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  • · Fachbeitrag · Leistungserbringung

    Kann ein Patient die Behandlung durch einen ausländischen Arzt verweigern?

    von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Zum Erwerb der deutschen Approbation müssen ausländische Ärzte mittels Zeugnissen nachweisen, dass sie ein bestimmtes deutsches Sprachniveau erreicht haben. Vermehrt wird berichtet, dass sich viele dieser Ärzte auf Deutsch nicht hinreichend verständigen können. Für den Patienten stellt sich dann die Frage, ob er das Recht hat, die Behandlung durch einen ausländischen Arzt einfach zu beenden. |

    Aufklärung muss für Patienten verständlich sein

    Arzt und Patient müssen sich verständlich machen können. Der Arzt ist aber darauf angewiesen, Informationen vom Patienten zu erhalten, über dessen Beschwerden, bisherige Behandlungen etc. Dies ist nur möglich, wenn Patient und Arzt verständlich miteinander kommunizieren können. Dementsprechend verlangt das Gesetz, dass die Aufklärung des dienstleistenden Arztes für den Patienten verständlich sein muss (§ 630e Absatz 2 Nr. 3 BGB). Verständlichkeit bedeutet, dass die Aufklärung für den Patienten sprachlich verständlich sein muss. Je nach dem körperlichen, geistigen und seelischen Zustand des Patienten ist die Aufklärung in leicht verständlicher Sprache vorzunehmen und ggf. zu wiederholen. Den Arzt trifft keine Pflicht, auf eigene Kosten die Durchführung der Aufklärung mittels Dolmetscher sicherzustellen (lesen Sie dazu auch den CB 06/2018, Seite 4).

     

    MERKE | Bestehen Zweifel, ob der fremdsprachige Patient die Aufklärung verstanden hat, ist der Arzt aus haftungsrechtlichen Gründen gehalten, sich ‒ auf Kosten des Patienten ‒ der Hilfe eines Dolmetschers zu bedienen (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 09.12.2015, Az. 5 U 184/14, CB 11/2016, Seite 10). Im Gegensatz dazu ist der Patient aber gerade nicht gehalten, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, um einen fremdsprachigen Arzt verstehen zu können. Denn in Deutschland ist die allgemein übliche Sprache der Behandlung in Praxen und Kliniken Deutsch.

     

    Das sogenannte Verständlichkeitsgebot bedeutet auch, dass der Patient es nicht hinnehmen muss, wenn er von einem Arzt behandelt wird, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist und er mit ihm nicht verständlich kommunizieren kann. Denn das Arzt-Patienten-Verhältnis ist wegen der Komplexität der ausgetauschten Informationen und der unterschiedlichen Gewichtung bestimmter Tatsachen, durch den Arzt auf der einen und den Patienten auf der anderen Seite, ohnehin anfällig für Missverständnisse ‒ so können z. B. bestimmte Beschwerden für den Patienten irrelevant sein, während sie für die Anamnese des Arztes erhebliche Bedeutung haben können. Das so entstehende Risiko von Missverständnissen, die wiederum zu Fehlbehandlungen etc. führen können, soll nicht auch noch dadurch erhöht werden, dass der Patient den Arzt nicht richtig versteht.

    Der Arzt darf den Behandlungsvertrag kündigen ...

    Sind Verständigungsschwierigkeiten für den Arzt absehbar, kann er darauf verzichten, einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten zu schließen. Liegt ein solcher aber schon vor, etwa nach entsprechender Aufnahme in ein Krankenhaus, darf der Arzt den Behandlungsvertrag nach § 627 BGB kündigen, wenn kein Notfall vorliegt. Dies gilt auch für die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten: Als „gute Gründe“ für eine Beendigung der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten gelten ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sowie die Überlastung des Arztes aufgrund einer Überzahl von Patienten (Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2001, Az. B 6 KA 54/00 R). Bestehen Sprachschwierigkeiten und beseitigt der Patient diese nicht, so hat der Arzt gute Gründe, den Patienten nicht zu behandeln, weil dann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erschwert ist.

     

    MERKE | Der Arztbehandlungsvertrag kann als Dienstvertrag höherer Art grundsätzlich von beiden Seiten jederzeit gekündigt werden, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt. Kündigt der Arzt, kommt ein Schadensersatz für den Patienten nur dann in Betracht, wenn eine Kündigung zur „Unzeit“ vorliegt, d. h., dass die vom Patienten benötigten Dienste nicht anderweitig beschafft werden können, weil der kündigende Behandler in fachlicher Hinsicht eine „Monopolstellung“ einnimmt (Kammergericht Berlin, Urteil vom 04.06.2009, Az. 20 U 49/07, Abruf-Nr. 100676).

     

    ... der Patient aber auch!

    Der Patient darf ebenfalls den Behandlungsvertrag beenden, weil beide Vertragsparteien eines Dienstvertrags grundsätzlich dieselben Kündigungsrechte genießen (vgl. §§ 620 Abs. 2, 626 Abs. 1 BGB). Der Arzt erbringt Dienste höherer Art, und zwischen Arzt und Patient besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis. Diese Vertrauensstellung kann ohne Fristsetzung gekündigt werden (§ 627 Abs. 1 BGB). Der Patient kann also völlig frei entscheiden, ob er den Vertrag mit dem Arzt wieder kündigt, z. B. weil er den Eindruck hat, sich mit dem Arzt nicht hinreichend verständigen zu können (er muss aber ggf. für bereits erbrachte (Teil-)Leistungen des Arztes bezahlen). Mit anderen Worten kann der Patient einfach die Klinik/Ambulanz verlassen. Er sollte aber dafür Sorge tragen, dass er seinen Willen, nicht (mehr) von dem Arzt behandelt zu werden, auch hinreichend klar zum Ausdruck bringt, wenn er verhindern will, dass der Arzt den Patienten weiter behandelt und z. B. Laborbefunde anfordert und auswertet. Privat versicherte Patienten sollten sicherheitshalber dem Arzt am selben Tage eine E-Mail schicken, in der der Behandlungsabbruch noch einmal ausdrücklich ausgesprochen wird. Gesetzlich versicherte Patienten müssen grundsätzlich nichts Weiteres veranlassen.

     

    Befindet sich der Patient bereits auf der Station in einer Klinik, sollte er den Oberarzt um Behandlung durch einen anderen Arzt bitten. Wird dem nicht entsprochen, sollte er einen Klinikwechsel in Betracht ziehen, jedenfalls aber seine Bedenken bei der Visite und auch vor Zeugen wiederholen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 6 | ID 45055895