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  • · Fachbeitrag · Erstes Quartal 2014

    FG-Rechtsprechung kompakt: Die „Top 10“ für die Gestaltungsberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

    | Auch das erste Quartal des Jahres 2014 hat wieder eine Vielzahl interessanter Entscheidungen der Finanzgerichte hervorgebracht, die jeder steuerliche Berater im Blick haben sollte, um Steuerschäden von seinem Mandanten abzuwenden. Die für die Gestaltungspraxis wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie auf den Punkt gebracht. |

    1. Betriebsaufspaltung auch bei Untervermietung wesentlicher Betriebsgrundlagen

    Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung ist nicht auf die Fälle zu begrenzen, in denen der vermietete Gegenstand im Eigentum des Besitzunternehmens steht bzw. bei diesem als Anlage- oder Umlaufvermögen bilanzierungsfähig ist (FG Münster 6.12.13, 14 K 2727/10 G, EFG 14, 554; Rev. BFH: X R 5/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Eine sachliche Verflechtung setzt grds. voraus, dass dem Betriebsunternehmen vom Besitzunternehmen materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen werden und diese beim Betriebsunternehmen zumindest eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören diejenigen Wirtschaftsgüter, die vom Betriebszweck gefordert werden und für die Betriebsführung besonderes Gewicht haben (insbesondere Grundstücke). Eine solche sachliche Verflechtung liegt nach Auffassung des FG Münster auch vor, wenn der Steuerpflichtige nicht der Eigentümer überlassener Räumlichkeiten war, sondern diese selbst angemietet hatte.

     

    2. Schuldzinsen und AfA als Drittaufwand

    Werden die laufenden Verpflichtungen aus einem zur Finanzierung von Praxisräumen aufgenommenen Darlehen tatsächlich von einem dem Nichteigentümer-Ehegatten zuzuordnenden Konto getragen, weil es nahezu ausschließlich durch dessen Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit gefüllt wird, dann ist der Nichteigentümer-Ehegatte auch zum Abzug der Zinsaufwendungen und zur Geltendmachung der AfA als Betriebsausgaben berechtigt (FG Düsseldorf 12.2.14, 7 K 407/13 E; Rev. BFH: VIII R 10/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Im Revisionsverfahren wird zu klären sein, ob Aufwendungen für Schuldzinsen und AfA im Wege des Drittaufwands beim Nichteigentümer-Ehegatten auch dann als Betriebsausgaben anerkannt werden können, wenn Darlehensnehmer zwar der Eigentümer-Ehegatte ist und Zins- und Tilgungsleistungen von einem sog. Oder-Konto erfolgen, die Mittelzufuhr jedoch nahezu ausschließlich durch die Einnahmen des Nichteigentümer-Ehegatten aus der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit in den überlassenen Räumlichkeiten erfolgt. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind Einspruch und Klage geboten.

     

     

    3. Nachträgliche Inanspruchnahme eines IAB

    Die bereits erfolgte Anschaffung des begünstigten Wirtschaftsguts steht der nachträglichen Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags (IAB) nicht entgegen. Der Abzugsbetrag ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil seine Inanspruchnahme erst nach einer Außenprüfung und damit möglicherweise zu dem Zweck erfolgt ist, die sich aus den Prüfungsfeststellungen ergebende Gewinnerhöhung auszugleichen (FG Niedersachsen 18.12.13, 4 K 159/13, BB 14, 622; Rev. BFH: IV R 9/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Auf der Grundlage noch zu § 7g EStG a.F. ergangener BFH-Rechtsprechung hat das BMF hierzu eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten (BMF 20.11.13, IV C 6-S 2139-b/07/10002, BStBl I 13, 1493, Tz. 26). Danach kommt keine nachträgliche Bildung eines Investitionsabzugsbetrags mehr in Betracht, wenn die Nachholung erkennbar dem Ausgleich nachträglicher Einkommenserhöhungen dienen soll (z.B. nach einer Betriebsprüfung). Setzt sich die Auffassung des FG Niedersachsen im Revisionsverfahren durch, eröffnet sich bei der Anwendung des § 7g EStG n.F. ein weitergehender Gestaltungsspielraum.

     

    4. Aktuelles zur Abgeltungsteuer

    Begriff der beruflichen Tätigkeit: Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG kann auf Antrag für Kapitalerträge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG der persönliche Steuersatz Anwendung finden, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und beruflich für diese tätig ist. Für eine berufliche Tätigkeit in diesem Sinne ist eine Sachbearbeitertätigkeit - im Streitfall handelte es sich um eine Chefsekretärin - ausreichend (FG Thüringen 13.11.13, 3 K 366/13, EFG 14, 277; Rev. BFH: VIII R 3/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Das Wahlrecht zur individuellen Versteuerung von Kapitalerträgen bei Berufstätigkeit für die Kapitalgesellschaft hängt damit entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht davon ab, dass mit der „beruflichen Tätigkeit“ maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann (vgl. BMF 22.12.09, IV C 1 - S 2252/08/10004).

