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  • 22.03.2010 | Verfahrensrecht

    Verzögerungen im berufsgerichtlichen Verfahren und ihre Folgen

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Die Strafgerichte berücksichtigen bei der Strafzumessung auch die Dauer des Ermittlungsverfahrens und reduzieren bei übermäßig langen Ermittlungen die zu verhängenden Sanktionen. Solche rechtsstaatswidrigen Verzögerungen müssen gleichermaßen im gegen einen Steuerberater geführten berufsgerichtlichen Verfahren kompensiert werden (BGH 7.12.09, StBSt (R) 2/09, Abruf-Nr. 100236).

     

    Sachverhalt

    Das LG hatte gegen den Steuerberater wegen beruflicher Verfehlungen einen Verweis und eine Geldbuße von 12.500 EUR ausgesprochen. Der BGH akzeptierte die in der Berufung schon auf 7.000 EUR reduzierte Summe, sah aber wegen der außergewöhnlich langen Verfahrensdauer einen Teilbetrag von 3.000 EUR als schon vollstreckt an.  

    Entscheidung

    Der Senat hält zunächst fest, dass die Frage einer eventuellen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nur anhand des konkreten Einzelfalls entschieden werden kann, also die Schwere der Vorwürfe und das Verschulden des Berufsangehörigen einerseits sowie andererseits die Verfahrensdauer und das Ausmaß der Belastungen, die der Betroffene wegen der Ermittlungen erleiden musste, in Relation gesetzt werden müssen. In leichten Fällen reicht es dann aus, eine Verfahrensverzögerung in den Urteilsgründen ausdrücklich festzustellen und ihre konkreten Auswirkungen, insbesondere bei einem großen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil, im Rahmen der allgemeinen Rechtsfolgenbemessung zu berücksichtigen.  

     

    In Fällen, in denen trotz der Verzögerung eine Warnung oder ein Verweis (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StBerG) unabdingbar sind, muss das Gericht festhalten, dass zur gebotenen Kompensation ein bestimmter Zeitraum der für die berufsgerichtliche Verurteilung vorgesehenen Tilgungsfrist (§ 152 Abs. 1 S. 1 StBerG) bereits als verstrichen gilt. Die Verurteilung ist dann entsprechend vorzeitig aus den bei der zuständigen Berufskammer bzw. den Finanzbehörden geführten Akten zu tilgen. Nur ein außergewöhnlich großes Ausmaß der Verfahrensverzögerung und damit verbundene besonders schwere Belastungen des Steuerberaters können im berufsgerichtlichen Verfahren ganz ausnahmsweise ein absolutes Verfahrenshindernis begründen. In solchen Fällen kommt daher regelmäßig eine vollständige Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153a StPO in Verbindung mit § 153 StBerG in Betracht.