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  • 08.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103284

    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 18.03.2010 – L 9 KR 280/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    L 9 KR 280/08
    Tenor
    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die
    Klägerin 5.927,11 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2004 zu zahlen.
    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 5.927,11 Euro.
    Der bei der Beklagte krankenversicherte F leidet seit 1990 unter schubförmig progredienter Multipler Sklerose. F. befand sich vom 17. Dezember 2001 bis zum 21. Dezember 2001 und danach im Zeitraum 14. Februar 2002 bis 1. März 2003 insgesamt achtmal in jeweils zweitägiger stationärer Behandlung bei der Klägerin (Abteilung für Neurologie). Zur Behandlung seiner Erkrankung erhielt er dort die intravenöse Gabe von Cyclophosphamid (Handelsname: Endoxan). Als „Aufnahmegrund“ ist im ersten Aufnahmebogen „Endoxan-Therapie“ notiert; auch in den Folgeintervallen erfolgte die Überweisung durch den behandelnden Neurologen Dr. H und die stationäre Aufnahme zur Fortsetzung der Endoxan-Therapie. Arzneimittelrechtlich ist Cyclophosphamid als Zytostatikum für die Therapie verschiedener Krebserkrankungen, nicht aber zur Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen.
    Für diese acht Behandlungsintervalle stellte die Klägerin der Beklagten insgesamt 5.927,11 Euro in Rechnung, die diese zunächst beglich.
    Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich der Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK, Dr. S) mit Gutachten vom 9. September 2003 erstmals zur Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung. Diese sei ausschließlich zur Sicherstellung einer nicht zugelassenen Therapie erfolgt. Eine akute Verschlechterung der Multiplen Sklerose, welche der besonderen Mittel des Akutkrankenhauses bedurft hätte, sei nicht ersichtlich. Es seien keine medizinischen Aspekte erkennbar, weshalb eine spezialisierte ambulante Behandlung nicht ausreichend gewesen wäre.
    Mit Schreiben vom 22. September 2003 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass die Behandlungskosten nicht hätten beglichen werden dürfen; es werde um Rückerstattung von 5.927,11 Euro gebeten. Mit Schreiben vom 2. April 2004 erinnerte die Beklagte die Klägerin an die Erstattungsforderung und teilte mit, dass der bereits gezahlte Betrag von laufenden Rechnungen abgesetzt werde, sofern bis zum 22. April 2004 keine Antwort eingehe. Nachdem eine Erstattung nicht erfolgt war, rechnete die Beklagte am 14. Mai 2004 in Höhe von 5.927,11 Euro mit Forderungen der Klägerin auf, die aus der Behandlung der Patienten M, S, Z und R (insgesamt 6.429,31 Euro) resultierten.
    Mit Schreiben vom 26. Mai 2004 begründete die Chefärztin der Abteilung für Neurologie im Hause der Klägerin, Prof. Dr. H, die Behandlung des F. mit Cyclophosphamid. Die Beklagte hielt jedoch an ihrem Standpunkt fest, nachdem Dr. S sich für den MDK am 2. Juli 2004 erneut dahingehend geäußert hatte, dass ein Erfolg der Behandlung mit Cyclophosphamid nicht belegt sei.
    Am 5. Januar 2006 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 5.927,11 Euro für die Behandlung der Patienten M, S, Z und R erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgebracht: Es fehle schon an einer Aufrechnungserklärung der Beklagten. Auch bestehe kein Rückforderungsanspruch. Die Behandlung mit Cyclophosphamid sei aufgrund des konkreten Therapieverlaufs bei F. und angesichts von dessen gravierendem Leiden indiziert gewesen und entspreche auch den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und den Leitlinien zur Therapie der Multiplen Sklerose. Der klinische Zustand des F. sei durch eine schwere Behinderung mit hochgradiger Ataxie und schwerster spastischer Paraparese der Beine geprägt gewesen. Eine ambulante Therapie mit Cyclophosphamid sei bei einem Patienten dieses Schweregrades nicht möglich. Der Patient müsse liegend und gut fixiert infusioniert werden, um Paravasate des Zytostatikums zu verhindern. Aufgrund der Kontinenzprobleme sei dies unter den Bedingungen einer onkologischen Praxis (nur eine solche sei im ambulanten Bereich überhaupt geeignet) nicht durchführbar. Zudem müsse zum Blasenschutz des Versicherten Uromitexan verabreicht werden. Auch dies sei bei nicht mobilen Patienten im ambulanten Bereich nicht möglich. Maßgeblich für die Notwendigkeit der stationären Therapie sei damit nicht die aktuelle Krankheitsaktivität, sondern das Versagen aller anderweitigen Therapieversuche in Verbindung mit dem Aufwand, den die aggressive Therapie mit Cyclophosphamid mit sich bringe. Ergänzend nimmt die Klägerin Bezug auf eine Stellungnahme der Chefärztin Prof. Dr. H vom 17. Juli 2007, in der diese neuere Literatur zur Indikation der Behandlung mit Cyclophosphamid auswertet.
    Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat sich insoweit auf Stellungnahmen des MDK (Dr. S) vom 21. Juni 2006, 28. November 2006 und vom 2. April 2007 gestützt. Danach hätten die kurzen stationären Aufenthalte des F. weder in Zusammenhang mit einem Krankheitsschub noch mit einer ambulant nicht beherrschbaren Therapie gestanden. Zur klinisch relevanten Wirksamkeit von Cyclophosphamid in der Behandlung der Multiplen Sklerose lägen keine ausreichend validen Ergebnisse aus geeigneten Studien vor. Die Anwendung von Cyclophosphamid bei der Erkrankung des F. könne daher nur innerhalb einer klinischen Studie empfohlen werden.
    Mit Urteil vom 23. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die stationäre Krankenhausbehandlung des F. sei nicht aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen. Sie sei nur erfolgt, um eine für die Multiple Sklerose im ambulanten Bereich nicht zugelassene Behandlung durchführen zu können. Nach Aktenlage wäre eine Krankenhausbehandlung nicht erfolgt, wenn Cyclophosphamid nicht verabreicht worden wäre. Das Vorbringen der Klägerin, Cyclophosphamid könne nicht ambulant verabreicht werden, sei unerheblich, denn im ambulanten Bereich handele es sich um unstatthaften Off-Label-Use. Eine Aufrechnungserklärung liege im Schreiben der Beklagten vom 2. April 2004.
    Gegen das ihr am 19. Mai 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Juni 2008 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt: In der Behandlung des F. mit Cyclophosphamid liege ein statthafter Off-Label-Use. Sämtliche anderweitigen Therapiemöglichkeiten, insbesondere diejenige mit Mitoxantron, seien ausgeschöpft gewesen. Aufgrund der Datenlage habe auch hinreichende Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestanden. Zwar gebe es keine klinische Studie der Phase III, doch bestehe in Fachkreisen ausreichender Konsens über den Nutzen des Arzneimittels. Eine ambulante Behandlung des F. mit Cyclophosphamid sei aufgrund der Kompliziertheit der Therapie ausgeschlossen gewesen.
    Die Klägerin beantragt,
    das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.927,11 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2004 zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.
    Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Dass die Behandlung nicht hätte ambulant erfolgen können, werde bestritten.
    Der Senat hat die Oberärztin der Abteilung Neurologie der Klägerin, Frau Dr. D, in der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2009 zum Erfordernis der stationären Therapie des F. befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
    Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der Patientenakten (acht Hefte) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
    Entscheidungsgründe
    Im Einverständnis der Beteiligten durfte der Berichterstatter an Stelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 155 Abs. 3 und Abs. 4, 124 Abs. 2 SGG).
    Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
    1. Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung der Patienten M, S, Z und R. Die hierfür insgesamt in Rechnung gestellten 6.429,31 Euro sind dem Grunde und der Höhe nach zwischen den Beteiligten unumstritten.
    Zur Aufrechnung mit einer Erstattungsforderung in Höhe von 5.927,11 Euro war die Beklagte nicht berechtigt, denn die Klägerin hatte Anspruch auf Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung des F.; sie hat die von der Beklagten entrichtete Vergütung nicht ohne Rechtsgrund erlangt.
    a) Jeder Vergütungsanspruch eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse für die stationäre Behandlung der Versicherten hängt nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch davon ab, dass die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten erforderlich ist Die Erforderlichkeit ist allein an medizinischen Maßstäben zu messen. Dafür genügt es nicht schon allgemein, dass eine ambulante Behandlungsmethode zwar den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht, aber ohne Rechtsverstoß (noch) nicht in den Leistungskatalog vertragsärztlicher, zu Lasten der Krankenkassen erbringbarer Leistungen aufgenommen worden ist In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch und gerade der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KR 11/08 R - Liposuktion -, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
    b) Der achtmalige stationäre Aufenthalt des F. bei der Klägerin war in diesem Sinne erforderlich.
    aa) Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der Gabe von Cyclophosphamid zur Therapie der Multiplen Sklerose um einen Off-Label-Use handelt. Denn während für den Bereich der ambulanten Versorgung bezüglich neuer Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gilt (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; positive Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V), ist die rechtliche Konstruktion für den stationären Bereich durch § 137c SGB V so ausgestaltet, dass neuartige Behandlungsverfahren im Rahmen einer Krankenhausbehandlung keiner besonderen Zulassung bedürfen und nur dann ausgeschlossen sind, wenn der Gemeinsame Bundesausschusses dazu eine negative Stellungnahme abgegeben hat. Der sachliche Grund für diese unterschiedliche rechtliche Behandlung besteht darin, dass der Gesetzgeber die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich geringer einstuft als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte (BSG, a.a.O., Rdnr. 14, 16). Werden in der ambulanten Versorgung ausgeschlossene Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im stationären Bereich erbracht, kommt demgemäß eine Prüfung dieser stationären Leistungen anhand der in der ambulanten Versorgung geltenden rechtlichen Maßstäbe nicht in Betracht. Da die Gabe von Cyclophosphamid zur Behandlung der Multiplen Sklerose für die stationäre Versorgung nicht ausgeschlossen war und ist, bleibt es dabei, dass ein Vergütungsanspruch der Klägerin besteht, sofern die stationäre Krankenhausbehandlung des F. medizinisch erforderlich war; auf die von den Beteiligten im Laufe des Verfahrens diskutierten Voraussetzungen des Off-Label-Use kommt es nicht an.
