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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 15.12.2003 – 1 K 2187/03

    1. Der Erwerb von Carving-Ski durch einen Sportlehrer (Realschullehrer) führt auch dann nicht zu abziehbaren Werbungskosten, wenn ein zweites Paar Alpinski zur privaten Nutzung zur Verfügung steht.

    2. Bei einem Skianzug mit eingebauter Tasche zur Aufnahme eines Funkgerätes handelt es sich auch dann nicht um typische Berufskleidung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG, wenn dieser zunächst im Rahmen der Durchführung eines beruflich veranlassten Schulskikurses eingesetzt wird.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen Einkommensteuer 2000 und 2001

    hat das Finanzgericht München, 1. Senat, durch den Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 15.12.2003

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    I.

    Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Skiausrüstung als Werbungskosten in Abzug gebracht werden können.

    Der Kläger (Kl) ist von Beruf Sportlehrer an der Realschule in A. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 machte er als Arbeitsmittel u.a. folgende Aufwendungen geltend:

    DM
    Berufskleidung1.079,93
    Skiinstandhaltungsset158,22
    Skizubehör206,27
    Skirucksack152,91
    Handydetektor14,99
    Reinigung Berufskleidung331,55
    AfA Carving-Ski (Anschaffung am 11.11.00 für 1.050,10 DM)175,02
    AfA Skilehreranzug (Anschaffung am 14.1.2000 für 1.648 DM)549,33
    2.668,22


    Zugleich mit der Steuererklärung legte der Kl eine Bescheinigung seiner Schule vom 10.6.2001 (ESt-Akte 2000 Bl 61) vor, in der diese bestätigt, dass der Kl seit dem Schuljahr 2000/2001 im Rahmen des Skilagers und des „Differenzierten Sportunterrichts Ski alpin” Carving-Unterricht erteile.

    Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom 2.8.2001 ließ der Beklagte (Finanzamt – FA–) diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Begründet wurde dies damit, dass es sich insoweit um Kosten der privaten Lebensführung handele.

    Im Rahmen des Einspruchsverfahrens teilte der Kl im Schreiben vom 26.9.2001 mit, dass er sich die Carving-Ski zwangsläufig habe anschaffen müssen, weil ihm diese von der Schule nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Er selbst sei im Besitz eines Paares Alpinski, die er im Jahr 1999 erworben habe. Außerdem sei er begeisterter Skitourengänger und besitze eine entsprechende Ausrüstung. Auf der Piste fahre er eher selten. Die Carving-Ski verwende er nur während eines Schulskikurses und zur Vorbereitung darauf. Auch den Skilehreranzug habe er ausschließlich für die Durchführung von Schulskikursen erworben, da er hierfür einen speziellen Anzug benötige. Dieser sei mit einer Tasche zur Aufnahme eines Funkgerätes versehen. Außerdem habe er sich im Jahr 2000 einen neuen Skianzug für private Zwecke gekauft. Das Skiinstandsetzungsset benötige er dringend für die Pflege und Instandhaltung des Materials. Privat lasse er sich seine Ski im Fachgeschäft herrichten. Auch der Rucksack sei dienstlich erforderlich, um darin Unterrichtsmaterial und das Erste-Hilfe-Set zu transportieren.

    Im Schreiben vom 28.11.2001 teilte der Kl dem FA mit, dass er auf die Anerkennung der Carving-Ski verzichte, da der Nachweis der ausschließlichen dienstlichen Nutzung nahezu unmöglich sei. Des Weiteren übersandte er mit Schreiben vom 8.12.2002 die Belege für die geltend gemachte Berufskleidung und führte aus, dass er seine „Ausrüstung Ski alpin” privat nicht verwende. Auch die Vorbereitungsfahrten auf einen Schulskikurs seien ausschließlich dienstlich veranlasst.

    In einem weiteren Schreiben vom 1.3.2003 bat der Kl um Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen für die Carving-Ski. Diese Ski nutze er nachweislich für 2 Wochen jährlich beruflich. Hierfür benötige er einen qualitativ hochwertigen Skianzug, da er bei Wind und Wetter unterwegs sei, was auch für die Skihandschuhe zutreffe.

    Der Einspruch hinsichtlich des Streitjahrs 2000 hatte teilweise Erfolg. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung (EE) vom 16.4.2003 wurden aufgrund der vorgelegten Belege für die Berufskleidung Aufwendungen in Höhe von 573 DM und außerdem der Betrag für den Handydetektor (15 DM) als weitere Werbungskosten in Abzug gebracht. Die Einkommensteuer 2000 wurde deshalb auf 16.533 DM herabgesetzt.

    Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2001 beantragte der Kl u.a. den Abzug der folgenden Beträge als Arbeitsmittel:

    DM
    Skibrille99,90
    Skisack52,80
    AfA Carving-Ski (Ganzjahresbetrag)350,03
    AfA Skilehreranzug549,33
    1.052,90


    Im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 5.9.2002 wurden diese Aufwendungen nicht berücksichtigt. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Berufskleidung (1.261,86 DM) und für die Reinigung der Berufskleidung (331,55 DM) wurden allerdings in vollem Umfang in Abzug gebracht.

    Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen diesen Bescheid teilte das FA im Schreiben vom 6.2.2003 mit, dass es von den Aufwendungen für die Berufskleidung 524,65 DM nicht mehr anerkennen wolle und dass deshalb mit einer Heraufsetzung der Steuer zu rechnen sei. Dementsprechend wurde die Einkommensteuer im Rahmen der EE für das Jahr 2001 vom 16.4.2003 auf 15.490 DM heraufgesetzt.

    Mit der Klage wird erneut vorgetragen, dass der Kl die Carving-Skiausrüstung ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt habe. Auch im Bereich des Skisports gebe es Ausnahmen. Die Skiausrüstung eines hauptberuflichen Skilehrers sei zweifelsohne als Arbeitsmittel zu werten und deshalb abziehbar.

    Keinesfalls habe der Kl im Einspruchsverfahren angegeben, dass er das Skifahren in großem Umfang in seiner Freizeit ausübe. Dies gelte auch hinsichtlich der Vorbereitungstätigkeit auf einen bevorstehenden Schulskikurs. Der Kl habe lediglich vorgetragen, dass er begeisterter Tourengeher sei. Deshalb sei der private Nutzungsanteil der Skiausrüstung von absolut untergeordneter Bedeutung. Skireisen habe der Kl nicht unternommen. Auch habe er in den in Betracht kommenden Schulferien (Allerheiligenferien, Weihnachtsferien, Osterferien) keinen Skiurlaub gemacht, was sich aus den vorgelegten Kontoauszügen ergebe.

    Zumindest sollte im Hinblick auf eine mögliche private Nutzung in den Ferien und die unstreitig berufliche Nutzung ein anteiliger Abzug zugelassen werden.

    Mit Schriftsatz vom 31.7.2003 legte der Kl verschiedene Unterlagen vor, aus denen sich seine Teilnahme an einem Lehrgang „Planung und Durchführung einer Wintersportwoche” für Studienreferendare und Seminarlehrer in der Zeit vom 31.3.–2.4.2000 sowie Dienstfahrten hinsichtlich des „Differenzierten Sportunterrichts Ski alpin” in X, des Skilagers in Z und weiterer schulischen Veranstaltungen ergeben. Hierauf wird Bezug genommen.

    Mit Beschluss des Senats vom 22.10.2003 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

    Der Kl beantragt sinngemäß,

    den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 2.8.2001 in Gestalt der EE in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 8.013,98 Euro herabgesetzt wird und

    den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 5.9.2002 in Gestalt der EE in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 7.575,81 Euro herabgesetzt wird.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

    Gründe

    II.

    Die Klage ist nicht begründet. Das FA hat die Aufwendungen für die Skibekleidung und die Skiausrüstung zu Recht nicht als Werbungskosten in Abzug gebracht.

    Aufwendungen für Kleidung gehören grundsätzlich zu den Ausgaben für die allgemeine Lebensführung, die nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Ein Abzug scheidet auch dann aus, wenn die Aufwendungen zugleich der Förderung des Berufs dienen. Lassen sich bei gemischten Aufwendungen die den Beruf fördernden Teile allerdings nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen und sind diese nicht nur von untergeordneter Bedeutung, sind diese als Werbungskosten abziehbar. Eine solche Abgrenzbarkeit ist aber in aller Regel bei Bekleidungsaufwand und Aufwendungen zum Erwerb von Sportausrüstungen nicht gegeben.

    Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG geregelt, wonach zu den Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel gehören, worunter auch Aufwendungen für (typische) Berufskleidung fallen. Bei der typischen Berufskleidung handelt es sich um Kleidung, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufs notwendig ist, wie beispielsweise der weiße Kittel oder die weiße Hose eines Arztes, deren außerberufliche Verwendung wegen ihres rein funktionalen Charakters als ausgeschlossen erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1990 IV R 65/90, BStBl II 1991, 348).

    Liegt dagegen die Benutzung eines Kleidungsstücks als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen sind die entsprechenden Aufwendungen wegen des in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Abzugsverbots nicht absetzbar. Dies gilt auch dann, wenn diese Kleidung überwiegend oder so gut wie ausschließlich im Beruf getragen wird (vgl. BFH-Entscheidungen vom 15.10.1999 IX B 91/99, BFH/NV 2000, 428, vom 19.1.1996 VI R 73/94, BStBl II 1996, 22 zum Lodenmantel eines Forstbediensteten, und vom 20.11.1979 VI R 143/77, BStBl II 1980, 7 zum Trachtenanzug des Geschäftsführers eines im bayerischen Stil gehaltenen Restaurants). Ausnahmsweise ist bürgerliche Kleidung aber dann der typischen Berufskleidung gleichzustellen und damit abziehbar, wenn sie zwar ihrer Art nach der bürgerlichen Kleidung zuzurechnen ist, eine Verwendung zum Zwecke der privaten Lebensführung aufgrund berufsspezifischer Eigenschaften aber so gut wie ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 9.3.1979 VI R 171/77, BStBl II 1979, 59, zum schwarzen Anzug eines Kellners).

