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  • · Fachbeitrag · Stammeinlage

    Recht haben und recht bekommen ist zweierlei

    Bei einer Klage des Insolvenzverwalters auf Einzahlung der Stammeinlage in Höhe des Nennbetrags des Geschäftsanteils muss der Gesellschafter die Einzahlung nachweisen. Eine Beweislastumkehr aus Billigkeitsgründen kommt nicht in Betracht (OLG Hamm 16.4.13, 27 U 139/12, Abruf-Nr. 133843).

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der Insolvenzverwalter verlangt von einem Gesellschafter die Einzahlung der Stammeinlage zur Insolvenzschuldnerin, einer GmbH. Ungeachtet dieser konkreten Fallsituation stellen sich die gleichen Rechtsfragen für einen Einzelgläubiger der GmbH noch vor der Insolvenzantragstellung. Der Zahlungsanspruch kann vorgerichtlich abgetreten oder in der Zwangsvollstreckung gepfändet werden.

     

    Der Gesellschafter ist zur Einzahlung der Stammeinlage in Höhe des Nennbetrags ihres Geschäftsanteils gemäß §§ 5, 14 S. 1 GmbHG verpflichtet. 
Soweit er behauptet, sie bereits geleistet zu haben, trifft ihn die Beweislast.

     

    MERKE | An der Beweislast ändert sich auch bei einem längeren Zeitablauf seit der behaupteten Einzahlung der Stammeinlage nichts (OLG Jena 9.4.13, 2 U 905/12; BGH NJW 07, 3067; OLG Frankfurt/Main NJW-RR 05, 1627).

     

     

    Der Tatrichter kann nach der BGH-Rechtsprechung den Beweis auch durch den Beweis von Indiztatsachen als geführt ansehen (BGH NJW 07, 3067). Im Rahmen der freien Würdigung von Indizienbeweisen muss der Tatrichter die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen feststellen. Er unterliegt dabei - abgesehen von den allgemeinen Beweisverwertungsverboten - keinen rechtlichen Einschränkungen für die Berücksichtigung von Tatsachen, die eine häufigere Wahrscheinlichkeit für die eigentlich zu beweisende Haupttatsache aufweisen und damit eine Indizwirkung entfalten können (BGH NJW 04, 3423). Diese Voraussetzungen liegen in der Praxis aber nur selten vor:

     

    • Zeugen können sich erfahrungsgemäß nach mehreren Jahren nicht mehr daran erinnern, ob, wann und in welcher Höhe eine Leistung tatsächlich erfolgt ist.
    • Die Aufnahme der Stammeinlage in die Bilanz sagt nicht, dass diese auch gezahlt wurde, sondern nur, dass die Gesellschaft gegenüber dem Steuerberater/Wirtschaftsprüfer eine entsprechende Erklärung abgegeben hat.
    • Nichts anderes gilt für die Behauptung gegenüber dem Handelsregister, die Stammeinlage sei tatsächlich gezahlt.
    • Liegt für eine so zentrale Tatsache, wie die Zahlung der Stammeinlage, kein Zahlungsbeleg (Kontoauszug) auf beiden Seiten (Gesellschafter und Gesellschaft) vor, spricht dies als negatives Indiz stark gegen eine Zahlung.

     

    Insoweit ist der Gesellschafter gut beraten, nach der Einzahlung des Stammkapitals eine beglaubigte Abschrift des Zahlungsbelegs herstellen zu lassen und dem Notar zur dauerhaften Aufbewahrung beim beurkundeten Gesellschaftsvertrag zu überlassen.

     

    Eine gesetzliche Beweislastumkehr greift nach Ansicht des OLG nicht. Für eine Umkehr der Beweislast durch richterliche Rechtsfortbildung fehlt es vorliegend an den Voraussetzungen. Insbesondere ist es nicht ausreichend, wenn die Beklagte meint, die Anwendung der gesetzlichen Beweislastverteilung führe zu einem unbilligen Ergebnis. Eine Beweislastumkehr aus Billigkeitsgründen ist unzulässig (BGH NJW-RR 97, 892). Eine echte Beweislast-umkehr kommt deshalb nur dort in Betracht, wo eine Partei typischer Weise benachteiligt ist (z.B. Arzthaftungsprozess), nicht aber da, wo die eigene 
Beweisnot einzelfallbezogen und selbstverschuldet ist. Das OLG hat auch keine Pflicht des Insolvenzverwalters gesehen, dem Gesellschafter die Kontoauszüge der Gesellschafter aus dem fraglichen Zahlungszeitraum zur Verfügung zu stellen. Auch für eine Beweisanordnung nach § 142 ZPO sieht das OLG keinen Raum.

     

    MERKE | Homebanking kann helfen, die Beweisnot zu überwinden. Die jeweiligen Buchungen sollten jährlich gespeichert werden.

     

     

    Die Geltendmachung des Einlageanspruchs durch den Insolvenzverwalter war auch nicht verwirkt. Unabhängig davon, ob das erforderliche Zeitmoment für die Annahme einer Verwirkung nach 10 Jahren bereits vorliegt, war jedenfalls für das ebenfalls notwendige Umstandsmoment nicht zu erkennen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 6 | ID 42441346