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  • · Fachbeitrag · Chefarzt-Vertrag

    Der Chefarzt im MVZ - Teil 2:Folgen für Ermächtigung und Privatambulanz?

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Kyrill Makoski,Möller und Partner, Düsseldorf, www.m-u-p.info 

    | Viele Chefärzte werden von ihren Klinikleitungen „gebeten“, auch für das klinikeigene MVZ zur Verfügung zu stehen. Insbesondere die Tätigkeit als Ärztlicher Leiter steht dabei an - nicht zuletzt aus Prestigegründen für das MVZ. Während Teil 1 der Beitragsserie geklärt hat, unter welchen Umständen der Chefarzt den Gang ins MVZ antreten muss, klärt dieser Teil 2, welche Haftungsfolgen eine MVZ-Tätigkeit für den Chefarzt hat und was die neue ambulante Tätigkeit für seine Ermächtigung, die von ihm betriebene Privatambulanz und seine Weiterbildungsbefugnis bedeutet. |

    Muss der Chefarzt am Notdienst teilnehmen?

    Grundsätzlich besteht keine Pflicht für den Chefarzt, persönlich am vertragsärztlichen Notdienst teilzunehmen. Grund: Eine Teilnahmeverpflichtung besteht - wie das BSG kürzlich entschieden hat - nicht für die angestellten MVZ-Ärzte als solche, sondern für das MVZ. Ob der Chefarzt neben seiner allgemeinen Verantwortung für die stationäre Abteilung also auch noch am Notdienst teilnehmen soll, muss somit im MVZ unter Berücksichtigung der Arbeitsbelastung und der personellen Situation geklärt werden.

    Chefarzt als ärztlicher Leiter

    Schon aus Prestigegründen wird häufig angestrebt, dass der Chefarzt auch die ärztliche Leitung des MVZ übernimmt. Dies setzt gemäß § 95 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V voraus, dass der Arzt wenigstens 20 Wochenstunden, also halbtags, im MVZ als angestellter Arzt tätig ist. Zwar hat das Landessozialgericht (LSG) Nürnberg kürzlich entschieden, dass sich aus den Vorschriften eine solche Voraussetzung nicht ergebe (Urteil vom 9. April 2014, Az. S 1 KA 2/14, Abruf-Nr. 141591); die meisten Zulassungsausschüsse fordern jedoch immer noch diesen Tätigkeitsumfang - zumindest solange, bis das Bundessozialgericht das erwähnte Urteil des LSG bestätigt.

     

    PRAXISHINWEIS | Ob und wie das BSG eine entsprechende Frage beurteilt, bleibt jedoch abzuwarten. Bis hier noch keine Entscheidung vorliegt, sollte für den ärztlichen Leiter eines MVZ von einem Mindestumfang von 20 Wochenstunden (halber Sitz) ausgegangen werden).

     

    Chefarzt muss sich informiert halten

    Mit der Tätigkeit als ärztlicher Leiter übernimmt der Chefarzt auch die Verantwortung für die Einhaltung der vertragsarztrechtlichen Vorgaben. Mithin muss er sich zunächst über diese informieren und dann auch informiert halten. Dies betrifft zwar nicht alle Details der Abrechnung, aber jedenfalls die wesentliche Vorgaben. Allerdings haftet der ärztliche Leiter nicht persönlich bei Honorar-Rückforderungen; dies ergibt sich schon daraus, dass das Honorar nicht an ihn oder die anderen angestellten Ärzte persönlich gezahlt wird, sondern an den Träger des MVZ. Eine Haftung folgt auch nicht daraus, dass der ärztliche Leiter - wie von einigen Kassenärztlichen Vereinigungen gefordert - zumeist die Quartalsabrechnung unterzeichnet.

     

    Enge Zusammenarbeit in Bezug auf Abrechnung ratsam

    Trotzdem ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den mit der Abrechnung betrauten Mitarbeitern und dem ärztlichen Leiter des MVZ ratsam - und sei es nur deswegen, weil der ärztliche Leiter am ehesten überblicken kann, ob die Vorgaben der jeweils abgerechneten Ziffern eingehalten wurden.

    Haftung des Chefarztes im MVZ

    Auch im MVZ wird der Behandlungsvertrag nicht mit dem einzelnen Arzt abgeschlossen, sondern mit dem Träger des MVZ. Nur dieser haftet gegenüber dem Patienten bei ärztlicher Fehlbehandlung und die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Behandlungsvertrag (zum Beispiel hinsichtlich der Dokumentation). Die Haftung gilt auch für Fehler, die den einzelnen Ärzten oder dem nichtärztlichen Personal unterlaufen.

     

    Wenn der Chefarzt auch im MVZ tätig werden soll - auf welche Weise auch immer -, sollte er darauf achten, dass der Krankenhausträger einen ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutz gewährleistet. Eine bloße Freistellung des Chefarztes für den Versicherungsfall sollte dieser kritisch sehen: Sind nämlich die Haftungsgrenzen des Klinikträgers überschritten oder wird dieser zahlungsunfähig, muss der Chefarzt dennoch haften.