    Nach diesen Grundsätzen kann die Sportbekleidung und die sonstige Sportausrüstung eines Sportlehrers in vollem Umfang den Werbungskosten zuzurechnen sein, wenn die private Nutzung der Kleidung und der Ausrüstung von ganz untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteile vom 21.11.1986 VI R 137/83, BStBl II 1987, 22, zu Fußballstiefeln, Hallenturnschuhen und Badmintonschlägern, vom 26.8.1988 VI R 76/87, BFH/NV 1989, 292, zu Trainingsanzügen, Sportschuhen und Gymnastikausrüstung, und vom 23.2.1990 VI R 149/87, BFH/NV 1990, 765, zu Sportschuhen, Sporthemden, Trainingsanzügen und Trainingsjacke). Wird eine erworbene Sportausrüstung sowohl für berufliche als auch für private Zwecke verwendet, fällt sie dagegen unter das Abzugsverbot (BFH-Urteil vom 24.10.1974 IV R 101/72, BStBl II 1975, 47, zur Skiausrüstung eines nebenberuflich tätigen Skilehrers).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Gericht im Streitfall nicht davon überzeugt, dass der Kl die geltend gemachte Skiausrüstung (Ski, Skibekleidung und sonstige Skiausrüstung) ausschließlich beruflich genutzt hat. Mangels gegenteiligen Nachweises – die Beweislast liegt beim Kl – geht das Gericht davon aus, dass der Kl die Skiausrüstung vielmehr auch privat genutzt hat.

    In den vergangenen Jahrzehnten zählte das Skifahren, zumal im Raum A, zu den Sportarten, die saisonabhängig von großen Teilen der Bevölkerung in der Freizeit ausgeübt werden. Hierunter fällt auch das Carving-Skifahren, das sich beim alpinen Skifahren in den letzten Jahren weitgehend durchgesetzt hat. Da der Kl nach seinen Angaben im Schreiben vom 26.9.2001 neben dem Skitourengehen privat ebenfalls auf der Piste – wenngleich auch „eher selten” – Ski fährt, ist die private Nutzung der im Jahr 2000 angeschafften Carving-Ski neben der zweifelsohne gegebenen beruflichen Nutzung nicht auszuschließen.

    Der bloße Einwand des Kl, dass er zum Zwecke des privaten Skifahrens die Carving-Ski nicht und stattdessen die im Jahr 1999 angeschafften Alpin-Ski bzw. den im Jahr 2000 angeschafften weiteren Skianzug (Skijacke und Skihose) genutzt habe, ist unbehelflich. Der Besitz mehrerer Skigarnituren ist in Sportkreisen nicht unüblich. Außerdem entspricht es der Lebenserfahrung, mehrere Skigarnituren je nach Bedarf abwechselnd zu verwenden, ohne dass genau zwischen beruflicher und privater Verwendung unterschieden wird. Eine Aufteilung in berufliche und private Garnituren ist nicht möglich, weil es für die Unterscheidung von beruflichen und privaten Skigarnituren keine nachprüfbaren objektiven Merkmale und Unterlagen gibt (vgl. BFH-Urteil vom 24.10.1974 IV R 101/72, BStBl II 1975, 47). Diese für einen nebenberuflich tätigen Skilehrer erstellten Grundsätze sind nach Ansicht des Gerichts auch auf den Streitfall anwendbar, weil der Kl das Skifahren im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Sportlehrer lediglich an verhältnismäßig wenigen Tagen (ca. 2 Wochen) im Jahr ausübte.

    Demzufolge geht das Gericht davon aus, dass der Kl seine Carving-Ski je nach Pistenverhältnissen und örtlichen Gegebenheiten auch im Rahmen des privaten Skifahrens verwendete. Hierfür spricht auch seine Einlassung im Schreiben an das FA vom 1.3.2003, worin er eine Aufteilung und Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen für die Carving-Ski als Werbungskosten und dementsprechend 10 % für private Zwecke forderte und ferner die in der Klageschrift vom 16.5.2003 enthaltene Aussage über „eine möglicherweise private Nutzung” der Ski.

    Entsprechendes gilt für die im Jahr 2000 erworbene und in der Steuererklärung als „Skilehreranzug” geltend gemachte Skikleidung. Auch insoweit spricht die Lebenserfahrung für eine (abwechselnde) Nutzung des Anzugs sowohl für berufliche als auch private Zwecke neben der privaten Nutzung der im Jahr 2000 erworbenen Skijacke und Skihose. Zwar wurde vorgetragen, dass der „Skilehreranzug” eine Tasche zur Aufnahme eines beruflich genutzten Funkgerätes besitze. Eine derartige Tasche schließt aber eine private Nutzung des Anzugs nicht aus.

    Auch hinsichtlich der weiteren Ausrüstungsgegenstände (Skizubehör, Rucksack, Skibrille, Skisack) lässt sich eine ausschließliche oder nahezu ausschließliche berufliche Nutzung nicht erkennen. Dem Abzug dieser Aufwendungen als Werbungskosten steht ebenfalls das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen.

    Die Entscheidung ergeht gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, EStG § 12 Nr. 1