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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Arzt muss OP-Bericht zeitnah erstellen - selbst wenn Klinik hierfür schlechte Vorkehrungen trifft

    von Rechtsanwalt Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Ein Arzt muss im Blick haben, welche Maßnahmen er zu dokumentieren hat - und dann auch tätig werden. Das gilt selbst dann, wenn die Klinik wegen organisatorischer Mängel kaum Vorkehrungen trifft, damit ihre Ärzte ordnungsgemäß dokumentieren können. Das schrieb das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster mit Urteil vom 25. November 2015 einem Arzt ins Stammbuch, der sich nach seiner Kündigung weigerte, mehrere OP-Dokumentationen nachzuholen (Az. 6t A 2679/13.T, Abruf-Nr. 146693 ). |

    Sachverhalt: Der dokumentationsunwillige Arzt

    Der beschuldigte Arzt arbeitete in der gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses, in dem er häufig operierte. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses bat der Klinikgeschäftsführer den Arzt darum, mehrere OP-Berichte nachzuholen. Hintergrund war ein Rechtsstreit mit einem Patienten, zu der die Klinikleitung dem Gericht die Dokumentation vorlegen musste.

     

    Im Zuge eines Rechtsstreits um seine Kündigung gab der Arzt die ihm überlassenen Patientenunterlagen ungeöffnet zurück. Begründung: Er könne das Diktat nicht erstellen, da ihm die Handhabung des Diktiergeräts unverständlich sei. Zudem erklärte der Arzt, er sei bis zu seinem Ausscheiden aus der Klinik noch nie dazu aufgefordert worden, OP-Berichte zu erstellen.

     

    Daraufhin wandte sich die Klinik an die Ärztekammer, die ein berufsgerichtliches Verfahren eröffnete. Das Berufsgericht erteilte dem Arzt einen Verweis und verurteilte ihn zu einer Geldbuße von 2.000 Euro: Der Arzt habe gegen § 29 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes und § 10 Abs. 1 S. 1 der nordrhein-westfälischen Berufsordnung (BO NRW) für Ärzte verstoßen.

     

    • § 10 Abs. 1 S. 1 Berufsordnung für Ärzte (NRW)

    „ Ärztinnen und Ärzte haben über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen.“

     

    Das Berufsgericht weiter: § 10 Abs. 1 BO stelle eine eigenständige, selbstverständliche therapeutische Pflicht des Arztes gegenüber dem Patienten dar. Ebenso wenig, wie der Arzt medizinisch indizierte Maßnahmen unterlassen dürfe, dürfe er die Dokumentation der Behandlung verweigern. Dabei sei jeder Arzt selbst dafür verantwortlich, dass er eine dokumentationspflichtige Maßnahme auch tatsächlich dokumentiere. Dazu gehöre es auch, sich eigenständig um die Vorlage entsprechender Unterlagen zu kümmern und nicht erst auf die Anforderung des Arbeitgebers zu warten.

    Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster

    Der Arzt legte Berufung ein: Damals sei es nicht möglich gewesen, Operationsberichte sofort zu erstellen - so habe es z. B. keine Diktatmöglichkeiten gegeben. Es seien nur kurze Protokolle gefertigt worden. Der Operateur habe bei Gelegenheit die Berichte aus der Erinnerung diktiert. Bei seinem Ausscheiden habe er zudem nicht gewusst, dass noch OP-Berichte fehlten.

     

    Die Berufung des Arztes hatte keinen Erfolg. Der Arzt habe seine Berufspflichten verletzt, so das OVG Münster. Es erteilte dem Arzt einen Verweis und verurteilte ihn zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1.500 Euro.

     

    Therapie soll durch Dokumentation gesichert werden

    Der Arzt habe gegen § 10 Abs. 1 S. 1 BO NRW verstoßen, indem er es während seiner Tätigkeit als angestellter Klinikarzt in acht Fällen unterlassen habe, nach seinen Operationen OP-Berichte zu erstellen. Der in der BO NRW statuierten Pflicht zur ausführlichen und sorgfältigen Dokumentation müsse derjenige Arzt nachkommen, der den Patienten verantwortlich behandelt habe. Jeder Arzt, der eine dokumentationspflichtige Maßnahme durchführe, trage demnach auch die Verantwortung für deren Dokumentation. Durch die Dokumentation solle die Therapie gesichert werden - daneben diene sie auch der Beweissicherung und der Rechenschaftslegung.

     

    Information über postoperatives Verhalten

    Die Dokumentation solle eine sachgerechte (Weiter-)Behandlung des Patienten gewährleisten, indem sie mit- und nachbehandelnde Ärzte über erfolgte Maßnahmen und die angewandte Therapie informiert. Dabei werde vor allem über das gebotene postoperative Vorgehen nach Operationen informiert. Zeitlich müsse unmittelbar nach der Behandlung oder dem Eingriff dokumentiert werden - zumindest aber in einem Zeitraum, in dem sich der Arzt an die Einzelheiten der Behandlung noch erinnere.

     

    Verteidigungsargumente des Arztes überzeugten nicht

    Der verteidigende Vortrag des Arztes überzeugte die Richter nicht: Trotz möglicher organisatorischer Mängel in der Sphäre des Arbeitgebers müsse der Arzt selbst im Blick behalten, welche Maßnahmen er (noch) zu dokumentieren habe. Hierfür müsse er die nötigen Vorkehrungen treffen. Da den Arzt die Pflicht zur Dokumentation treffe, komme es für das Vorliegen der Berufspflichtverletzung auch nicht darauf an, dass die Klinik beim Ausscheiden des Arztes erklärt haben soll, es seien keine Arbeiten mehr zu erledigen.

     

    Der Arzt habe zumindest grob fahrlässig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Er müsse zudem die für ihn einschlägigen Bestimmungen des Heilberufsgesetzes der Berufsordnung kennen.

     

    FAZIT | Eine nachlässige oder ganz fehlende Dokumentation kann für den Arzt berufsrechtliche Konsequenzen haben, wie das Urteil des OVG Münster zeigt. Wegen der enormen Bedeutung eines OP-Berichts für die Nachbehandlung eines Patienten ist die Entscheidung des Gerichts nachvollziehbar.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2016 | Seite 9 | ID 43866727