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  • · Fachbeitrag · Viertes Quartal 2013

    FG-Rechtsprechung kompakt: Die „Top 10“ für die Gestaltungsberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

    | Auch im letzten Quartal des Jahres 2013 haben wieder zahlreiche interessante Entscheidungen der Finanzgerichte die Entwicklung des Steuerrechts vorangetrieben. Betroffen sind sowohl verfahrensrechtlich als auch materiell-rechtliche Streitfragen sowie Problematiken bei der Gewinnermittlung. Die für die Gestaltungspraxis wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie „auf den Punkt gebracht“. |

    1. Nachträglich geltend gemachter Investitionsabzugsbetrag

    Die bereits erfolgte Anschaffung eines begünstigten Wirtschaftsguts steht der nachträglichen Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nicht entgegen. Die Inanspruchnahme ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie erst nach Durchführung einer Außenprüfung und damit möglicherweise nur erfolgte, um einen sich aus den Prüfungsfeststellungen ergebenden höheren Gewinn auszugleichen (FG Niedersachsen 18.12.13, 4 K 159/13, BB 14, 622, Rev. BFH: IV R 9/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten ist ein Steuerpflichtiger nicht daran gehindert, den Investitionsabzugsbetrag erstmals in der Außenprüfung geltend zu machen, denn das Wahlrecht kann bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung ausgeübt werden, auf die es sich auswirkt (vgl. BFH 17.1.12, VIII R 48/10, BStBl II 13, 952). Die Entscheidung des FG steht im Widerspruch zur aktuellen Verwaltungsauffassung (vgl. BMF 20.11.13, IV C 6-S 2139-b/07/10002, BStBl I 13, 1493, Rz. 26). Danach scheidet ein Investitionsabzug aus, wenn die Investition bereits durchgeführt wurde und der Abzug mehr als drei Jahre (taggenaue Berechnung) nach der Investition beantragt wird oder die Nachholung erkennbar dem Ausgleich nachträglicher Einkommenserhöhungen dient. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollte man daher einen Einspruch erwägen.

     

    2. Zahlung eines überhöhten Arbeitslohns an den Ehegatten

    Die Vereinbarung eines unangemessen hohen Arbeitslohns allein berührt die steuerliche Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses dem Grunde nach nicht. Ist das Arbeitsverhältnis im Übrigen steuerlich anzuerkennen, wird die Vergütung auf ein angemessenes Maß beschränkt (FG Niedersachsen 7.1.14, 9 K 135/12, DB 14, 512).

     

    PRAXISHINWEIS | Ergibt sich die Arbeitsleistung nicht schon aus der Art der Tätigkeit, müssen die Arbeitszeiten genau festgelegt sein oder durch Stundenaufzeichnungen nachgewiesen werden (vgl. BFH 17.7.13, X R 31/12). Unbezahlte Mehrarbeit des Angehörigen oder eine unüblich niedrige Entlohnung sind für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht zwingend schädlich.

    Beachten Sie | Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen der Arbeitslohn so gering ist, dass er nicht mehr als Gegenleistung angesehen werden kann (BFH 17.7.13, a.a.O.). In den praxisrelevanteren Fällen des unangemessen hohen Arbeitslohns stellt das Übermaß keinen Arbeitslohn und damit keine „Gegenleistung“ für erbrachte Arbeitsleistungen dar, sondern ist der privaten Sphäre zuzuordnen (§ 12 Nr. 2 EStG). Bei überhöhten Pachtzahlungen soll allerdings die steuerliche Anerkennung des Angehörigenvertrags insgesamt versagt werden (FG Niedersachsen 18.2.05, 13 K 392/02, EFG 06, 251).

    3. Zeitpunkt der Anschaffung i.S.d. § 9a EStDV

    Das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut ist erst dann übergegangen, wenn der Steuerpflichtige die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des Wirtschaftsguts trägt (FG Niedersachsen 20.11.13, 4 K 124/13; Rev. BFH: IV R 1/14).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Abschreibungen ist in der Regel die Anschaffung des Wirtschaftsguts. Zeitpunkt der Anschaffung ist nach § 9a EStDV der Zeitpunkt der Lieferung. Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien zumindest die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber in dem Sinne erlangt hat, dass er als dessen wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist. Voraussetzung für wirtschaftliches Eigentum wiederum ist der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten.

     

    Problematisch sind die Fälle, in denen am Bilanzstichtag nicht alle vorbezeichneten Merkmale erfüllt sind. Hier bedarf es einer wertenden Beurteilung an Hand der Verteilung der mit dem Vermögensgegenstand verbundenen Chancen und Risiken (vgl. BFH 1.12.12, I R 57/10, BStBl II 12, 407). Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs richtet sich in erster Linie nach den zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen. Im Ergebnis kann daher durch die vertragliche Ausgestaltung der Beginn der AfA-Inanspruchnahme beeinflusst werden.

