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  • 29.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113274

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 11.08.2009 – VI B 46/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    VI B 46/08

    Gründe
    Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

    Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838; vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45; vom 10. Oktober 2007 VI B 33/07, BFH/NV 2008, 44). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28). Davon ist hier auszugehen.

    a)

    Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH-Urteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661; vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534).

    Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Arbeitnehmerbegriff sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Hierzu hat der BFH im Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz. Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (BFH-Beschlüsse vom 9. September 2003 VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42; vom 9. November 2004 VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347; vom 16. November 2006 VI B 74/06, BFH/NV 2007, 235; BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426; jeweils m.w.N.).

    b)

    Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbständig oder unselbständig erbringen. Ob das eine oder das andere im Einzelfall zutrifft, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse; insbesondere danach, ob wahlärztliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden (BFH-Urteil vom 5. Oktober 2005 VI R 152/01, BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94 [BFH 05.10.2005 - VI R 152/01]). Bei der danach erforderlichen Gewichtung und Abwägung der für und gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Merkmale ist daher u.a. bedeutsam, ob die Tätigkeit zur Erbringung der wahlärztlichen Leistungen zu den dem Krankenhausträger vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben gehört, ob der Arzt nach dem Dienstvertrag --mit Ausnahme der rein ärztlichen Tätigkeit-- den Weisungen des Krankenhausträgers unterliegt, ob der Chefarzt hinsichtlich der Erbringung der wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist und inwieweit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko vorliegen bzw. fehlen (vgl. dazu Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Verfügung vom 24. April 2006, Deutsches Steuerrecht 2006, 1041).

    c)

    Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung von den genannten Grundsätzen ausgegangen. Das Finanzgericht (FG) hat nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entschieden. Es ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Honorareinnahmen für wahlärztliche Leistungen als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren waren. Diese Würdigung des FG ist möglich. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; der Senat ist daran gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden (BFH-Urteil in BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94 [BFH 05.10.2005 - VI R 152/01], am Ende).

    d)

    Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Frage aufwirft, "ob und inwieweit die der Durchführung wahlärztlicher Leistungen zu Grunde liegende Rechtsnatur des Krankenhausaufnahmevertrages zwischen dem jeweiligen Krankenhausträger und dem jeweiligen Privatpatienten allein ausschlaggebend für die steuerliche Einordnung der darauf beruhenden Einnahmen des liquidationsberechtigten Chefarztes ist oder ob demgegenüber allein --im Innenverhältnis-- die Zuordnung der wahlärztlichen Tätigkeiten zu den Dienstaufgaben des jeweiligen Chefarztes für die steuerliche Einordnung der jeweiligen Einnahmen als selbständige und unselbständige Einkünfte ausschlaggebend ist", rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision. Denn ob im Einzelfall der Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist, entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. In diesem Zusammenhang ist zwar von besonderer, aber nicht ausschlaggebender Bedeutung, ob die wahlärztlichen Leistungen zu den vertraglichen Dienstaufgaben des Chefarztes gehören. Vielmehr kommt es auch dann, wenn dies --wie im Streitfall-- im Einzelfall zu bejahen ist, auf die Gewichtung und Abwägung aller (übrigen) für und gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Kriterien an. Davon ist auch das FG Düsseldorf in seiner vom Kläger zitierten Entscheidung vom 22. Oktober 2007 3 V 1703/07 A (L) ausgegangen.

    RechtsgebieteEStG, LStDV, FGOVorschriften§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG § 51 Abs. 1 Nr. 1a EStG § 1 Abs. 2 S. 1, 2 LStDV § 118 Abs. 2 FGO