     

    Abzugsverbot für Werbungskosten: Das ab VZ 2009 geltende Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 S. 1 EStG gilt nicht für Ausgaben, die zwar nach dem 31.12.08 getätigt wurden, die aber mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die dem Steuerpflichtigen bereits vor dem 1.1.09 zugeflossen sind (FG München 23.9.13, 7 K 3206/12, EFG 13, 1915; Rev. BFH: VIII R 60/13).)

     

    PRAXISHINWEIS | Liegt der durchschnittliche individuelle Steuersatz unter 25 % und sind über dem Sparer-Pauschbetrag liegende, tatsächliche Werbungskosten angefallen, sollten die Kapitalerträge im Rahmen einer optionalen Veranlagung erklärt und die Werbungskosten geltend gemacht werden (vgl. zur Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots: FG Baden-Württemberg 17.12.12, 9 K 1637/10, EFG 13, 1041; Rev. BFH: VIII R 13/13; zum Werbungskostenabzug bei einem individuellen Steuersatz von über 25 % siehe FG Thüringen 9.10.13, 3 K 1035/11, Rev. BFH: VIII R 18/14).

     

     

    5. Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 EStG

    Im Rahmen der Berechnung des Ermäßigungsbetrags nach § 35 Abs. 1 S. 2 EStG kann sich die im Zähler anzusetzende „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte“ aus gewerblichen Einkünften nach Durchführung eines horizontalen Verlustausgleichs ermitteln. Möglicherweise ist die Formulierung der „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte“ missglückt und entsprechend dem Finanzausschuss die „positive Summe der gewerblichen Einkünfte“ gemeint.

     

    Bei der im Nenner anzusetzenden „Summe aller positiven Einkünfte“ erfolgt keine quellenbezogene Beurteilung, sodass die Einkünfte aus allen Einkunftsarten in der Summe zu berücksichtigen sind, soweit sie nach einem horizontalen Verlustausgleich, der auch zwischen den Einkünften zusammenveranlagter Ehegatten vorzunehmen ist, positiv sind (FG Münster 12.12.13, 13 K 4566/10 E, EFG 14, 551; Rev. BFH: III R 7/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Bereits das FG Niedersachsen hatte kürzlich entschieden, dass bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - ein horizontaler Verlustausgleich sowohl bei der Ermittlung der „Summe aller positiven Einkünfte“ als auch bei der „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte“ vorzunehmen ist (FG Niedersachsen 15.8.13, 10 K 241/12, EFG 13, 1849, a.A. BMF 24.2.09, IV C 6-S 2296-a/08/10002, BStBl I 09, 440). Ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkunftsarten zur Ermittlung „der Summe aller positiven Einkünfte“ komme aufgrund des entgegenstehenden Wortlauts der Vorschrift hingegen nicht in Betracht.

     

    6. Gesellschafter-Darlehen bei Auflösungsverlust (§ 17 EStG)

    In einem Streitfall vor dem FG Köln hatte ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen i.H.v. 237.500 EUR gewährt, für das eine Rückzahlung in 60 Monatsraten vereinbart wurde. Im Darlehensvertrag war weder ein Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts des Darlehensgebers nach § 314 Abs. 1 BGB enthalten, noch eine Regelung, dass der Darlehensgeber hinsichtlich seiner Rückzahlungsansprüche gegenüber anderen Gläubigern der GmbH zurückzutreten habe. Ein solches Darlehen ist laut FG Köln nicht als Finanzplandarlehen zu qualifizieren. Der Darlehensausfall erhöht somit nicht den Auflösungsverlust nach § 17 EStG (FG Köln 19.12.13, 10 K 2113/10, EFG 14, 633).

     

    PRAXISHINWEIS | Finanzierungshilfen eines Gesellschafters zugunsten seiner Gesellschaft rechnen nur dann zu den nachträglichen Anschaffungskosten, wenn sie funktionales Eigenkapital darstellen. Diese Voraussetzung kann auch von Finanzplandarlehen erfüllt werden. Finanzplandarlehen, die von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen sind, dass die erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll, werden gesellschaftsrechtlich den Einlagen gleichgestellt. Voraussetzung einer solchen Finanzierungsmaßnahme ist, dass das Darlehen seiner Bestimmung nach auch in der Krise der Gesellschaft stehen bleiben soll, also nicht einseitig vom Gesellschafter kündbar ist.

     

    Beachten Sie | Verbleibt dem Darlehensgeber wie im Streitfall also das Recht zur Kündigung des Darlehens, handelt es sich nach diesen Grundsätzen nicht um ein Finanzplandarlehen.

