· Nachricht · Abgabenordnung
Wirksame Bekanntgabe an Bevollmächtigten bei Vollmachtswiderruf
von Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof
| Der BFH hat entschieden, dass es für den wirksamen Zugang eines schriftlichen Verwaltungsakts unerheblich ist, dass die Außenvollmacht des Bevollmächtigten beim Bekanntgabezeitpunkt noch besteht ( BFH 8.2.24, VI R 25/21 ). |
Sachverhalt
Die Steuerberatungsgesellschaft X legte für den Kläger Einspruch ein, den sie trotz telefonisch erlangter Begründungsfristverlängerung jedoch nicht begründete. Mit Einspruchsentscheidung vom 30.9.20 (Aufgabe zur Post) wurde dieser als unbegründet zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 2.10.20 (Eingang beim FA) teilte X mit, dass die Vollmacht im Frühjahr 20 erloschen sei. Es meldete sich sodann die Y Steuerberatungsgesellschaft, an die das FA am 4.12.20 eine Kopie der Einspruchsentscheidung schickte. Strittig ist, ob die daraufhin von der Y am 4.1.21 erhobene Klage noch fristgerecht ist.
Entscheidungsgründe
Der BFH erachtet die Klage gemäß § 47 Abs. 1 1 FGO verfristet, weil sich die einmonatige Klagefrist Abs. Bekanntgabe an die X berechnet. Das FA hat nämlich ermessensgerecht gemäß § 122 Abs. 1 3 AO die Einspruchsentscheidung an die X bekannt gegeben. Da die X, eine Berufsausübungsgesellschaft i. S. v. § 3 1 Nr. 2 StBerG, den Einspruch für die Klägerin einlegte und telefonisch um Fristverlängerung ersuchte, durfte das FA nach § 80 Abs. 2 1 AO von deren Bevollmächtigung ausgehen (BFH 16.3.22, VIII R 19/19, BStBl II 22, 459). Der Widerruf der Vollmacht wurde gegenüber dem FA gemäß § 80 Abs. 1 3 AO erst mit dessen Zugang (2.10.20) wirksam, daher durfte am 30.9.20 die Bekanntgabe noch gegenüber X erfolgen (BFH 14.11.12, II R 14/11, BFH/NV 13, 693).
Insofern gilt nach § 108 Abs. 3 und § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO die Einspruchsentscheidung am 5.10.20 (Montag) bekannt gegeben. Die Vollmacht muss nicht zu diesem Zeitpunkt noch Wirksamkeit gegenüber dem FA entfalten (FG Brandenburg 30.8.00, 2 K 779/97 E, EFG 01, 154). Nach dem Wortlaut des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO und dem Zweck der Regelung des § 80 Abs. 1 3 AO darf das FA, bis der Widerruf der Vollmacht zugeht, auf deren Bestand vertrauen (BT-Drs. VI/1982, 131). Zudem ist bei der gerichtlichen Überprüfung einer Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt des letzten Verwaltungshandelns (Aufgabe zur Post) abzustellen. MIt dem Versand der Kopie der Einspruchsentscheidung wurde keine neue Klagefrist in Gang gesetzt (BFH 9.12.09, X R 54/06, BStBl II 10, 732).
Relevanz für die Praxis
Es ist dringend geboten ist, das FA bzw. FG vom Widerruf einer Vertretungsvollmacht umghend in Kenntnis zu setzen, um sich nicht gegenüber dem Mandanten regresspflichtig zu machen.