· Fachbeitrag · Arzthaftung
Abweichen von der OP-Anleitung des Prothesenherstellers begründet keinen Behandlungsfehler
von RA, FA MedR Dr. Rainer Hellweg, M. mel, Hannover
| Ein Patient kann einen Haftungsanspruch nicht allein darauf stützen, dass bei einer operativen Prothesenimplantation von der Operationsanweisung des Herstellers abgewichen wurde. Denn diese Anweisung begründet keinen rechtlich maßgeblichen Facharztstandard (Oberlandesgericht [OLG] Zweibrücken, Beschlüsse vom 14.07.2020 und 17.08.2020, Az. 5 U 138/19). |
Der rechtliche Hintergrund
Grundsätzlich geschuldet ist für die Behandlung des Patienten der Facharztstandard (CB 12/2018, Seite 15). Bei der Frage, welche Erkenntnisse und welcher Stand der medizinischen Wissenschaft im Rahmen der haftungsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sind, wird immer auf den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Behandlung abgestellt. Somit wirkt es sich juristisch nicht zum Nachteil der Ärzte aus, wenn sich im Laufe eines Prozesses ‒ der über die Instanzen einige Jahre dauern kann ‒ der medizinische Standard und Kenntnisstand verändern. Denn der im Verfahren beauftragte medizinische Sachverständige darf nur von dem Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung ausgehen.
Wichtig | Das medizinisch begründete Abweichen von der Operationsanleitung des Herstellers ist nicht zu verwechseln mit der Konstellation, in der vom im Behandlungszeitpunkt allgemein anerkannten ärztlichen Standard abgewichen werden soll. Hier gilt, dass eine nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nur nach genauer medizinischer Abwägung mit der standardgemäßen Behandlung angewendet werden darf. Außerdem muss der Arzt den Patienten in besonderer Art und Weise aufklären, dass die gewählte Methode nicht der Standard ist. Dies hat der Bundesgerichtshof unlängst in einem Urteil vom 15.10.2019 klargestellt (Az. VI ZR 105/18; CB 06/2020 Seite 3).
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