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  • 01.06.2006 | Finanzgerichtliche Verfahren

    Kindergeldangelegenheiten – Ermittlung von Streitwert und Gegenstandswert

    von Diplom-Finanzwirt Walter Jost, Saarbrücken

    Die Einsprüche und Klagen auf Kindergeldzahlungen häufen sich. Nicht selten verliert hier die beklagte Behörde. Jetzt ist es wichtig, den korrekten Gegenstandswert bzw. Streitwert zu berechnen, um nicht unnötig Geld zu verschenken – weder bei der Abrechnung des finanzgerichtlichen Verfahrens noch gegenüber Ihrem Mandanten. In diesem Beitrag erläutern wir die in der Praxis relevanten Streitwerte bei Kindergeldangelegenheiten. Dazu wurden folgende neue Grundsätze aufgestellt: 

    1. Verpflichtungsklage auf erstmalige Festsetzung

    Der Streitwert errechnet sich bei der Erhebung einer Verpflichtungsklage, mit der die erstmalige Festsetzung von Kindergeld erstrebt wird, aus der Summe der zwischen der Antragstellung und der Klageerhebung zu zahlenden Kindergeldbeträge und dem anschließenden Jahresbetrag des Kindergeldes (Hessisches FG 31.10.05, EFG 06, 140). Diese Rechtsprechung ist völlig neu. Sie folgt weder dem BFH, der im Falle von Verpflichtungsklagen den Jahresbetrag für angemessen hält (BFH 14.12.01, BFH/NV 02, 534), noch der Rechtsprechungen der FG Düsseldorf (27.1.05, EFG 05, 975) und Köln (1.12.04, EFG 05, 636). Sie vertreten die Auffassung, dass sich der Streitwert aus der Summe des bei Klageerhebung rückständigen Kindergeldes zuzüglich eines Jahresbetrages nach Erhebung der Klage errechnet. Das Hessische FG wählt einen anderen Zeitraum und bemisst den Streitwert aus der Summe der zwischen der Antragstellung und der Klageerhebung zu zahlenden Kindergeldbeträge und dem anschließenden Jahresbetrag des Kindergeldes.  

     

    Zur Begründung führt das Gericht aus, dass gemäß § 52 Abs. 1i.V.m. § 42 Abs. 1 S. 1 GKG auch bei der Bemessung des Streitwerts in Kindergeldsachen grundsätzlich der Betrag maßgebend ist, der auf die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage entfällt. Durch die niedrige Bemessungsgrundlage soll die Geltendmachung derartiger Ansprüche erleichtert werden. Nach Auffassung des Gerichts ist der Streitwert jedoch bei Verpflichtungsklagen analog zu § 42 Abs. 5 S. 1 GKG zu erhöhen, weil die Klage auf Kindergeld mit der Klage auf Zahlung fälliger Unterhaltsrückstände vergleichbar ist. Damit hier ein Anspruch für die Vergangenheit besteht, muss der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich durch eine besondere Maßnahme in Verzug setzen(§ 286i.V.m. § 1613 BGB). Fehlt es an einer solchen In-Verzug-Setzung, dann bleibt es bei dem im Unterhaltsrecht allgemein geltenden Prinzip, dass ein Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit nicht besteht.  

     

    Mit dem Antrag auf Kindergeld hat der Berechtigte bereits alles ihm Mögliche getan, um die Familienkasse zur Bestätigung seines Anspruchs auf Kindergeld zu veranlassen. Denn er hat die Familienkasse mit seinem formellen Antrag genauso zu einer Zahlung veranlasst, wie ein Unterhaltsberechtigter den Unterhaltsschuldner, indem er ihn in Verzug setzt. Der Streitwert wird in diesen Fällen regelmäßig als Summe der seit Antragstellung rückständigen Kindergeldzahlungen und dem Jahresbetrag nach Klageerhebung zu ermitteln sein.