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  • · Fachbeitrag · Tarifrecht

    Tarifeinheitsgesetz weitgehend verfassungsgemäß ‒ das Ende der Spartengewerkschaften?

    von RA und FA MedR Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Das umstrittene Tarifeinheitsgesetz ist weitgehend mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 11.07.2017 mit sechs zu zwei Stimmen entschieden (Az. 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1477/16, 1  BvR 1043/16, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1588/15). Der Gesetzgeber muss allerdings noch nachbessern. Für Krankenhausärzte wird das Urteil gravierende Auswirkungen haben, da die bisherige Verhandlungsmacht des Marburger Bundes erheblich reduziert wurde. Gleichwohl ist das Ende von Spartengewerkschaften damit nicht besiegelt. |

    Sachverhalt

    Das am 10.07.2015 in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz regelt Konflikte im Zusammenhang mit der Geltung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb, z. B. TVöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) und TV-Ärzte/VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände). Es ordnet an, dass im Fall der Kollision mehrerer Tarifverträge der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft verdrängt wird, die weniger Mitglieder im Betrieb hat. Dazu sieht es ein gerichtliches Beschlussverfahren zur Feststellung der Mehrheit vor. Der Arbeitgeber muss die Aufnahme von Tarifverhandlungen den anderen tarifzuständigen Gewerkschaften bekannt geben und diese mit ihren tarifpolitischen Forderungen anhören. Wird ihr Tarifvertrag im Betrieb verdrängt, hat die Gewerkschaft einen Anspruch auf Nachzeichnung, d. h. sie kann Inhalte des Tarifvertrags der größeren Gewerkschaft übernehmen.

     

    Mit den nun entschiedenen Verfassungsbeschwerden wendeten sich Berufsgruppengewerkschaften (u. a. die Pilotenvereinigung Cockpit, die Lokführergewerkschaft GdL sowie der Marburger Bund als Ärztegewerkschaft) gegen das Tarifeinheitsgesetz und rügten eine Verletzung der Koalitionsfreiheit. Diese sei nach Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich geschützt.