· Nachricht · Arbeitsrecht
Darf der Arbeitgeber das Gendern vorschreiben?
| FRAGE : „Ich bin Chefarzt einer Klinik (Orthopädie und Unfallchirurgie) und in einem Krankenhaus eines deutschlandweit agierenden Krankenhausträgers angestellt. Kann mich mein Arbeitgeber zur Verwendung einer gendergerechten Sprache (im internen Schriftverkehr, bei Veröffentlichungen etc.) verpflichten? Und welche Folgen drohen mir bei Nichtbeachtung?“ |
ANTWORT: Kraft seines Direktionsrechts nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) ist Ihr Arbeitgeber ‒ nach Ansicht des Verfassers oder nach diesseitiger Rechtsauffassung ‒ dazu befugt, Sie als Arbeitnehmer per Verhaltensanweisung zu einer gendergerechten Sprache zu verpflichten. Diese Anweisung bezieht sich nicht nur auf die interne Betriebspraxis, sondern auch auf den Außenauftritt des Arbeitgebers (Veröffentlichung). Als Chefarzt repräsentieren Sie Ihren Arbeitgeber u. a. im Rahmen von Veröffentlichungen und tragen dadurch zu seinem Image in der Außendarstellung bei. Die Nichtbefolgung einer insoweit wirksamen Weisung kann einen verhaltensbedingten Pflichtverstoß des Arbeitnehmers darstellen. Diesem könnte mit einer Abmahnung bzw. mit einer Kündigung begegnet werden. Insoweit dürfte die Fallgruppe der sog. „Arbeitsverweigerung“ einschlägig sein.
MERKE | Die Berücksichtigung sozialer Umgangsformen sowie gesellschaftlicher Entwicklungen im Außenauftritt kann ‒ nach Ansicht des Verfassers ‒ zur Wahrung des Ansehens des Arbeitgebers und dessen Außendarstellung zur arbeitsvertragsgemäßen Erfüllung geboten sein. Eine bestimmte Außendarstellung kann insoweit auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung zu den Nebenpflichten des Arbeitnehmers gehören. Ähnliches gilt z. B. für Bekleidungsvorschriften: So dürfen z. B. kirchliche Krankenhäuser ein Kopftuchverbot für muslimische Beschäftigte aussprechen (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 24.09.2014, Az. 5 AZR 611/12, Abruf-Nr. 143055; Beitrag im CB 11/2014, Seite 4). Eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der widerstreitenden Grundrechtspositionen der Vertragsparteien und Besonderheiten des Einzelfalls ist geboten. |
beantwortet von RA, FA MedR- und ArbR Benedikt Büchling, Dortmund, kanzlei-am-aerztehaus.de