    bb) Für die medizinische Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung gilt folgender allgemeiner Maßstab (vgl. Bundessozialgericht, Urteile vom 16. Dezember 2008, B 1 KN 1/07 KR R und B 1 KN 3/08 KR R, zitiert nach juris): Erforderlichkeit vollstationärer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V) besteht, wenn die Aufnahme des Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus geboten ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist dabei ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt. Gleichzeitig erfordert die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch ist er stets ausreichend. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht keine Erforderlichkeit stationäre Behandlung.
    cc) Hieran gemessen ist die Erforderlichkeit der achtmaligen stationären Behandlung des F. zu bejahen, weil die Gabe von Cyclophosphamid von der Klägerin als das Mittel der Wahl angesehen werden durfte (1) und weil die intravenöse Gabe dieses Arzneimittels aus medizinischen Gründen nicht ambulant erfolgen durfte (2).
    (1) Die Behandlung des F. mit Cyclophosphamid entsprach den Regeln der ärztlichen Kunst und war keine Außenseitermethode (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 2008, B 1 KR 5/08 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 52 bis 54), wobei offen bleiben kann, ob wissenschaftlicher Konsens über diese Behandlungsmethode im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Off-Label-Einsatz von Arzneimitten bestand, denn diese Stufe muss im Rahmen der stationären Behandlung nicht erreicht sein. Die medikamentöse Therapie des F., die schon den Bereich der „Eskalationstherapie“ erreicht hatte, hatte den Einsatz von Mitoxantron ausgeschöpft (vgl. Schreiben Prof. H vom 26. Mai 2004). Gemessen an den Therapieempfehlungen zur immunmodulatorischen Stufentherapie der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG, Multiple Sklerose Therapie Konsensus Gruppe, veröffentlicht bei www.dmsg.de) durfte die Klägerin die Gabe von Cyclophosphamid erwägen. Nichts anderes ergibt sich aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie der Multiplen Sklerose.Diesen Quellen und dem von der Klägerin im Verfahren beigebrachten wissenschaftlichen Material ist zumindest zu entnehmen, dass die Eskalationstherapie mit Cyclophosphamid ein Mittel der Wahl darstellen durfte und nicht abwegig war.
    (2) Die Klägerin hat auch plausibel gemacht, dass die Gabe von Cyclophosphamid zur Vermeidung anderweitiger Risiken stationär erfolgen musste und nicht ambulant vorgenommen werden durfte.Die Oberärztin Dr. D hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 9. September 2009 schlüssig und überzeugend erklärt: Die streitige Therapie werde bei der Klägerin stationär jährlich bei geschätzt mehr als 10, jedoch weniger als 100 Patienten vorgenommen. Der Gabe von Endoxan müsse eine gründliche neurologische Untersuchung des Patienten vorangehen. Bei dem Medikament handele es sich um ein hochwirksames Toxin, das für die intravenöse Verabreichung speziell hergestellt werden müsse. Parallel zur Infundierung von Endoxan müsse zum Schutz der Blasenschleimhaut Uromitexan gespritzt werden. Die Medikamentengabe des Blasenschutzes müsse vier bzw. acht Stunden nach der Infusion wiederholt werden. Beide Medikamente, insbesondere Uromitexan, hätten erhebliche Nebenwirkungen, die häufig aufträten. Das gelte im besonderen Maße für Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose. Hier könnten insbesondere gefährliche Allergien auftreten, und zwar in einer Zeit bis zu zwölf Stunden nach der Medikamentengabe. In dieser Zeit müsse der Patient ärztlich beobachtet und pflegerisch betreut werden. Rein technisch sei die bei F. durchgeführte Applikation des Zytostatikums und des Blasenschutzes auch in einer onkologischen Fachpraxis möglich. Der Onkologe sei jedoch zu einer neurologischen Beurteilung der Erkrankung und der Therapie regelmäßig nicht in der Lage. Anders als in anderen Bereichen fachübergreifender Zusammenarbeit existierten auch zwischen Onkologen und Neurologen bei der Multiplen Sklerose keine Strukturen sowie keine fachübergreifenden Leitlinien.
    Aus alldem kann mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass die stationäre Behandlung des F. im oben definierten Sinne erforderlich war. Bis zuletzt und trotz schriftlichen richterlichen Hinweises hat die Beklagte an dem nicht tragfähigen Argument, es handele sich um nicht statthaften Off-label-use, festgehalten, ohne sich weiter zur medizinischen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung zu äußern. Angesichts dessen und angesichts der überzeugenden Erklärungen der Oberärztin in der mündlichen Verhandlung bestand kein Anlass für weitere Sachaufklärung.
    2. Der Zinsanspruch beruht auf den zwischen den Beteiligten geltenden vertraglichen Regelungen über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Krankenhausbehandlungsvertrag vom 1. November 1994, § 12 Nr. 5, ab Fälligkeitstag zwei Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank).
    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.