· Fachbeitrag · Billigkeitsmaßnahme
Antrag auf Erlass gemäß § 227 AO hat nur in begründeten Ausnahmefällen Aussicht auf Erfolg
von Dr. Stephan Peters, Warendorf
| Der BFH (7.9.17, X B 52/17, Abruf-Nr. 198315 ) hat die engen Voraussetzungen für einen Erlass nach § 227 AO bestätigt. Sofern die Finanzbehörden nicht über einen Erlassantrag entscheiden, ist vor Einreichung einer Untätigkeitsklage zunächst ein Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 S. 2 AO einzulegen. |
Hintergrund
Gemäß § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Wann dies der Fall ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Es handelt sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in jedem Einzelfall einer Ausfüllung bedarf (vgl. Galleiske, StuW 57, 642). Da der Anwendungserlass zur AO die Regelung des § 227 AO auslässt und sich die Verwaltung insoweit nicht äußert, ist auf die in der Literatur anerkannten Fallgruppen zurückzugreifen. Diese werden mangels abweichender Bestimmungen im Anwendungserlass zur AO auch von der Verwaltung herangezogen. Danach ist ein Erlass nach § 227 AO bei Vorliegen persönlicher und/oder sachlicher Billigkeitsgründe denkbar.
Sachliche Billigkeitsgründe
Zur Annahme sachlicher Billigkeitsgründe bedarf es zunächst einer Betrachtung des im Gesetzgebungsverfahren erklärten oder der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Gesetzgebers. Widerspricht die Einziehung der Steuer diesem Willen bzw. den Wertungen des Gesetzgebers, kommt ein Erlass in Betracht (BFH 29.8.91, V R 78/86, BStBl II 91, 906). In der Vergangenheit stellte die Rechtsprechung insoweit die hypothetische Frage, ob die Einziehung im Einzelfall unbillig ist ‒ ob der Gesetzgeber also die im konkreten Einzelfall zu beurteilende Frage im Rahmen einer gesetzlichen Regelung i. S. d. beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (vgl. BFH 4.2.10, II R 25/08, Abruf-Nr. 101272).
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