16.12.2010 | Haftung
Fehlerhafte oder unvollständige Steuerberatung
von RA Gisela Streit, Münster
Ein Steuerberater ist verpflichtet, seinen Mandanten auf steuerrechtliche Irrtümer (hier: Berechnung eines zu geringen Umsatzsteuersatzes) hinzuweisen. Durch rechtmäßige Steuernachforderungen entstandene Aufwendungen können einen Anspruch auf Schadenersatz begründen, wenn dem Mandant der Nachweis gelingt, er hätte bei pflichtgemäßer Aufklärung die sich bei Berechnung des korrekten Mehrwertsteuersatzes ergebenden höheren Preise für die von ihm vertriebenen Produkte am Markt durchsetzen können (OLG Celle 24.2.10, 3 U 170/09, Rev. zugelassen, Abruf-Nr. 104061). |
Sachverhalt
Der Kläger ist im Einzelhandel tätig. In den Streitjahren erzielte er seinen Umsatz überwiegend mit der Veräußerung von Getränken in Automaten. In 2000 und 2001 brachte er die Umsatzsteuer lediglich mit 7 % in Ansatz. Sein ehemaliger Steuerberater hatte ihn nicht darauf hingewiesen, dass der ermäßigte Steuersatz bei ihm nicht zur Anwendung kommt. Der Steuerpflichtige begehrte von seinem Berater Ersatz der hieraus resultierenden Umsatzsteuernachzahlungen und Verzugszinsen von rund 46.000 EUR.
Entscheidung
Das OLG Celle entschied zugunsten des Klägers. Der beklagte Steuerberater betreute den Kläger bereits seit Anfang der 90er Jahre, machte für ihn die Buchführung, die Umsatzsteuervoranmeldungen, die betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die Jahresabschlüsse und die Jahreserklärungen. Er kannte den wirtschaftlichen Inhalt der Tätigkeit des Klägers und hätte deshalb den Mandanten darauf hinweisen müssen, dass nach dem Erlass des BMF (BMF 27.12.83, S 7220) auf aus Automaten verkaufte Getränke grundsätzlich der volle Steuersatz anwendbar ist. Das OLG bestätigte den geltend gemachten Schaden in vollem Umfang.
Entscheidend sei, ob es dem Kläger gelungen wäre, bei Kenntnis der erhöhten Umsatzsteuerpflicht die Umsatzsteuer an die jeweiligen Kunden weiterzugeben. Der Kläger konnte nachweisen, dass er in 2005, im Anschluss an den BP- Zeitraum, die um 5 Cent erhöhten Preise ohne Umsatzeinbußen durchsetzen konnte. Das OLG unterstellt diesen Sachverhalt deshalb auch für die Streitjahre; schließlich sei das vom Kläger angebotene Produkt ein Produkt im Niedrigstpreisbereich, die Erhöhung des Produktpreises für den Endkunden hätte sich auf geringem Niveau (5 Cent) bewegt. Die Möglichkeit, der Preiserhöhung auszuweichen, war deshalb für den jeweiligen Verbraucher als gering einzustufen.
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