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  • 15.06.2010 | Forderungsbeitreibung

    Rechtsanwalt = Verbraucher oder Unternehmer?

    Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (BGH 30.9.09, VIII ZR 7/09, Abruf-Nr. 093396).

     

    Sachverhalt/Entscheidungsgründe

    Die Schuldnerin, eine Rechtsanwältin, bestellte über die Internetplattform der Gläubigerin drei Lampen und gab als Liefer- und Rechnungsadresse die Kanzleianschrift an. In der Bestellbestätigung wurde der Schuldnerin ein 14-tägiges Widerrufsrecht eingeräumt, beginnend mit dem Zugang der Bestätigung. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nach §§ 355 Abs. 1, 312d Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB fehlte unstreitig. Deutlich nach Ablauf der vertraglich eingeräumten Widerrufsfrist widerrief die Schuldnerin ihre Vertragserklärung und machte geltend, als Verbraucherin nicht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Nach Beweisaufnahme stand fest, dass die Lampen objektiv für die Privatwohnung der Rechtsanwältin bestimmt waren. Der BGH hatte nun die Frage zu beantworten, auf welche Sichtweise es bei der Bestimmung der Verbrauchereigenschaft ankommt.  

     

    Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Danach hat die Klägerin bei der Bestellung der Lampen objektiv als Verbraucherin gehandelt, denn der Zweck ihres Handelns - die Ausstattung ihrer Privatwohnung mit den bestellten Lampen - ist, wie auch das LG nicht verkennt, objektiv nicht ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin, sondern ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen. Der Wortlaut des § 13 BGB lässt allerdings nicht erkennen, ob für die Abgrenzung von Verbraucher- und Unternehmerhandeln allein objektiv auf den von der handelnden Person verfolgten Zweck abzustellen ist (so MüKo/Micklitz, BGB, 5. Aufl., § 13 Rn. 35; Jauernig/Jauernig, BGB, 13. Aufl., § 13 Rn. 3; Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl,. § 13 Rn. 9) oder ob es für die Zurechnung des Handelns auf die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände ankommt (Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 13 Rn. 4; AnwK-BGB/Ring, § 13 Rn. 30; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 42 Rn. 41).  

     

    Der VIII. Senat entscheidet die Frage nicht abschließend. Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des § 13 HS 2 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind. Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt daher nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt (BGH NJW 07, 2619). Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nicht zu seinen Lasten. Es kann daher nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.