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  • 24.08.2010 | Außendarstellung der Kanzlei

    Werbung mit der Bezeichnung „Zertifizierter Testamentsvollstrecker“

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Ein Berufsangehöriger darf die Bezeichnung „Testamentsvollstrecker“ bzw. „Zertifizierter Testamentsvollstrecker“ im Briefkopf nicht führen, wenn er bislang lediglich zwei Testamentsvollstreckungen durchgeführt hat (OLG Nürnberg 28.5.10, 3 U 318/10, Abruf-Nr. 102559).

     

    Sachverhalt

    Ein Fachanwalt für Steuerrecht führte in seinem Briefkopf die Bezeichnung „Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)“. Bei der AGT handelt es sich um eine Arbeitsgemeinschaft, die Fortbildungsmaßnahmen im Erbrecht anbietet und bei erfolgreichem Bestehen von Leistungskontrollen ein entsprechendes Zertifikat ausstellt. Die zuständige Anwaltskammer hielt diese Bezeichnung für irreführend i.S. des § 4 UWG und klagte auf Unterlassung. Das OLG gab ihr, anders als die Vorinstanz, jetzt Recht.  

     

    Entscheidung

    Irreführende Werbung ist Anwälten wie auch Steuerberatern verboten (§ 43b BRAO, § 6 BORA bzw. § 57a StBerG, § 10 BOStB, jeweils i.V.m. § 4 UWG). Nach Meinung des OLG verstößt die von der Kammer gerügte Bezeichnung gegen dieses Werbeverbot, an dessen Wirksamkeit das Gericht keinen Zweifel hegt.  

     

    Will man die Frage der möglichen „Irreführung“ beurteilen, muss man nach allgemeiner Auffassung auf das Verständnis des „durchschnittlichen Verbrauchers“ zurückgreifen, der mit der strittigen Werbung konfrontiert wird. Ein solcher Referenzverbraucher ist der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Adressat, der Werbeaussagen die der konkreten Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Nach Meinung des Senats erwartet dieser Personenkreis zwar nicht ohne Weiteres, dass derjenige, der sich als Testamentsvollstrecker präsentiert, auch aktuell einer derartigen Tätigkeit nachgehen oder diese gar als eine Art „Zweitberuf“ ständig ausfüllen muss. Nötig ist jedoch deren regelmäßige praktische Ausübung. Im Urteilsfall war der Berufsangehörige aber überhaupt erst zweimal als Testamentsvollstrecker tätig gewesen. Schon deswegen ist die im Briefkopf geführte Bezeichnung nach Auffassung der Richter unsachlich und damit irreführend.