    4. Keine Pflicht zur Vorlage freiwillig geführter Kasseneinzelaufzeichnungen von Barverkäufen

    Führt ein Apotheker freiwillig oder aus berufsrechtlichen Gründen weitergehende Aufzeichnungen als für einen Einzelhändler nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, ist er zu deren Herausgabe nicht verpflichtet. Die verweigerte Herausgabe dieser Unterlagen allein führt nicht zu einer Schätzungsbefugnis des Finanzamts (FG Münster 10.10.13, 2 K 4112/12 E, EFG 14, 91; Rev. BFH: X R 47/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Private, nicht aufzeichnungspflichtige Vorgänge, aber auch über die gesetzliche Pflicht hinausreichende Aufzeichnungen können vom Steuerpflichtigen jederzeit vernichtet werden. Dass sich diese Aufzeichnungen eventuell zur Verprobung mit den zu steuerlichen Zwecken geführten Büchern und Aufzeichnungen eignen, soll den Steuerpflichtigen nicht zu deren Herausgabe verpflichten und dem Finanzamt nicht als Grundlage für Zuschätzungen dienen.

    Hinweis | Gegenteiliger Ansicht ist allerdings das FG Sachsen-Anhalt (23.5.13, 1 K 396/12; Rev. BFH: X R 29/13). Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt über diese Frage Einspruch und Klage geboten (zur Schätzungsbefugnis bei Buchführungsmängeln vgl. BFH 24.6.09, VIII R 80/06, BStBl II 10, 452 und BFH 14.12.11, XI R 5/10, BFH/NV 12, 1921).

    5. Aufwendungen für einen häuslichen Telearbeitsplatz

    Der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG kann auch dann eröffnet sein, wenn der Steuerpflichtige einen häuslichen Telearbeitsplatz unterhält. Allein maßgebend für die Anwendbarkeit des Abzugsverbotes ist hier, ob der Raum, dessen Bereithaltung die betreffenden Aufwendungen verursacht, unter den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers zu subsumieren ist. Den arbeitsvertraglichen Gegebenheiten kommt dabei keine weitergehende Bedeutung zu (FG Düsseldorf 8.8.13, 11 K 1705/12 E, EFG 14, 250; Rev. zugelassen).

     

    PRAXISHINWEIS | Dagegen hatte das FG Rheinland-Pfalz in 2012 entschieden, dass Aufwendungen für einen häuslichen Telearbeitsplatz auch dann nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG unterliegen, wenn dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, er aber auf Grund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber gehalten ist, an mehreren Tagen in der Woche seine Arbeitsleistung an dem im häuslichen Bereich belegenen Telearbeitsplatz zu erbringen (FG Rheinland-Pfalz 19.1.12, 4 K 1270/09, EFG 12, 1625; Rev. BFH: VI R 40/12) . Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollte man entsprechende Verfahren offenhalten.

     

    6. Zeitpunkt der Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung

    Rückstellungen für Mehrsteuern aufgrund einer Außenprüfung sind erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung des zur Mehrsteuer führenden Sachverhalts rechnen muss. Im Regelfall ist insoweit keine unterschiedliche Behandlung von drohenden Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung und aufgrund einer Steuerhinterziehung gerechtfertigt. In beiden Fällen kommt es entscheidend darauf an, ob das Finanzamt durch eine aufdeckungsorientierte Maßnahme von dem die Steuer begründenden Lebenssachverhalt überhaupt Kenntnis erlangen wird (FG Düsseldorf 29.8.13, 13 K 4451/11 E,G; EFG 14, 253, Rev. zugelassen)

     

    PRAXISHINWEIS | Die Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt eine GewSt-Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer BP gebildet werden kann (im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder erst im Jahr der „Aufdeckung“), ist bislang in der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt (vgl. BFH 22.8.12, X R 23/10, BStBl II 13, 76). In der Literatur und von der Finanzverwaltung wird jedenfalls die Auffassung vertreten, dass auf das Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung abzustellen ist (vgl. z.B. Dötsch, jurisPR 36/2012, Anm. 2; FinMin Schleswig-Holstein 13.9.11, VI 304-S 2141-007). Daher sollten weiterhin der für den Mandanten steuergünstigere Zeitpunkt gewählt und bei „Widerstand“ der Finanzämter die Steuerbescheide offen gehalten werden.

