· Nachricht · Einkommensteuer
Anwaltskosten wegen strafbarem Facebook-Kommentar
| Das FG Köln (17.6.21, 14 K 997/20; Rev. BFH VI R 16/21, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass Aufwendungen für Rechtsanwaltskosten eines Soldaten, die ihm für die rechtliche Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren nach der Wehrdisziplinarordnung entstanden sind, welches im Wesentlichen aufgrund der Verletzung von Dienstpflichten durch private Postings auf einem Social-Media-Kanal eröffnet wurde, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können (anderer Ansicht FG Münster 5.12.12, 11 K 4517/10 E, EFG 13, 425). |
Das FG ging davon aus, dass die Rechtsanwaltskosten unmittelbar ausgelöst wurden durch die Entscheidung des Soldaten, sich gegen die i. d. R. Disziplinarverfahrens erhobenen Vorwürfe und die drohenden Konsequenzen zu verteidigen, um Schaden für sein Dienstverhältnis und dienstrechtliche Konsequenzen abzuwenden. Damit habe die kostenverursachende Vertretung durch den Rechtsanwalt der unbeeinträchtigten Erhaltung der beruflichen Stellung als Soldat mit dem jeweiligen Dienstgrad und damit der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis gedient. Zudem beruft sich das FG auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG. Dort würden die genannten Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG als Werbungskosten qualifiziert. Dem Abzug stünden auch die Abzugsverbote in § 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 oder § 12 Nr. 4 EStG nicht entgegen, denn es handele sich weder um die dort aufgezählten Geldbußen, Ordnungsgelder, Verwarnungsgelder und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen und Weisungen noch um Geldstrafen oder strafähnliche vermögensrechtliche Rechtsfolgen.
Kosten einer Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) sind bekanntlich Werbungskosten, wenn der Gegenstand des Prozesses objektiv ‒ nicht lediglich nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen ‒ mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden (vgl. BFH 10.12.19, IX R 19/19, BStBl. II 20, 452). Rechtsverfolgungskosten aus bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis und die Ansprüche daraus betreffen, stehen im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i. S. d. § 19 EStG. Strafverteidigungskosten sind dagegen nur in solchen Fällen als Werbungskosten anzuerkennen, in denen der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, eindeutig durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat muss in Ausübung ‒ und nicht nur bei Gelegenheit ‒ der beruflichen Tätigkeit begangen worden und ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichen Aufgabenerfüllung heraus erklärbar sein (BFH 16.4.13, IX R 5/12, BStBl. II 13, 806).
PRAXISTIPP | Das FG konnte offenlassen, ob es sich allerdings um „damit zusammenhängende Aufwendungen“ handelt, da diese Kosten erst mit Wirkung ab 1.1.2019 in die Abzugsverbote nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und § 12 Nr. 4 EStG aufgenommen wurden. Insoweit bleibt diese Frage, die für aktuelle Fälle relevant sein könnte, unbeantwortet. Jedenfalls sollten Rechtsanwaltskosten, die dazu dienen, sich gegen die im Rahmen von Disziplinarverfahren erhobenen Vorwürfe und die drohenden Konsequenzen zu verteidigen, um Schaden für sein Dienstverhältnis und dienstrechtliche Konsequenzen abzuwenden, weiterhin als Werbungskosten geltend gemacht werden. Im Konfliktfall bleiben dann nur der Einspruch und der Antrag auf Ruhen des Verfahrens unter Berufung auf den Besprechungsfall. |