· Fachbeitrag · Berufsrechtsreform
Darf die Tochtergesellschaft in einem Holding- Modell als Steuerberatungsgesellschaft firmieren?
von RA StB Simon Beyme, FAfStR, Berlin, www.roemermann.com
| Bei einer Steuerberater-Holding, die 100 % der Anteile an einer Tochtergesellschaft hält, stellt sich die Frage, ob sich die Tochtergesellschaft weiter als „Steuerberatungsgesellschaft“ bezeichnen darf. Hintergrund ist § 55g StBerG, wonach nur Berufsausübungsgesellschaften (BAG), bei denen Steuerberater die Mehrheit der Stimmrechte haben und bei denen die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans Steuerberater sind, die Bezeichnung Steuerberatungsgesellschaft führen dürfen. |
Eine mittelbare Zurechenbarkeit reicht im Holding-Modell
Eine enge, am Wortlaut orientierte Auslegung des § 55g StBerG, die auf die unmittelbare Beteiligung natürlicher Personen abstellt, ist hier m. E. nicht angezeigt. In der Sache geht es darum, dass, wenn sich eine BAG „Steuerberatungsgesellschaft“ nennen möchte, die Mehrheit der Stimmrechte Steuerberatern zustehen soll. Dies ist auch dann gewährleistet, wenn die Mehrheit der Stimmrechte einer steuerberatenden BAG zusteht, bei der wiederum Steuerberater die Mehrheit der Stimmrechte innehaben.
Hier lässt sich der Rechtsgedanke des § 55a Abs. 1 S. 2 StBerG nutzbar machen. Danach kommt es bei den von mehrstöckigen Gesellschaften einzuhaltenden gesetzlichen Voraussetzungen, die in der Person der Gesellschafter oder der Mitglieder der Geschäftsführung erfüllt sein müssen, auf die Gesellschafter und die Geschäftsführung der beteiligten Gesellschaft an. Diese Wertung lässt sich auf § 55g StBerG übertragen. Wenn sich also die Holding nach § 55g StBerG Steuerberatungsgesellschaft nennen darf, dann darf es auch die Tochtergesellschaft und muss nicht umfirmieren. Da § 55g StBerG eine „Kann-“ bzw. „Darf“-Regelung ist, kann die Tochtergesellschaft oder die Holding aber auch umfirmieren, sofern eine Bezeichnung verwendet werden soll, die ohne das Wort Steuerberatungsgesellschaft auskommt.
Bestandsschutz bei Beteiligung einer WP- oder einer RA-Gesellschaft?
Beteiligt sich z. B. eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder eine Rechtsanwaltsgesellschaft mehrheitlich an einer Steuerberatungsgesellschaft, so ist auch das berufsrechtlich zulässig (§ 55a Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 StBerG). Eine nach dem 1.8.22 gegründete Tochtergesellschaft darf sich dann aber nicht „Steuerberatungsgesellschaft“ nennen, denn die Stimmrechte müssen bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mehrheitlich Wirtschaftsprüfern (§ 28 Abs. 1 WPO) und bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft mehrheitlich Rechtsanwälten (§ 59p BRAO) zustehen.
Ob Bestandsschutz für die Firmierung als „Steuerberatungsgesellschaft“ bei Gesellschaften besteht, die sich bereits vor dem 1.8.22 zulässigerweise so bezeichneten, ist gerichtlich nicht geklärt. Es sprechen aber gute Gründe für einen entsprechenden Bestandsschutz (vgl. Beyme, Stbg 22, 275), auch wenn die BStBK dies in ihren FAQ zu BAG (Stand: 15.9.22) anders sieht.