     

    PRAXISHINWEIS | Seine eigene Versicherung sollte der Chefarzt in jedem Fall über die Änderung seines Tätigkeitsbereichs informieren - also auch dann, wenn er künftig Zusatzstunden im MVZ erbringt.

     

    Was passiert mit der Ermächtigung des Chefarztes?

    Oft verfügt der Chefarzt einer Abteilung über eine Ermächtigung gemäß § 116 SGB X. Diese ist jedoch nachrangig gegenüber Zulassungen oder Anstellungsgenehmigungen. Die Folge: Wenn der Krankenhausträger ein MVZ am Krankenhaus errichtet, in dem auch von der Ermächtigung umfasste Leistungen erbracht werden, wird wegen des nunmehr fehlenden Bedarfs die bestehende Ermächtigung gar nicht oder nur in einem sehr beschränkten Umfang verlängert werden.

     

    Eine solche Situation sollte der Chefarzt nicht ohne Weiteres hinnehmen. Vielmehr sollte er das Gespräch mit der Krankenhausleitung suchen und auf eine Anpassung seines Chefarzt-Vertrags drängen (vgl. hierzu auch den Beitrag in CB 01/2010, Seite 11). Hierbei sollte der Chefarzt darauf dringen, dass der Krankenhausträger seinen finanziellen Verlust ausgleicht, zumal der Chefarzt die Entscheidung „pro MVZ“ nicht verhindern kann.

    Die Folgen für die Privatambulanz des Chefarztes

    Besonderer Klärungsbedarf besteht, wenn der Chefarzt eine Privatambulanz betreibt: Darf er weiterhin Privatpatienten selbst behandeln, oder wird diese Behandlungstätigkeit in das MVZ verlagert? Die Antwort hängt zum einen von den Einzelheiten des Chefarzt-Vertrags ab, das heißt von der Frage, inwieweit dem Chefarzt die Nebentätigkeit zugesichert worden ist. Zum anderen ist dies auch eine Frage der jeweiligen Organisation.

     

    Dies bedeutet, dass der Krankenhausträger selbst entscheiden kann, dass er die gesamte ambulante Behandlung - sowohl von Kassenpatienten als auch von Privatpatienten - im MVZ konzentrieren möchte. Soweit dem Chefarzt nicht nur das Recht der Privatliquidation zugesichert wurde, sondern auch die Privatambulanz, dürfte eine Ausgleichspflicht bestehen (siehe hierzu CB 11/2009, Seite 4). In praktischer Hinsicht wird das Problem bestehen, dass die Patienten weiterhin „vom Chefarzt“ behandelt werden möchten - und zwar auch ambulant. Wenn aber die Patienten diesen Wunsch äußern, wird der Krankenhausträger ihn nicht ablehnen können.

    Was geschieht mit der Weiterbildungsbefugnis?

    Die meisten Chefärzte verfügen über eine Weiterbildungsbefugnis. Diese setzt voraus, dass der Chefarzt ganztägig in der Abteilung tätig ist. Nach § 5 Abs. 3 S. 2 der Muster-Weiterbildungsordnung kann die Weiterbildungsbefugnis auf mehrere teilzeitbeschäftigte Ärzte verteilt werden; dies setzt aber voraus, dass eine entsprechende Aufteilung organisatorisch umsetzbar ist - was in der Praxis meist scheitern wird. Im Ergebnis wird der Chefarzt daher seine Weiterbildungsbefugnis durch die Tätigkeit im MVZ zumindest stark gefährden.

     

    Ein Vorteil einer MVZ-Gründung liegt darin, dass nunmehr die Assistenten die Weiterbildung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich absolvieren können. Dies setzt jedoch voraus, dass auch das MVZ als Weiterbildungsstätte anerkannt wird und der ärztliche Leiter ebenfalls in dieser Funktion eine Weiterbildungsbefugnis erhält. Dies wäre im Einzelnen zu klären m- auch und gerade mit Blick auf die konkreten Befähigungen des jeweiligen ärztlichen Leiters. Eine derartige Verbundweiterbildung (stationär/ambulant) sollte frühzeitig mit der jeweiligen Ärztekammer abgesprochen werden.

     

    PRAXISHINWEISE | Die Gründung eines MVZ durch den Krankenhausträger stellt für den Chefarzt eine Herausforderung dar. Im Idealfall wird die Gründung einvernehmlich durchgeführt, sodass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Sollte dies anders sein, muss der Chefarzt seine vertragliche Position absichern und verteidigen. Insbesondere sollte er auf einen Ausgleich für seine finanziellen Verluste drängen - zum Beispiel durch das Auslaufen seiner Ermächtigung. Soweit der Chefarzt auch im MVZ tätig werden soll, ist zu prüfen, ob er sowohl seinen vertragsärztlichen Pflichten als auch den Anforderungen an seine Chefarztstelle gerecht werden kann und nicht andere Berechtigungen - zum Beispiel im Rahmen der Weiterbildung - gefährdet werden.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 5 | ID 42708676