· Fachbeitrag · Approbation
Sprechen Sie Deutsch? - Neue Regelungen zur Anerkennung ausländischer Ärzte
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de
| Nachwuchsmangel und wirtschaftlicher Druck an vielen Kliniken bewirken, dass zunehmend ausländische Ärzte an deutschen Krankenhäusern beschäftigt werden. Wenn Chefärzte in solche Personalentscheidungen involviert sind, stellt sich häufig die Frage nach der Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse. Darf der ausländische Arzt ohne Weiteres in Deutschland tätig werden? Muss er sich noch Prüfungen unterziehen? Welche Formalia sind zu beachten? Der folgende Artikel informiert. |
Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU
Die Frage nach der generellen Arbeitserlaubnis und dem Aufenthaltstitel ist mit der örtlichen Ausländerbehörde zu klären. Für Ärzte aus EU-Staaten gilt die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit, das heißt sie benötigen keine spezielle Arbeitserlaubnis. Dies gilt seit dem 1. Januar 2014 auch für Ärzte aus den Neu-Beitrittsländern Rumänien und Bulgarien.
Nachweis und Erlangung der Approbation
Eine Approbation bedeutet die Berechtigung zur zeitlich und fachlich uneingeschränkten Ausübung der Heilkunde. Ärzte aus EU-Staaten müssen hierfür einen ärztlichen Ausbildungsnachweis aus dem Herkunftsland nachweisen. Insbesondere bei Angehörigen aus Nicht-EU-Staaten ist der erforderliche Nachweis der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes mit der bundesdeutschen Ausbildung häufig schwierig. Eine ärztliche Ausbildung etwa in den ehemaligen GUS-Staaten gilt regelmäßig nicht als gleichwertig, sodass diese Ärzte dann eine Eignungsprüfung ablegen müssen.
Neuregelungen zu Prüfungsanforderungen seit dem 1. Januar 2014
Die Inhalte für die Eignungs- und Kenntnisprüfungen wurden mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 neu geregelt. Jetzt wird noch mehr Wert auf die Überprüfung der praktischen Kompetenzen gelegt, wodurch der Gesetzgeber die Qualität der Patientenversorgung sicherstellen möchte. Die Eignungsprüfung bezieht sich auf die Fächer, in denen die zuständige Behörde wesentliche Unterschiede zur deutschen Bundesärzteordnung festgestellt hat. Diese wird nunmehr als mündlich-praktische Prüfung mit Patientenvorstellung durchgeführt. Die Kenntnisprüfung bezieht sich auf die Fächer Innere Medizin und Chirurgie.
Beide Prüfungen müssen in deutscher Sprache abgelegt werden. Spezielle Sprachtests sind nach derzeitigem Stand allerdings nicht vorgeschrieben. Hierzu ist den Bundesländern auf die Agenda gesetzt, für die Zukunft einheitliche Verfahren zur Überprüfung der Sprachkenntnisse von Ärzten aus dem Ausland zu entwickeln. In einigen Bundesländern gibt es hierzu bereits konkrete Verfahren: So müssen in NRW und Rheinland-Pfalz sogenannte Fachsprachprüfungen bei den Ärztekammern abgelegt werden.
Zur vorübergehenden Ausübung der ärztlichen Tätigkeit kann eine Berufserlaubnis erteilt werden. Hierfür genügt es, wenn der ausländische Arzt über eine abgeschlossene ärztliche Ausbildung verfügt. Anders als zur Erlangung der Approbation muss die durchlaufene Ausbildung nicht gleichwertig mit einer bundesdeutschen Ausbildung sein. Mit einer Weiterbildung zum Facharzt darf jedoch nur begonnen werden, wenn zuvor die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes durch Ablegen einer Kenntnisstandsprüfung nachgewiesen worden ist.
Bei Ärzten aus Nicht-EU-Staaten muss nach dem Gesetz ein „besonderes Interesse“ an der Erteilung der Erlaubnis dargelegt werden. Dabei kann ein öffentliches Gesundheitsinteresse zum Beispiel dann bejaht werden, wenn eine freie Planstelle über einen längeren Zeitraum trotz Ausschreibung nicht mit deutschen oder EU-Bewerbern besetzt werden konnte. Eine Erlaubnis kann durch die Behörde für bestimmte Tätigkeiten und Beschäftigungsstellen beschränkt werden. Grundsätzlich wird sie bis zu einer Gesamtdauer der ärztlichen Tätigkeit von zwei Jahren erteilt. Ausnahmen im besonderen Einzelfall oder aus Gründen der ärztlichen Versorgung sind allerdings möglich.
Vorsicht Haftungsfalle: Organisationsverschulden des Chefarztes
Gerade bei ausländischen Ärzten, die ihre Tätigkeit in der Klinik aufnehmen, trifft den Chefarzt eine besondere Überwachungspflicht bezüglich der Fach- und Sprachkenntnisse. Vor allem bei Beginn der Tätigkeit - aber auch nachfolgend - muss sich der Chefarzt regelmäßig vergewissern, ob der nachgeordnete ausländische Arzt die ihm übertragenen Aufgaben erfüllt. Bestehen hieran Zweifel, sollte ein erfahrener Arzt zur Überwachung und Kontrolle an die Seite gestellt werden. In besonderer Weise kann sich der Chefarzt Vorwürfen ausgesetzt sehen, wenn der ausländische Arzt seine Tätigkeit aufnimmt, obwohl die erforderlichen Anerkennungen und Ausbildungsnachweise nicht vorliegen oder wenn diese möglicherweise sogar gefälscht sind.
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Mit Urteil vom 19. April 2013 (Az. 7 A 908/12) hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel einer Staatsangehörigen aus Afghanistan die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes letztlich verwehrt. Das Gericht sah den Nachweis einer in Afghanistan abgeschlossenen Ausbildung für den ärztlichen Beruf nicht als erbracht an. Es zweifelte an der Echtheit der Unterlagen, da die Benotung in den Bescheinigungen des „Ministeriums für Hochschulwesen“ von dem ebenfalls vorgelegten Studienbuch abwichen. Ausdrücklich hob das Gericht in den Entscheidungsgründen hervor, dass davon auszugehen sei, dass es in Afghanistan echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichem Umfang gebe. Somit dürfe man nur begrenzt Vertrauen in den Beweiswert solcher Dokumente haben. |
PRAXISHINWEIS | Selbst wenn ausländische Ärzte im Rahmen der Bewerbung offizielle Zeugnisse und Dokumente aus ihrem Heimatland vorlegen, sollte der Chefarzt sich darauf keinesfalls „blind“ verlassen, sondern dies überprüfen. Im Interesse der eigenen Rechtssicherheit empfiehlt sich ein transparenter Umgang und eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden zusammen mit der Klinikleitung. Insbesondere bei den Landesärztekammern können Informationen zu Ausbildungsnachweisen aus anderen Staaten eingeholt werden. |