· Fachbeitrag · Strafrecht
Referenten- und Beratertätigkeit von Ärzten: So prüfen Sie Ihre Kooperationsvereinbarungen
von RA und FA für MedR Christian Heß, Hess Anwälte, Köln, www.hess-anwaelte.de
| Das Antikorruptionsgesetz ist Anlass für jeden Chefarzt, neben dem Dienstvertrag abgeschlossene Kooperationsverträge sorgfältig zu überprüfen ( CB 04/2017, Seite 2 ). Strafrechtlich relevante Vorteile können in diesem Zusammenhang auch Berater- und Referentenhonorare sowie die Erstattung von Fortbildungskosten sein. Der CB fasst die Indizien für strafrechtlich relevante Vorteile zusammen und zeigt auf, wie Sie sich als Referent oder Berater rechtssicher verhalten. |
Diese Indizien sprechen für eine Unrechtsvereinbarung
Der durch das Antikorruptionsgesetz eingeführte Straftatbestand zur Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299a Strafgesetzbuch (StGB) setzt ebenso wie die §§ 299 und 331 ff. StGB das Vorliegen einer sogenannten Unrechtsvereinbarung voraus.
MERKE | Das Antikorruptionsgesetz sollte vor allem die Gesetzeslücke in der strafrechtlichen Sanktionierung niedergelassener Ärzte schließen. Angestellte Chefärzte konnten sich schon vor Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes nach § 299 StGB strafbar machen. Für Chefärzte, als Angestellte eines kommunalen Trägers oder einer Uni-Klinik, kommen auch die §§ 331 ff. StGB in Betracht. § 331 StGB stellt sogar eine gegenüber dem Antikorruptionsgesetz verschärfte Strafbarkeit dar, da hiernach auch die reine Vorteilsannahme unter Strafe steht. |
Das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung lässt sich selten anhand eines schriftlichen Vertrags mit klarem Unrechtsgehalt erkennen. Die Staatsanwaltschaft ist daher meist auf Indizien angewiesen (so schon Oberlandesgericht [OLG] Köln, Urteil vom 30.09.2014, Az. III-1 RVs 91/14).
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Wichtig | Das Vorliegen solcher Indizien begründet bereits ein erhöhtes Verfolgungsrisiko, auch wenn sie tatsächlich nicht Teil einer Unrechtsvereinbarung sind.
Vorteil bzw. Vergütung: Es kommt auch auf die Höhe an
Die Höhe des Vorteils kann ebenfalls ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung sein (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.02.2007, Az. 5 StR 323/06). Vor allem gilt das Trennungsprinzip: keine privaten Vorteile bei geschäftlichen Vereinbarungen.
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Unkritisch ist die Einladung zu einem Referat auf einer Veranstaltung eines Pharmaunternehmens in einem üblichen Kongresszentrum in Deutschland für einen Arzt, der über besondere Expertise zu dem Vortragsthema verfügt und in seinem Tätigkeitsbereich keine Verordnungen über Produkte dieses Unternehmens ausstellt bzw. Einkaufsentscheidungen hierüber trifft. Mehrere Einladungen eines Kardiologen durch einen Hersteller von Herzschrittmachern zu Referaten in Übersee, u. a. mit anschließendem Segeltörn und zu Abendessen mit Begleitung in Gourmet-Restaurants, können hingegen strafbar sein (Hanseatisches OLG, Beschluss vom 11.07.2000, Az. 2 Ws 129/00, allerdings zur strafbaren Vorteilsnahme nach § 331 StGB). |
Ebenso gilt das Äquivalenzprinzip: Leistung und Gegenleistung müssen angemessen sein. Die Angemessenheit der Vergütung stellt insofern die größte „Black-Box“ der Korruptionsdelikte dar. Eindeutige allgemeingültige Grundsätze sind kaum vorhanden. Anhaltspunkt sind die üblichen Marktpreise für vergleichbare Tätigkeiten, wobei bereits die Bestimmung der Vergleichsgruppe Probleme bereiten kann. Stundenhonorare bieten i. d. R. eine angemessenere, da leistungsbezogenere Form der Honorierung als feste Pauschalhonorare.
FSA-Kodex als Richtschnur
In Ermangelung konkreter gesetzlicher Vorgaben darüber, was bei Referentenhonoraren, der Übernahme von Fortbildungs- oder Reisekosten oder Einladungen zum Essen angemessen ist, wird häufig der Fachkreiskodex des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V. (FSA) als Richtschnur herangezogen (Volltext online unter https://tinyurl.com/m4ttnso).
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Wichtig | Der FSA-Kodex stellt allerdings keine verbindliche Norm dar, sodass eine abweichende Bewertung durch Staatsanwaltschaft oder Gerichte nicht ausgeschlossen ist.
Tätigkeit ohne Anspruch auf Vertrag
Bereits der Abschluss eines Vertrags, auf den der Vertragspartner keinen Anspruch hat, kann einen strafrechtlich relevanten Vorteil darstellen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Fall der Teilnahme eines Oberarztes an einem Experten-Kolleg entschieden (Urteil vom 08.11.2016, Az. 5 SaGa 5/15, Abruf-Nr. 44681391). Das gilt selbst dann, wenn die sich aus dem Vertrag ergebende Vergütung angemessen ist (so schon Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 21.06.2007, Az. 4 StR 99/07). Selbst eine Berater- oder Referententätigkeit zu angemessenen Konditionen kann daher strafbar sein, wenn das Angebot zu dieser Tätigkeit nur als Gegenleistung für eine intendierte unlautere Bevorzugung erfolgt.
PRAXISHINWEIS | Es ist von Belang, ob entsprechende Verträge auch Dritten angeboten werden und ob die Wahl der Vertragspartner nach sachlichen Kriterien (Qualifikation, Erfahrung) erfolgt. |
Oberstes Gebot: Schaffen Sie Transparenz!
Zur Feststellung einer Strafbarkeit ist grundsätzlich jeder Einzelfall zu prüfen. Die zuvor dargestellten Vorteile können aber ein Indiz für eine strafrechtlich relevante Unrechtsvereinbarung sein. Zur Vermeidung eines strafrechtlich relevanten Anscheins sollten Sie immer die Grundprinzipien angemessener Geschäftsbeziehungen beachten. Schaffen Sie vor allem Transparenz: Sofern Sie als Chefarzt Angebote erhalten, die potenziell unangemessene Vorteile umfassen, stimmen Sie sich mit der Krankenhaus-Geschäftsführung bzw. ggf. mit Ihrer Ärztekammer ab (CB 04/2017, Seite 2).