    7. Aufdeckung der stillen Reserven bei Überführung eines Einzelwirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte

    Dem EuGH wird die Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, wenn für den Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts von einer inländischen auf eine ausländische Betriebsstätte desselben Unternehmens nationale Regelungen bestimmen, dass eine Entnahme für betriebsfremde Zwecke (Aufdeckung der stillen Reserven) vorliegt und der Entnahmegewinn gleichmäßig auf fünf oder zehn Jahre verteilt werden kann (FG Düsseldorf 5.12.13, 8 K 3663/11 F, EFG 14, 119; Az. des EuGH: C-657/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Nach Auffassung des FG Düsseldorf verstößt der Entstrickungstatbestand des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (ebenso: FG Rheinland-Pfalz 17.1.08, 4 K 1347/03, EFG 08, 680; FG Köln 18.3.08, 1 K 4110/04, EFG 09, 259), denn Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von stillen Reserven ist hier die Überführung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte. Die Überführung desselben Wirtschaftsguts in eine andere inländische Betriebsstätte des Unternehmens würde keine Besteuerung auslösen. Aufgrund dessen sei die Vorschrift geeignet, die Ausübung des Rechts, in einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Betriebsstätte zu gründen, einzuschränken.

     

    8. Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V?

    Wurde für die Ablösung eines zur Anschaffung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenen Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung (außerhalb der Spekulationsfrist) gezahlt, da eine Verpflichtung zur lastenfreien Übertragung des Grundstücks bestanden hat, so ist die Vorfälligkeitsentschädigung nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen (FG Düsseldorf 11.9.13, 7 K 545/13 E, EFG 13, 1906; Rev. eingelegt, Az . des BFH: IX R 42/13).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Dagegen ist das FG Niedersachsen der Auffassung, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen nachträglichen Schuldzinsen und der Überlassung des Mietobjektes zur Nutzung durch eine nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG erfolgte Veräußerung nicht unterbrochen wird (FG Niedersachsen 30.8.13, 11 K 31/13, EFG 13, 1990; Rev. BFH: IX R 45/13).

     

    Die weitere Rechtsentwicklung im Anschluss an die BFH-Entscheidung vom 20.6.12 (IX R 67/10, BStBl II 13, 275 betr. Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist) bleibt abzuwarten (hierzu aktuell: Podewils, jurisPR-SteuerR 1/2014 Anm. 3; ders., jurisPR-SteuerR 47/2013 Anm. 4).

    9. Übertragung eines WG auf eine personen- und beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft

    Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 EStG sind nicht erfüllt, wenn ein im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befindliches Grundstück in das Gesamthandsvermögen einer anderen personen- und beteiligungsidentischen Personengesellschaft gegen Übernahme der auf dem Grundstück lastenden und den Buchwert des Grundstücks übersteigenden Verbindlichkeiten übertragen wird (FG Baden-Württemberg 21.8.13, 4 K 1882/08, BB 14, 303; Rev. BFH: IV R 44/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Grundsätzlich könnte die Besteuerung stiller Reserven durch § 6b EStG vermieden werden (so Bünning, BB 14, 303). Die Anwendung der Vorschrift kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn ein Wirtschaftsgut an eine Schwestergesellschaft entgeltlich übertragen wird. Das übertragene Wirtschaftsgut stellt bei der Schwestergesellschaft ein Ersatzwirtschaftsgut dar, auf das stille Reserven übertragen werden können, auch wenn es sich um das nämliche Grundstück handelt (OFD Koblenz 23.12.03 - S 2139/S 2139aA, DStR 04, 314).

     

    10. Wechsel der Gewinnermittlungsart

    Durch das Einreichen eines (nachträglich erstellten) Jahresabschlusses i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG kann ein zuvor erklärter Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussrechnung wirksam widerrufen werden. Hierin ist kein erneuter Wechsel der Gewinnermittlungsart zu sehen, wenn dadurch lediglich die im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angewandte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG fortgeführt wird (FG Niedersachsen 16.10.13, 9 K 124/12; EFG 14, 243, Rev. BFH: IV R 39/13).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung steht das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zu (BFH 19.10.05, XI R 4/04, BStBl II 06, 509). Formal wird das Wahlrecht hiernach allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt.

     

    Doch Vorsicht: Ein Freiberufler, der freiwillig von der Einnahmen-/Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich übergegangen ist und eine Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre beantragt hat, kann ohne besonderen wirtschaftlichen Grund nicht zwei Jahre nach dem Wechsel der Gewinnermittlungsart wieder zur Einnahmen-/Überschussrechnung übergehen (BFH 19.3.09, IV R 57/07, BStBl II 09, 659 m.w.N.). Davon zu trennen ist der Widerruf einer im gleichen VZ getroffenen Wahl einer Gewinnermittlung (z.B. wenn sich die Wahl zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wegen einer vorzunehmenden Teilwert-AfA als ungünstig herausstellt).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 114 | ID 42567012