· Fachbeitrag · Mandanten-Offboarding
Kündigung zur Unzeit ‒ Gefahr oder Chimäre?
von RA StB Simon Beyme, FAfStR, Berlin, www.roemermann.com
| Teilweise halten Steuerberater viel zu lange an schwierigen Mandaten fest, nur weil sie die Kündigung zur Unzeit fürchten. Diese Angst hat dabei ihre eigene Dynamik: Sie ist bei den Mandaten am größten, bei denen sich die Situation immer weiter zuspitzt. Eigentlich wollte der Berater längst gekündigt haben, hat es aber aus Angst vor der Kündigung zur Unzeit immer vor sich hergeschoben und glaubt nun, deswegen „erst recht“ nicht mehr kündigen zu können. Diesen Beratern kann der Beitrag helfen. |
Worüber sprechen wir zivilrechtlich?
Steuerberatungsleistungen sind als Dienste höherer Art grundsätzlich jederzeit kündbar (§ 627 Abs. 1 BGB). Die Kündigung darf, sofern kein wichtiger Grund vorliegt, nur nicht zur Unzeit erfolgen (§ 627 Abs. 2 BGB). Auch eine Kündigung zur Unzeit ist gleichwohl wirksam. Der Steuerberater macht sich aber schadenersatzpflichtig (BGH 4.7.02, IX ZR 153/01, zur Kündigung eines RA). § 14 BOStB schreibt zudem berufsrechtlich vor, dass die Zusammenarbeit mit Mandanten grundsätzlich nicht sofort beendet werden kann. Vielmehr müssen zur Vermeidung von Rechtsverlusten des Mandanten in jedem Fall noch zumutbare Handlungen vorgenommen werden, die keinen Aufschub dulden. Andererseits: Liegt ein wichtiger Grund für eine Kündigung vor (§ 626 BGB), kommt eine Kündigung zur Unzeit ohne Schadenersatzpflicht in Betracht. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Wichtige Gründe sind u. a. ausstehende Honorarzahlungen in nicht unerheblicher Höhe oder ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis z. B. aufgrund bewusster Falschangaben des Mandanten, verbaler Entgleisungen oder körperlicher Übergriffe.
Wann erfolgt eine Kündigung überhaupt zur Unzeit?
Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn für den (Ex-)Mandanten nicht mehr ausreichend Zeit besteht, um sich die gekündigten Dienste anderweitig zu beschaffen. Dass der Folgeberater teurer ist, spielt keine Rolle (OLG Düsseldorf 3.7.1986, 18 U 45/86). Gerne wird als Beispiel die Kündigung am letzten Tag einer Frist (Einspruch, Klage) genannt. Generell kommt es aber auf den Einzelfall des Mandats (einfaches ESt-Mandat oder mittelständischer Konzern) an.
Mit welcher Frist sollte ich also als Berater mindestens kündigen?
Als zeitliche Untergrenze zur Vermeidung der Unzeit kann voraussichtlich eine vom Steuerberater eingehaltene Kündigungsfrist von (mindestens) einem Monat gelten. Begründen lässt sich dies damit, dass sich diese Dauer in verschiedenen Vorschriften (steuer-, berufs- und zivilrechtlich) widerspiegelt, die für Steuerberater bedeutsam sind: Voranmeldungszeiträume (§ 18 Abs. 2 UStG, § 41a Abs. 2 EStG), Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 AO), Klagefrist (§ 47 Abs. 1 FGO), Bestellung eines Praxisvertreters (§ 69 Abs. 1 StBerG), AGB-Kündigungsfrist bei Dauerverträgen (§ 309 Nr. 9c BGB). Demnach dürfte bei einer Kündigung zu einem mindestens einen Monat in der Zukunft liegenden Zeitpunkt regelmäßig noch keine Kündigung zur Unzeit vorliegen.