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  • · Fachbeitrag · Versagungsantrag

    Rechtsschutzbedürfnis für Versagungsantrag bei Widerspruch gegen Forderungsgrund

    Ein Gläubiger hat jedenfalls ein rechtlich geschütztes Interesse daran, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen, wenn der Schuldner dem angemeldeten Grund der Forderung als solcher aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung widersprochen hat und der Widerspruch nicht beseitigt worden ist (BGH 20.6.13, IX ZB 208/11, Abruf-Nr. 132117).

     

    Sachverhalt

    Der Gläubiger hat seine Forderung (auch) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung angemeldet, um trotz erteilter Restschuldbefreiung seine Forderung weiter verfolgen zu können (§ 302 InsO). Der Schuldner hat dem widersprochen. Der Gläubiger hat keine Feststellungsklage zur Beseitigung des Widerspruchs erhoben, sondern einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt, weil der Schuldner dem Treuhänder eine Lebensversicherung und ein Schließfach verschwiegen hat. Der Schuldner spricht dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ab und tritt ihm inhaltlich entgegen, da die Versagung unverhältnismäßig sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Auf die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Fragestellung, ob dem Gläubiger das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für einen Versagungsantrag abzusprechen ist, weil er seine Forderung trotz Erteilung der Restschuldbefreiung gegen den Schuldner nach § 302 Nr. 1 InsO durchsetzen könnte, kommt es nicht an. Der Schuldner hat dem Forderungsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung widersprochen; dieser Widerspruch des Schuldners wurde in der Insolvenztabelle vermerkt. Solange der Widerspruch nicht beseitigt ist, ist die Forderung des Gläubigers wie eine nicht ausgenommene Forderung zu behandeln (BGH NZI 07, 416; BGH ZInsO 11, 39).

     

    Das LG hat auch nicht die von der Rechtsprechung geforderte Prüfung versäumt, ob die Versagung der Restschuldbefreiung unverhältnismäßig ist. Ganz geringfügige Pflichtverletzungen führen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zur Versagung der Restschuldbefreiung. Dies wird 
regelmäßig angenommen, wenn der Schuldner die unterlassene Auskunft von sich aus nachholt, bevor sein Fehlverhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt worden ist (BGH ZInsO 11, 1223).

     

    Der Schuldner hat die Sachverhalte, wegen derer ihm die Restschuldbefreiung versagt worden ist, jedoch nicht selbst offenbart. Die Existenz der 
Lebensversicherungen hat der Insolvenzverwalter selbst ermittelt, das Bankschließfach wurde dem Insolvenzverwalter durch den Hinweis eines 
Insolvenzgläubigers bekannt. Damit scheidet eine Heilung des Verstoßes aus, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein wirksamer Versagungsantrag gestellt war (BGH ZInsO 11, 447).

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BGH begründet ein echtes Wahlrecht des Gläubigers, ob er gegen den Widerspruch des Schuldners gegen die Qualifizierung der Forderung als (auch) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung vorgehen will oder aufgrund ihm bekannt gewordener Sachverhalte die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen will.

     

    Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung als aus vorsätzlich unerlaubter Handlung stammend bestritten, kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung aus diesem Rechtsgrund gegen den Schuldner erheben. War zurzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung bereits anhängig, kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

     

    Der Gesetzgeber stellt die Klage unter keine Frist. Folge: Der Gläubiger, dem der Beweis der Forderung als auch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammend gegebenenfalls schwer fällt oder der ein solches Klageverfahren jedenfalls risikobehaftet sieht, kann taktieren. Er kann zunächst einmal abwarten, ob sich Gründe zeigen, die eine Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertigen und im Ergebnis einfacher nachzuweisen sind. Zu nennen ist hier insbesondere ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit.

     

    Der Gläubiger ist allerdings auch nicht in jedem Fall gezwungen, den Widerspruch des Schuldners durch eine eigene Feststellungsklage zu beseitigen. Ist bereits in einem vollstreckbaren Schuldtitel, etwa einer notariellen 
Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 oder einem Prozessvergleich oder auch einem Endurteil, die Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung bereits als solches tituliert, obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben.

     

    Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner muss dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachweisen.

     

    Sofern die Forderung als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nachzuweisen ist, ist dieser Weg für den Gläubiger grundsätzlich vorzugswürdig. Wird nämlich im Übrigen dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, reduziert sich die Zahl der Gläubiger, was die Realisierungschancen der verbleibenden Gläubiger erhöht.

     

    Auch kann der Schuldner bei einer Erwerbstätigkeit und einem Pfändungsschutzkonto nicht den Pfändungsfreibetrag nach § 850c ZPO beanspruchen, sondern nach § 850f Abs. 2 ZPO i.V.m. § 850k Abs. 4 ZPO nur seinen notwendigen Unterhalt, der Hartz IV entspricht. Der Gläubiger steht sich also mit der Beseitigung des Widerspruchs doppelt besser.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 166 | ID 42329915