 2739).
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c) Das Berufungsgericht hat aber nicht hinreichend in den Blick genommen, dass eine nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nur dann angewendet werden darf, wenn eine verantwortliche medizinische Abwägung unter Vergleich der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und zu vermutenden Nachteile mit der standardgemäßen Behandlung unter Berücksichtigung des Wohles des Patienten die Anwendung dieser Methode rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juni 2006 - VI ZR 323/04, BGHZ 168, 103 Rn. 6; vom 27. März 2007 - VI ZR 55/05, BGHZ 172, 1 Rn. 11, 17 f.; vom 30. Mai 2017 - VI ZR 203/16, VersR 2017, 1142 Rn. 7 - Störfeldbeseitigung; Laufs, Arztrecht, 5. Aufl., Rn. 484, 486, 511, 673, 690, 693; ders. in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 3 Rn. 17; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 310 f.; ders. in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl., Rn. X 94 ff.). Höhere Belastungen oder Risiken für den Patienten müssen in den Besonderheiten des konkreten Falles oder in einer günstigeren Heilungsprognose eine sachliche Rechtfertigung finden (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 - VI ZR 35/06, BGHZ 172, 254, Rn. 13; vom 7. Juli 1987 - VI ZR 146/86, VersR 1988, 82, juris Rn. 6; Staudinger/Hager (2009) BGB § 823 Rn. I 39; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 311; ders. in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Aufl., Rn. X 94 ff.; Spickhoff, MedR 2008, 89, 90; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 35; Pauge/Offenloch, Arzthaftungsrecht, 14. Aufl., Rn. 201; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 6. Auflage Rn. 115).
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d) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Statt die Entscheidung des für die Beklagte tätig gewordenen Neurochirurgen Dr. M., die Fusionsoperation auf das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 zu erstrecken, anhand des soeben aufgezeigten Maßstabs auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1987 - VI ZR 88/86, VersR 1987, 770, juris Rn. 12), hat es die Wahl dieses nicht allgemein anerkannten Behandlungskonzepts rechtsfehlerhaft allein deshalb für zulässig gehalten, weil die Klägerin über den präventiven Charakter des bisegmentalen Vorgehens informiert worden sei. Dementsprechend hat es auch nicht die für die Beurteilung der Frage erforderlichen Feststellungen getroffen, wie der Vorteil des bisegmentalen Vorgehens - die Vermeidung der Gefahr einer stärkeren Belastung des Segmentes C4/C5 - im Verhältnis zu den damit einhergehenden Nachteilen - etwa den aufgrund der Fusionierung eines zusätzlichen Segmentes abzusehenden Problemen in den weiter anliegenden Nachbarsegmenten - im vorliegenden Fall zu gewichten ist. Wie das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, hatte der Sachverständige diese Probleme dahingehend näher beschrieben, dass die Belastung für die weiteren Nachbarsegmente erhöht werde, weshalb es zu einer Anschlussdegeneration kommen könne. Durch die Ausdehnung der Operation auf das Nachbarsegment werde die Statik in größerem Maße verändert. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hatte auch die von der Haftpflichtversicherung der Beklagten beauftragte Privatgutachterin Prof. Dr. S., deren Ausführungen sich die Klägerin in den Vorinstanzen zu Eigen gemacht hat, auf die durch die bisegmentale Fusion hervorgerufene vermehrte Belastung der angrenzenden Segmente, die zu einer Anschlussmorbidität mit vorzeitiger Degeneration führen könne, hingewiesen und als mögliche weitere Folgen Nacken-/Hinterkopfschmerzen und Bewegungseinschränkungen angegeben.
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Zwar hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Sachverständige gehe davon aus, dass der Operateur im Streitfall aufgrund des intraoperativen Befundes zu der Einschätzung gekommen sei, dass bei einer Fusionierung von C5/C6 das Risiko für das Nachbarsegment C4/C5 höher gewesen sei als das für die weiteren Nachbarsegmente; es sei nicht unüblich, dass man das Ausmaß der Operation vom intraoperativen Befund abhängig mache und man das Vorgehen nicht allein aufgrund des bildmorphologischen Befundes bestimme. Hiermit hat das Berufungsgericht aber nicht die Feststellung getroffen, dass der Operateur tatsächlich zu dieser Einschätzung gekommen ist und kommen durfte. Denn es hat im unmittelbaren Anschluss unter Bezugnahme auf die weiteren Ausführungen des Sachverständigen festgestellt, dass nur eine intraoperativ festgestellte Instabilität ein bisegmentales Vorgehen rechtfertige. Eine solche Instabilität ergebe sich aus dem Operationsbericht jedoch nicht; die im Bericht beschriebene Degeneration reiche für die Indikation nicht aus. Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auch nicht auf intraoperativ festgestellte Befunde, sondern darauf gestützt, dass nach der Mindermeinung allein der bildmorphologische Befund einer beginnenden Degeneration als Indikation für die prophylaktische Fusion eines symptomlosen Nachbarsegmentes genüge.
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3. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch eine Haftung der Beklagten wegen unzureichender Aufklärung nicht verneint werden. Wie die Revision zu Recht beanstandet, hat das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an die Aufklärung des Patienten bei der Wahl einer Außenseitermethode gestellt.
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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats erfordert die Anwendung einer nicht allgemein anerkannten Methode zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten dessen Aufklärung über das Für und Wider dieser Methode. Dem Patienten müssen nicht nur die Risiken und die Gefahr eines Misserfolges des Eingriffs erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff (noch) nicht medizinischer Standard ist. Der Patient muss wissen, auf was er sich einlässt, um abwägen zu können, ob er die Risiken einer (eventuell nur relativ indizierten) Behandlung im Hinblick auf deren Erfolgsaussichten und auf seine Befindlichkeit vor dem Eingriff eingehen will (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 - VI ZR 35/06, BGHZ 172, 254 Rn. 24 - Racz-Cocktail; vom 27. März 2007 - VI ZR 55/05, BGHZ 172, 1 Rn. 31 f. - Medikament gegen Epilepsie).
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b) Das Berufungsgericht hat im Widerspruch hierzu eine Aufklärung über den präventiven Charakter des - in der konkreten Behandlungssituation nur von einer Mindermeinung befürworteten - bisegmentalen Vorgehens ausreichen lassen; eine Aufklärung über die mit der Anwendung dieser Behandlungsmethode verbundenen Nachteile sowie darüber, dass diese Methode nicht dem medizinischen Standard entspricht, hat es dagegen rechtsfehlerhaft für entbehrlich gehalten. Es hat dementsprechend keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin vor dem Eingriff darüber aufgeklärt worden ist, dass die Erstreckung der Fusionsoperation auf das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 zu einer erhöhten Belastung für die weiteren Nachbarsegmente führt und es zu Anschlussdegenerationen kommen kann. Es hat auch nicht festgestellt, dass die Klägerin darauf hingewiesen worden ist, dass die Fusion des symptomlosen Nachbarsegmentes dem medizinischen Standard zuwiderlief.
III.
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Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien in der Revisionsinstanz zu befassen.
von Pentz
Offenloch
Oehler
Roloff
Allgayer
Von Rechts wegen