01.05.2006 | Steuerberaterhaftung
Zur Einholung einer verbindlichen Auskunft
Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass Steuerberater immer dann zur Einholung einer verbindlichen Auskunft verpflichtet sind, wenn eine steuerliche Unsicherheit erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Mandanten hat und diese Unsicherheit nicht anderweitig aus dem Weg zu räumen ist (OLG Karlsruhe 26.10.05, 13 U 138/03, Abruf-Nr. 061033). |
Sachverhalt
Die beklagte WP-Gesellschaft wurde von den Klägerinnen beauftragt, diese bei der Veräußerung ihrer KG-Anteile steuer- und zivilrechtlich umfassend zu beraten. Ein Rechtsanwalt und ein Steuerberater erarbeiteten ein Veräußerungsmodell, das den Verkauf der Anteile nach dem Tranchenmodell vorsah. Die Rechtslage zu den steuerlichen Auswirkungen des Tranchenmodells galt allerdings als ungeklärt. Der zusätzlich beauftragte externe Steuerberater B schlug daraufhin eine Veräußerung nach dem Optionsmodell vor und beantragte auch schließlich zu dem anderen Modell eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt. Ohne die Auskunft abzuwarten, wurde der Kaufvertrag nach dem Optionsmodell geschlossen. Das Finanzamt erteilte danach die verbindliche Auskunft, dass das Tranchenmodell keine negativen steuerlichen Auswirkungen gehabt hätte. Den Klägerinnen entstand in der Folgezeit ein finanzieller Schaden in Höhe von 2,5 Mio. DM.
Anmerkung
Das OLG Karlsruhe verurteilte die WP-Gesellschaft auf Schadenersatz. Die Beklagten haben ihre vertraglichen Pflichten verletzt, weil sie die steuerlichen Risiken des Tranchenmodells nicht rechtzeitig geklärt haben. Daraus entstand die Unsicherheit, die dazu führte, dass die Klägerinnen einen steuerlich unbedenklichen, aber zivilrechtlich nachteiligen Vertrag abschlossen. Das OLG Karlsruhe machte zwar deutlich, dass nach ihrer Auffassung keine generelle Pflicht des Steuerberaters besteht, eine verbindliche Auskunft einzuholen. Doch im Streitfall lag keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor, und die ungeklärte Rechtslage hatte eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die Mandanten. Die Beklagten konnten außerdem ihre letztlich zutreffende Ansicht zu dem empfohlenen Verkauf der Anteile nach dem Tranchenmodell nicht ausreichend untermauern. Allein deshalb haben die Klägerinnen nicht am Tranchenmodell festgehalten.
Praxishinweis
Der Steuerberater ist grundsätzlich verpflichtet, jede steuerliche Unsicherheit aus dem Weg zu räumen, sei es mit Hilfe der Rechtsprechung, der Literatur oder durch Beispiele aus der Praxis. Drohen dem Mandanten erhebliche negative Folgen und liegt keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor, ist eine verbindliche Auskunft einzuholen. Diese muss rechtzeitig und schriftlich beantragt werden. Kann die Klärung nicht rechtzeitig erfolgen, sollte der Mandant schriftlich über die bestehenden Zweifel und Risiken informiert werden. Zuletzt hatte sich das OLG Düsseldorf (20.1.04, 23 U 28/03) zur Einholung einer verbindlichen Auskunft durch den Steuerberater geäußert (KP 05, 81). (GB)
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