Betriebswirtschaftliche Beratung
Rentables Betätigungsfeld statt unentgeltlicher Service
von Rechtsanwalt Nikolaus Lutje, München
Nach herkömmlicher Vorstellung hat der Steuerberater seinen Auftraggeber in dessen Steuersachen zu beraten sowie zu vertreten und ihm bei der Bearbeitung seiner Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Zunehmend wird von gewerblichen Auftraggebern darüber hinaus eine betriebswirtschaftliche Beratung und Betreuung, etwa in Form von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Umsatz- und Kostenanalysen, Kostenrechnungen, Deckungsbeitragsrechnungen etc. erwartet und nachgefragt.
In der Praxis werden entsprechende Tätigkeiten von seiten des Steuerberaters vielfach als unentgeltliche Serviceleistung erbracht in der Hoffnung, den Mandanten dadurch stärker an die Kanzlei zu binden. Üblich – aber gebührenrechtlich unzulässig – ist auch ein Gebührenaufschlag, der i.d.R. in Form einer Anhebung des Gebührensatzes erfolgt. Nur selten wird der an sich richtige Weg gewählt und ein gesondertes Honorar vereinbart.
Weit verbreitete Meinung: StB-Honorar umfaßt betriebswirtschaftliche Beratung
Obwohl dem Steuerberater heute allgemein eine Beratungskompetenz in betriebswirtschaftlichen Fragen zuerkannt wird, bereitet die Abrechnung von betriebswirtschaftlichen Beratungsleistungen vielen Beratern Schwierigkeiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn neue Mandanten mit dem besonderen Service „betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen“ gewonnen werden.
Als Folge einer solchen Akquisitionspolitik gehen die Mandanten davon aus, daß ihnen durch die betriebswirtschaftliche Beratung keine zusätzlichen Kosten entstehen. So hat eine von der Universität Passau vor einigen Jahren durchgeführte Befragung von Unternehmen über die Honorierung speziell der betriebswirtschaftlichen Jahresabschlußanalyse folgende Antworten ergeben:
kein Honorar 30,4 %
im Gesamthonorar enthalten 59,8 %
gesondertes Honorar 9,8 %
Unentgeltliche Serviceleistung erschwert unternehmerische Profilierung
Nach Scharl sind es vor allem die kleineren und mittleren Betriebe, die den Steuerberater als nützlichen aber gleichzeitig kostenlosen Ratgeber in wirtschaftlichen Fragen betrachten. Diese Servicebereitschaft erweist sich allerdings als Nachteil, wenn der Steuerberater sich im Bereich der wirtschaftlichen Beratung profilieren will. Die Mandanten werden nur schwerlich bereit sein, zusätzlich für etwas zu zahlen, was sie in der Vergangenheit unentgeltlich erhalten haben. Andererseits kann eine qualifizierte wirtschaftliche Beratung auf Dauer nur erbracht werden, wenn auch der dadurch bedingte zusätzliche Aufwand honorarmäßig abgedeckt wird.
Gebührenrechtlich problematisch: Anhebung des Gebührensatzes
Wenn betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen abgerechnet werden, dann geschieht dies nicht selten dadurch, daß die Zehntelsätze der entsprechenden Gebühren angehoben werden, z.B. der Buchhaltungsgebühr bei laufender Kostenrechnung oder der Abschlußgebühr für eine betriebswirtschaftliche Jahresabschlußanalyse.
Das ist gebührenrechtlich problematisch. Nach § 1 regelt nämlich die StBGebV lediglich die Vergütung des Steuerberaters für seine selbständig ausgeübte Berufstätigkeit als steuerlicher Berater im Sinne von § 33 StBerG. Eine betriebswirtschaftliche Beratung ist zwar nach § 57 StBerG mit dem Steuerberaterberuf vereinbart, geht aber über den Regelungsbereich der StBGebV hinaus. Nach allgemeiner Ansicht ist die StBGebV auf nur vereinbare Tätigkeiten nicht anwendbar (z.B. Eggesiecker, Honorar für Steuerberatung 1989, § 1 Rn. 1.630; Eckert/Böttcher, StBGebV 2. Aufl. 1989, § 2 Rn. 2). Damit scheidet auch die Anhebung der Gebührensätze der StBGebV aus.
Kostenrechnung: zusätzliche Zeitgebühr nach § 33 Abs. 7 möglich
Eine Ausnahme wird allerdings zugelassen, wenn die betriebswirtschaftliche Beratungsleistung auch steuerlichen Zwecken dient. Bei einer Kostenrechnung ist das der Fall, wenn sie auch der Ermittlung der steuerlich relevanten Herstellungskosten dient. In diesem Falle kann eine zusätzliche Abrechnung über die Zeitgebühr nach § 33 Abs. 7 erfolgen (z.B. Eckert/Böttcher, § 33 Rn. 5; Eggesiecker, § 33 Rn. 33.390).
Soweit sie allerdings als Mittel der Kostenkontrolle, zur Kalkulation bei kurzfristigen Erfolgsrechnungen und zur Lieferung von betriebswirtschaftlichen Planungsinformationen dient – was zumeist der Fall ist –, kommt ihr eine steuerliche Relevanz nicht zu. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig, weshalb z.B. Eggesiecker mit Recht eine gesonderte Honorarvereinbarung empfiehlt (Rn. 33.394).
Zweckmäßig: Vereinbarung eines Zeithonorars nach § 4 StBGebV
Da wirtschaftliche Beratung und Steuerberatung verschiedenen beruflichen Tätigkeitsfeldern angehören, sollte auch die Vergütung für diese Tätigkeiten gesondert geregelt werden. Die Abrechnung der wirtschaftlichen Beratung orientiert sich dabei an der für diese Beratung im allgemeinen Wirtschaftsleben üblichen Vergütung i.S.v. §§ 612, 632 BGB.
Im Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensberatung werden die Beratungsleistungen weitgehend nach Zeit abgerechnet. Nach Eckert/Böttcher waren schon 1989 Stundensätze zwischen 100 DM bis 300 DM üblich. Zwischenzeitlich dürften Stundensätze unter 200 DM die Ausnahme sein. Ein Formulierungsbeispiel für eine Zeithonorarvereinbarung haben wir nachfolgend abgedruckt.
Formulierungsbeispiel
1. Die Vergütung wird nach Zeit berechnet. Sie beträgt derzeit 150 DM je angefangene halbe Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Abrechnung des Zeitaufwandes durch die Steuerberater erfolgt jeweils zum Ende eines Monats.
2. Die Steuerberater haben neben der vereinbarten Zeitvergütung Anspruch auf Auslagenersatz nach den Sätzen der Steuerberatergebührenverordnung.
Weiterführende Literatur: „Wirtschafts- und Unternehmensberatung: Was müssen Sie beachten?“ in KP 7/97, 1 ff.
Quelle: Kanzleiführung professionell - Ausgabe 06/1998, Seite 9