23.07.2009 | Bundesgerichtshof
Beratungspflicht bei auslaufendem Steuervorteil
von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert
Sucht ein Steuerpflichtiger Rat bei einem Steuerberater, muss dieser ihn umfassend und erschöpfend belehren. Er ist jedoch nicht verpflichtet, auch alternative Gestaltungsmöglichkeiten zu erläutern, wenn diese von der Finanzverwaltung mit hoher Wahrscheinlichkeit als Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) angesehen würden (BGH 19.3.09, IX ZR 214/07, Abruf-Nr. 091449). |
Sachverhalt
Im zugrunde liegenden Sachverhalt forderte die klagende Gesellschaft Schadenersatz aufgrund der Beratung im Zusammenhang mit Anteilsverkäufen des früheren Steuerberaters. Der Beklagte hatte auf der Grundlage des § 8b KStG a.F. ein Beratungskonzept entwickelt, dass das FA zunächst im Rahmen einer verbindlichen Auskunft akzeptiert, später aber wegen unvorhergesehener zeitlicher Verschiebungen bei dessen Umsetzung in Zweifel gezogen hatte. Letztendlich hob das FA die zunächst ergangenen Steuerbescheide doch noch auf und folgte der ursprünglichen Konzeption des Beraters. Seine Mandantin verlangte für die zwischenzeitlich gezahlten Steuerbeträge dennoch Schadenersatz, weil es Alternativgestaltungsmöglichkeiten gegeben habe. Der BGH wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Berater ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind. Nachteile für den Auftraggeber muss der Berater verhindern, sofern er solche vorhersehen und auch vermeiden kann. Dazu hat er dem Mandanten den relativ sichersten und ungefährlichsten Weg aufzuzeigen und die für den sachgerechten Erfolg notwendigen Schritte vorzuschlagen. Im Streitfall sah der BGH diese Voraussetzungen als erfüllt an. Zwar hätte theoretisch die Möglichkeit bestanden, die betreffenden Gesellschaftsanteile auch an eine Holding-GmbH zu veräußern und anschließend die Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft zu übertragen, um zur Steuerfreiheit eines Veräußerungsgewinnes zu gelangen. Nach Auffassung des Senats bestand bei dieser Alternative angesichts der aktuellen Verwaltungsauffassung und der Rechtsprechung der Finanzgerichte jedoch die erhebliche Gefahr, dass das FA ein solches Konzept als bloßen Versuch angesehen hätte, das geltende Steuerrecht zu umgehen. Ein solcher Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten hätte nach § 42 AO keinen Bestand gehabt. Überdies seien weitere steuerliche Konsequenzen nicht sicher abzuwägen gewesen. Aus diesem Grund bestand für den Berater keine Verpflichtung, seine Mandantschaft auf einen solchen Alternativweg hinzuweisen.
Praxishinweis: Der BGH bestätigt in dem Urteil erneut seine ständige Rechtsprechung (vgl. etwa BGH 8.2.07, IX ZR 188/05, WM 07, 903), nach der in Beratungsfällen die Entscheidungsbefugnis ausschließlich beim Mandanten verbleibt. Der Rechtsbeistand muss diesen nur umfassend, kompetent und lückenlos informieren, etwaige Gefahren aufzeigen und Risiken offen legen.
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