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  • · Fachbeitrag · Restschuldbefreiung

    Auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch muss angemeldet werden

    Wird der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene prozessuale Kostenerstattungsanspruch wie auch die Hauptforderung, aus deren gerichtlicher Geltendmachung dieser herrührt, im Insolvenzverfahren nicht gemäß §§ 174 ff. InsO zur Tabelle angemeldet, erstreckt sich die dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung auch auf dessen Kostenerstattungsverpflichtung. Dies gilt auch, wenn die Kostengrundentscheidung erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung ergangen ist (OLG Nürnberg 21.6.12, 12 W 1132/12, Abruf-Nr. 123923).

    Sachverhalt

    Der Kläger hatte eine Schadenersatzklage erhoben und hierfür einen Gerichtskostenvorschuss eingezahlt. Nachdem über das Vermögen des Beklagten das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden war, war der Rechtsstreit zunächst unterbrochen, § 240 ZPO. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens wurde dem Beklagten Restschuldbefreiung erteilt. In diesem Insolvenzverfahren war weder die Klageforderung noch ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch seitens des Klägers zur Insolvenztabelle angemeldet worden. Nach übereinstimmender Erledigterklärung hat das LG die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben und den Streitwert festgesetzt. Die an den Kläger zu erstattenden Kosten wurden gegen den Beklagten festgesetzt. Hiergegen wendet er sich unter Hinweis auf die erteilte Restschuldbefreiung.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beschluss des OLG zeigt, dass der Gläubiger auf eine Unterbrechung des Verfahrens wegen der Insolvenz des Schuldners mit der Anmeldung der streitigen Forderung unter Einschluss der prozessualen Kostenerstattungsansprüche reagieren muss. Die fehlende Anmeldung der Klageforderung sowie des hieraus resultierenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs im Insolvenzverfahren gegen den (später) unterlegenen Beklagten gemäß §§ 174 ff. InsO steht der Geltendmachung dieses Anspruchs im Kostenfestsetzungsverfahren durch den (später) obsiegenden Kläger nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode und Erteilung der Restschuldbefreiung nach Ansicht des OLG entgegen.

     

    Der durch die Klage ausgelöste prozessuale Kostenerstattungsanspruch entsteht - aufschiebend bedingt durch den Erlass einer entsprechenden Kostengrundentscheidung - bereits mit der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses (BGH MDR 92, 911; MDR 05, 952). Im Streitfall ist ein derartiger Anspruch somit mit Rechtshängigkeit der vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche entstanden. Die aufschiebende Bedingung einer Kostengrundentscheidung ist mit dem Beschluss eingetreten, mit dem die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben wurden. Hieraus ergibt sich eine Verpflichtung des Beklagten zur hälftigen Erstattung vom Kläger verauslagter Gerichtskosten. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten wurde der Kläger damit - nicht nur hinsichtlich des klageweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, sondern auch hinsichtlich seines bereits entstandenen Kostenerstattungsanspruchs - Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO). Als solcher konnte er die o.g. Ansprüche nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend machen, was hier nicht geschehen ist. Eine derartige Anmeldung zur Tabelle wäre auch hinsichtlich des streitgegenständlichen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs möglich gewesen.

     

    Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger zwar ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner wieder unbeschränkt geltend machen, § 201 Abs. 1 InsO. Dies gilt indes nur vorbehaltlich der Vorschriften über die Restschuldbefreiung, §§ 201 Abs. 3, 286 ff. InsO. Danach steht eine mögliche spätere Restschuldbefreiung des Schuldners der Durchsetzbarkeit der Forderungen während der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode (vgl. § 287 Abs. 2 S. 1 InsO) zwar nicht entgegen (BGH MDR 11, 195). Wird jedoch die Restschuldbefreiung erteilt, wird der Schuldner von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit (§ 286 InsO); die Forderungen werden dann zu zwar noch erfüllbaren, aber nicht mehr erzwingbaren unvollkommenen Verbindlichkeiten (Naturalobligationen). Dabei wirkt die Restschuldbefreiung gegen alle Insolvenzgläubiger, einschließlich der Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 301 Abs. 1 InsO). So soll verhindert werden, dass Gläubiger die Restschuldbefreiung umgehen, indem sie ihre Forderungen nicht anmelden. Infolge der dem Beklagten erteilten Restschuldbefreiung wird er nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung (§ 287 Abs. 2 S. 1 InsO) von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten befreit, § 286 InsO. Diese Befreiung gilt auch für Kostenerstattungsansprüche (OLG Köln ZInsO 12, 896).

     

    Praxishinweis

    Dem Sachverhalt der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, ob den Insolvenzgläubigern eine Quote zuteil geworden ist. Insoweit steht nicht fest, dass dem Gläubiger durch die unterlassene Anmeldung tatsächlich ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Er war allerdings möglich. Meldet der Gläubiger seine Forderung an, sichert er seinen Anteil an der Quote. Der Gläubiger wahrt gleichzeitig seine Gestaltungsmöglichkeiten:

    Checkliste /  Gestaltungsmöglichkeiten des Gläubigers

    • Da es sich um eine Schadenersatzforderung handelte, wäre zu prüfen und zu begründen gewesen, ob es sich um eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung gehandelt hat. In diesem Fall hätte die Forderung an der Restschuldbefreiung nicht teilgenommen, § 302 InsO, und zusätzlich wäre die privilegierte Zwangsvollstreckung möglich gewesen. Die Anmeldung zur Tabelle hätte deshalb aus vorsätzlich unerlaubter Handlung erfolgen können. Es wäre abzuwarten gewesen, ob sich der Schuldner hiergegen zur Wehr gesetzt hätte.

     

    • Je weniger Gläubiger ihre Forderungen anmelden, umso eher hat der Schuldner die Möglichkeit, sich mit den verbliebenen Gläubigern zu einigen und durch eine geringfügige Teilzahlung und einen überwiegenden Forderungsverzicht eine vorzeitige Restschuldbefreiung zu erlangen (BGH WM 11, 2106).

     

    • Beteiligt sich der Gläubiger nicht am Insolvenzverfahren, bleibt ihm auch die Option verschlossen, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, etwa weil der Schuldner gegen seine Obliegenheiten, insbesondere seine Arbeitsverpflichtung oder seine Mitwirkungsverpflichtungen verstoßen hat.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 11 | ID 37358300