· Fachbeitrag · Sozialrecht
Mann-zu-Frau-Transidentität: Krankenhaus ohne Gynäkologie darf Folge-OP abrechnen
von RA Dr. Matthias Losert, Berlin, matthias-losert.de
| Ein Krankenhaus ohne eigene gynäkologische Abteilung darf bei einer Patientin mit Mann-zu-Frau-Transidentität einen Folgeeingriff nach der geschlechtsangleichenden Operation durchführen und diesen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse abrechnen. Entscheidend ist dabei nicht allein der behördliche Versorgungsauftrag, sondern auch die ursprüngliche biologische Zuordnung der operierten Geschlechtsorgane (Sozialgericht [SG] Berlin, Urteil vom 13.09.2021, Az. S 56 KR 3604/18). |
Der Fall
Ein Mann hatte sich im Jahr 2013 zu einer Frau umoperieren lassen. Fünf Jahre später ließ er sich erneut in einem Krankenhaus behandeln, da eine Neuanlage der Neovagina medizinisch erforderlich geworden war. Das Krankenhaus hatte nur einen Versorgungsauftrag für Urologie, nicht aber für Gynäkologie. Die Operation wurde von einem Team aus Gynäkologen und Urologen durchgeführt und mit 4.216,87 Euro gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet. Die Krankenkasse verweigerte die Bezahlung. Begründung: Diese Behandlung sei vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses nicht umfasst.
Das Krankenhaus erhob Zahlungsklage. Der Krankenhausträger trug vor, dass hier sowohl der gynäkologische als auch der urologische Versorgungsauftrag umfasst sei: Eine Entfernung des Penis, der Hoden und des Samenstrangs sowie die Bildung einer künstlichen Vagina aus dem Gewebe des Hodensacks seien urologische Eingriffe an einem biologischen Mann. Das gelte, so der Krankenträger ‒ auch für die Folgeoperationen. Es läge auch bei einer entgegenstehenden personenstandsrechtlichen Einordnung eine männliche Anatomie vor, deren genaue Kenntnis für den Erfolg der Operation maßgeblich sei. Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte die beklagte Krankenkasse zur Leistung.
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