24.06.2009 | Oberlandesgericht Celle
Pflichtwidriges Verhalten eines Steuerberaters
von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert
Ein Steuerberater, der ohne tiefgreifende Kenntnisse zum Gesamtvermögen seines Mandanten den Hinweis auf eine möglicherweise durch das FA erfolgende Schätzung des Vermögens und hierauf gründende Vermögensteuerbescheide unterlässt, handelt grundsätzlich pflichtwidrig. Gleiches gilt, wenn er bislang unversteuerte ausländische Kapitalerträge im Wege der Selbstanzeige (§ 371 AO) offenbart, nicht aber die Möglichkeit einer strafbefreienden Erklärung (§ 1 Abs. 1 StraBEG) wählt, um so die Festsetzung von Vermögensteuer zu vermeiden. Derartige Pflichtverletzungen führen aber nicht zu einer Schadenersatzpflicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mandant sich bei pflichtgemäßem Verhalten des Beistandes nicht beratungskonform verhalten hätte (OLG Celle 11.2.09, 3 U 226/08, Abruf-Nr. 090931). |
Sachverhalt
Der Kläger, der steuerlich nicht erfasste Vermögensbestandteile in der Schweiz angelegt hatte, wollte dieses Vermögen nach Deutschland transferieren. Er beauftragte eine Steuerberatungsgesellschaft, gegenüber dem FA eine zur Straffreiheit führende Erklärung abzugeben. Entsprechende Angaben wertete das FA als Selbstanzeige (§ 371 AO) und setzte Einkommen- und Vermögensteuer fest. Der Kläger verlangte von der Gesellschaft Schadenersatz, weil die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG die Festsetzung von Vermögensteuer ausgeschlossen hätte (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StraBEG). Das LG hatte der Klage nur in geringem Umfang im Hinblick auf zuviel gezahlte ESt stattgegeben. Die Berufung blieb erfolglos.
Entscheidung
Das OLG stellte, wie auch die Vorinstanz, eine objektive Verletzung der sich aus dem Mandat für die Steuerberatungsgesellschaft ergebenden Pflichten fest, weil der Weg der Selbstanzeige gegenüber der strafbefreienden Erklärung für den Mandanten nachteilig war. Indes fehlt es nach Meinung des Gerichts weitgehend an einem kausalen Schaden. Der Mandant war offenkundig nicht bereit, seinen Beiständen den „echten“ Gesamtbestand seines Vermögens zu offenbaren. Selbst im Einspruchsverfahren hatte er sich nicht zu seinen genauen Vermögensverhältnissen geäußert, obwohl er mit einer weiteren Vermögensteuerfestsetzung durch das FA rechnen musste. Hieraus sei aber zu schließen, dass der Mandant auch bei einer adäquaten Beratung im Vorfeld gegenüber seinem Berater keine korrekten Angaben gemacht und sich anschließend beratungskonform verhalten hätte.
Praxishinweis
Der konkrete Umfang der Beratungspflichten orientiert sich am erteilten Mandat und an den Umständen des einzelnen Falles (BGH 4.6.96, IX ZR 51/95, WM 96, 1826). Ein Rechtsbeistand ist grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet, soweit dieser nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er Rat nur in eine bestimmte Richtung wünscht. Rechtsunkundige muss er deswegen über die Folgen ihrer Erklärungen umfassend belehren und sie vor Irrtümern bewahren. Dazu muss der Beistand dem Mandanten diejenigen Schritte anraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und voraussehbare bzw. vermeidbare Nachteile für den Auftraggeber verhindern. Folgerichtig hat er dem Mandanten den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist.
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