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  • · Fachbeitrag · Leserforum

    Darf der Chefarzt das bei ihm vom Gericht bestellte Gutachten delegieren?

    | Die Redaktion hat zwei Anfragen erhalten, die sich mit der Arbeit des Chefarztes als gerichtlicher Sachverständiger befassen. Wir haben die Fragen für unsere Leser zusammengefasst und den Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg gebeten, sie für Sie zu beantworten. |

     

    Frage: Wegen fehlender Zeit kann ich als Chefarzt nicht alle Gutachten-aufträge der Gerichte persönlich bearbeiten. Da meine Oberärzte die Gutachten jedoch erstellen können, habe ich mir folgende Vorgehensweise überlegt:Den gerichtlichen Gutachtenauftrag nehme ich als Chefarzt an. Bei Erstellung des schriftlichen Gutachtens wird folgender Textblock eingefügt: „Das nachfolgende Gutachten wurde von Herrn Dr. … (Oberarzt) nach Aktenlage erstellt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. … (Chefarzt) übernimmt durch seine Unterschrift die Verantwortung für dieses Gutachten. Sofern eine persönliche Erläuterung des Gutachtens erforderlich erscheint, wird darum gebeten, Herrn Dr. … (Oberarzt) vorzuladen, da Herr Prof. Dr. … (Chefarzt) in seiner Tätigkeit terminlich sehr beansprucht ist.an“ Ist diese Vorgehensweise rechtlich zulässig?

     

    Antwort: Von einer solchen Vorgehensweise ist dringend abzuraten. Hier wird der Verstoß gegen die Gutachterpflichten sogar noch ausdrücklich eingeräumt, was dem Chefarzt Probleme einhandeln kann.

     

    Der vom Gericht beauftragte Gutachter muss selbst tätig werden!

    Grundsätzlich muss der vom Gericht beauftragte Gutachter - hier der Chefarzt - das Gutachten selbst und eigenverantwortlich erstellen. Andere Ärzte dürfen für den Gutachter als Gehilfen unterstützende Dienste verrichten - etwa Laboruntersuchungen vornehmen. Die Formulierung „Das Gutachten wurde von … erstellt“ bedeutet, dass der Oberarzt das Gutachten allein gefertigt hat. Dies ist unzulässig - auch wenn dieser Umstand transparent gemacht wird. Dass der Chefarzt „durch seine Unterschrift die Verantwortung“ für das Gutachten übernimmt oder „für die Richtigkeit” bzw. mit „einverstanden” unterzeichnet, sind ebenfalls keine empfehlenswerte Formulierungen.

     

    Vergütungsanspruch wird gefährdet

    In der Praxis werden solche Verstöße von den Gerichten nicht immer geahndet. Wenn das Gericht die gesetzlichen Vorgaben aber genau nimmt - was zunehmend geschieht -, läuft der Chefarzt Gefahr, dass ihm der Gutachtenauftrag und auch sein Vergütungsanspruch entzogen werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Rechtlich sauber ist es, wenn der Chefarzt gleich nach Auftragserteilung dem Gericht mitteilt, dass er das Gutachten wegen Zeitnot nicht selbst erstellen kann. Im selben Schreiben kann der Oberarzt als fachlich kompetenter Gutachter vorgeschlagen werden. Wenn nun das Gericht „offiziell“ den Oberarzt zum Gutachter bestellt, kann dieser eigenverantwortlich tätig werden.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 10 | ID 43073551