    7. Rückforderung fehlerhaft berechneter Gehaltsbestandteile beim beherrschenden GGf

    Überzahlte (rückforderungsbelastete) Tantiemen und Urlaubsgelder sind im VZ des tatsächlichen Zuflusses beim angestellten GGf als Arbeitslohn zu erfassen. Die zurückgezahlten Beträge sind dann erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung als negative Einnahmen oder Werbungskosten zu berücksichtigen. Aus der Stellung als beherrschender GGf ergeben sich insoweit keine Besonderheiten hinsichtlich des Zeitpunktes des tatsächlichen Abflusses der Rückzahlungsbeträge (FG Niedersachsen 19.2.14, 9 K 217/12, BB 14, 854; Rev. BFH: VI R 13/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden GGf ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits früher vorliegen kann, wenn z.B. eine unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft fällig ist (etwa BFH 3.2.11, VI R 66/09, BFH/NV 11, 1057). Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob entsprechende Grundsätze auch auf der Ausgabenseite gelten. Das FG Niedersachsen hält eine Übertragung der Grundsätze nicht für zulässig. Allein die Ansätze von Rückzahlungsforderungen der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter bzw. entsprechende Verbuchungen auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto bewirken danach keinen tatsächlichen Abfluss der Rückzahlungsbeträge beim Arbeitnehmer. Der BFH hat im Revisionsverfahren Gelegenheit, diese Rechtsfrage zu klären.

     

     

    Beachten Sie | Rückzahlungen bzw. Rückbelastungen stellen keine rückwirkenden Ereignisse i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar. Eine nachträgliche Berichtigung der Steuerbescheide, in denen der Zufluss der überzahlten Beträge erfasst wurde, scheidet somit aus.

    8. Nutzungsentgelt des Arbeitnehmers für einen Dienstwagen

    Stellt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer - gegen Zahlung eines monatlichen, vom Nettorechnungspreis abhängigen Eigenanteils - einen Firmenwagen auch für private Fahrten zur Verfügung und wird der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt, so sind die vom Arbeitnehmer selbst getragenen monatlichen Kfz-Kosten Werbungskosten (FG Baden-Württemberg 25.2.14, 5 K 284/13; Rev. BFH: VI R 24/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF 6.2.09, IV C 5 - S 2334/08/10003, 2009/0046712, BStBl I 09, 412) und des FG Saarland (5.2.14, 4 K 2256/09, BB 14, 1126) stellen die den geldwerten Vorteil übersteigenden Zuzahlungen keine Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG dar. Bis zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtsfrage sind Einspruch und Klage geboten.

     

    9. Kein Betriebsausgabenabzug der Pauschalsteuer nach § 37 EStG für Geschenke

    Die auf Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG entfallende Pauschalsteuer nach § 37b EStG ist nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Diese Auslegung führt auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung (FG Niedersachsen 16.1.14, 10 K 326/13; Rev. BFH: IV R 13/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Setzt sich diese Auffassung des FG im Revisionsverfahren durch, wäre dies für betroffene Unternehmen äußerst nachteilig. Da eine Abwälzung der Pauschalsteuer nach § 37b EStG faktisch ausgeschlossen ist, verbleibt es beim Schenker dann bei einer endgültigen „Bruttobelastung“. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Steuerbescheide deshalb unbedingt offengehalten werden. Beachten Sie auch die aktuellen Urteile des BFH (16.10.13, VI R 52/11, VI R 57/11, VI R 78/12) zur Lohnsteuerpauschalierung bei Geschenken und zum Anwendungsbereich des § 37b EStG.

     

    10. Verfassungsmäßigkeit der Absenkung der Altersgrenze für das Kindergeld

    Die im Katalog des § 32 Abs. 5 EStG nicht enthaltene Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres schließt eine Berücksichtigung des studierenden Kindes nach Vollendung des 25. Lebensjahres aus. Das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke bei Interessenvergleichbarkeit zwischen dem gesetzlich geregelten und dem nicht geregelten Sachverhalt lässt eine analoge Anwendung des Verlängerungstatbestandes des § 32 Abs. 5 S. 1 EStG bei Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres ausscheiden. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist nicht erkennbar (FG Saarland 30.1.14, 2 K 1346/13).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Die durch das StÄndG 2007 eingeführte Absenkung der Altersgrenze auf das 25. Lebensjahr beendet unabhängig von der Fortdauer der Berufsausbildung damit den Anspruch auf Kindergeld. Ungeachtet der im Streitfall des FG Saarland angesprochene Problematik des Verlängerungstatbestandes ist diese grundsätzliche Kürzung des Bezugszeitraums für das Kindergeld verfassungsrechtlich unter verschiedensten Aspekten höchst zweifelhaft (Verschonung des Familienexistenzminimums, Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG, Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot, Verletzung des Vertrauensgrundsatzes, Schutz von Ehe und Familie).

     

    Zwar hatte das BVerfG ohne Angabe von Gründen die gegen das BFH-Urteil vom 17.6.10 (III R 35/09) erhobene Verfassungsbeschwerde durch Kammerbeschluss nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 22.10.12, 2 BvR 2875/10). Aktuell ist jedoch eine weitere Verfassungsbeschwerde unter dem Az. 2 BvR 646/14 (Vorinstanz: FG Nürnberg 14.1.13, 6 K 1905/12; NZB. durch Beschluss des BFH vom 24.2.14 als unbegründet zurückgewiesen) beim BVerfG anhängig.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 200 | ID 42698452