24.06.2008 | Checkliste
Die Fristenkontrolle – Das „A und O“ eines erfolgreichen Risikomanagements
Nach einer Fehlerstatistik eines großen deutschen Vermögensschadenhaftpflichtversicherers sind rund 18 v.H. der Haftpflichtschäden auf Fristversäumnis zurückzuführen. Diese beträchtliche Fehlerquelle spiegelt sich in der Anzahl der gerichtlichen Entscheidungen wieder. Dabei geht es stets um die Frage, ob die Versäumung einer Frist verschuldet war oder nicht. Ist Letzteres der Fall, kann Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden. Allerdings liegen die Chancen für einen erfolgreichen Antrag auf Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis nach meiner Einschätzung zwischen 5 und 10 v.H.
Diese geringe Erfolgsquote ist der Tatsache geschuldet, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle nicht immer ausreichend bei der Büroorganisation umgesetzt werden. Die folgende Checkliste soll Ihnen helfen, eine rechtssichere Organisation in der Fristenkontrolle zu schaffen. Die Anforderungen im Einzelnen:
1. Checkliste „ordnungsgemäße Fristenkontrolle“
1.Grundvoraussetzung für eine funktionierende Fristenkontrolle ist eine nachweisbar perfekt organisierte Posteingangsbearbeitung. Hierbei ist wie folgt zu verfahren:
2.In einem zweiten Schritt folgt nun die Fristenberechnung und -notierung. Hier gilt Folgendes:
3.Grundregeln bei der Postausgangskontrolle:
Beachte: Der Eintrag des Fristendes im Fristenkalender kann seinen Sicherungszweck nur erfüllen, wenn er erst gelöscht wird, wenn die fristgebundene Handlung tatsächlich erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund verlangt die Rechtsprechung, dass die Frist erst gestrichen werden darf, wenn die Sache zumindest postversandfertig gemacht und die Absendung sichergestellt ist. Postversandfertig im Sinne der Rechtsprechung bedeutet, dass der Schriftsatz nicht nur fertig gestellt und unterschrieben ist, sondern auch kuvertiert und – sofern er per Post befördert werden soll – auch frankiert ist. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass der Schriftsatz auch tatsächlich abgesandt wird.
4.Zu beachtende Besonderheiten bei Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen, die per Telefax übermittelt werden:
5.Soweit mit der Fristenkontrolle zuverlässige Mitarbeiter betraut sind, gilt der Grundsatz: Regelmäßige und sorgfältige Überwachung des Personals. Hierbei ist folgendes Kontrollschema anzuwenden:
Die Anforderungen an die Organisationspflicht insbesondere in Bezug auf fristgebundene Schriftsätze darf allerdings auch nicht überspannt werden. Dies hat der BGH in seinem Beschluss vom 9.4.08, AZ I ZB 101/06 (Abruf-Nr. 081581) klargestellt. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass ein fristwahrender Schriftsatz, der per Telefax am Tage des Fristendes übermittelt werden sollte, vom zuverlässig arbeitenden Büropersonal nicht übermittelt wurde. Das OLG hatte dem Rechtsanwalt ein Organisationsverschulden deshalb angelastet, weil dieser die Ausführung der erteilten Weisung (Übermittlung per Telefax) nicht konkret überwacht oder kontrolliert hatte. Dieser Rechtsansicht ist der BGH entgegen getreten. Danach ist eine konkrete Überwachung oder Kontrolle, ob die erteilten Weisungen ausgeführt werden, nicht erforderlich und stellt kein Organisationsverschulden des Berufsträgers dar. Diese Entscheidung gilt im gleichen Maße auch für die Organisationspflichten eines Steuerberaters.
6.Ein EDV gestützter Fristenkalender ist zulässig. Allerdings muss durch hinreichende Kontrolle sichergestellt sein, dass Eingabefehler oder Datenverluste rechtzeitig erkannt und minimiert werden. Dies kann z.B. durch regelmäßig kontrollierende Ausdrucke geschehen. Eine reine Datensicherung genügt nicht.
Praxishinweis: Ein papiergebundener Fristenkalender verursacht weniger Überwachungsaufwand als ein EDV gestützter Fristenkalender. Daher ist Papierform nach wie vor empfehlenswert. |
Sollte es doch trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Fristversäumung gekommen sein, muss ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 110 AO gegenüber der Finanzbehörde bzw. gemäß § 155 FGG i.V.m. § 230 ff. ZPO gegenüber dem Finanzgericht erfolgen. Dann ist vorzutragen, dass es sich um ein Büroversehen gehandelt hat, das einer zuverlässigen und erfahrenen Bürokraft unterlaufen ist. Hierzu gehört stets ein umfassender Sachvortrag zu folgenden Punkten:
- Durch welche Maßnahmen hat der Berufsangehörige sichergestellt, dass in seinem Büro die Fristen entsprechend seinen Anordnungen notiert und kontrolliert werden.
- Wann und wie hat der Berufsangehörige seine Bürokräfte entsprechend belehrt und wie hat er die Einhaltung dieser Belehrungen überwacht (siehe hierzu Beschluss des BFH 14.5.07, BFH/NV 07, 1684 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des BFH zu diesem Themenkomplex).
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