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  • · Fachbeitrag · Digitalisierung des Berufsstands

    Steuerberaterplattform und beSt ‒ Das kommt auf die Beraterschaft zu

    von StB Jürgen Derlath, Münster

    | Ab dem 1.1.23 wird dem Berufsstand ein beSt empfangsbereit eingerichtet. Sobald dieses dem Berufsträger zur Verfügung steht, ist die Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs verpflichtend. Jens Henke (Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg) und Dr. Dieter Mehnert (BStBK) diskutieren in diesem Video (Stand: Juni 2022) über die Steuerberaterplattform und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt). Sie gehen dabei auf so wichtige Punkte ein wie den Sinn und Zweck von Steuerberaterplattform und beSt, deren Vorteile und das geplante Prozedere der Einführung ein. |

    Sinn und Zweck von Steuerberaterplattform und beSt

    Die Steuerberaterplattform soll ‒ künftig ‒ der zentrale Zugang für die Berufsangehörigen zu anderen Anbietern elektronischer Dienstleistungen sein, seien es z. B. Gemeinden (wegen der Gewerbesteuer oder der Grundsteuer), Sozialversicherungsträger oder andere für Steuerberater/innen relevante Dienstleister wie Fördermittelstellen. Im ersten Schritt enthält die Steuerberaterplattform jedoch zunächst das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) sowie eine digitale Identität. Denn auch für die Inanspruchnahme elektronischer Dienstleistungen ist es wichtig, dass man sich als Berechtigte/r oder Bevollmächtigte/r ausweist, also die eigene Identität angibt. In der digitalen Welt des Onlinezugangsgesetzes (OZG) übernehmen elektronische Postfächer diese Aufgabe. Bürger können sich ein elektronisches Bürgerpostfach einrichten, für Unternehmen gibt es das elektronische Unternehmenspostfach (zusammen oft als eBO bezeichnet). Daneben gibt es aber auch die besonderen elektronischen Postfächer für Behörden (beBPo), Anwälte (beA), Notare (beN) und Steuerberater (beSt).

     

    Das beSt bietet gegenüber dem eBO die Besonderheit, dass nicht nur eine allgemeine Identität, sondern auch die besondere Identität als Steuerberater/in und als Bevollmächtigte/r mitgegeben wird. Beide Merkmale werden von den Steuerberaterkammern im Berufsregister und in der Vollmachtsdatenbank verwaltet. Die Steuerberaterplattform ist damit ein Identitätsanbieter wie z. B. auch das ELSTER-Konto der Finanzverwaltung oder ein privater Anbieter wie verimi, die ebenfalls digitale Identitäten von Benutzern speichern und verwalten. Das beSt beruht auf dem EGVP-Postfach und hat damit die höchstmögliche Anerkennung als sicherer digitaler Prozess.

    Vorteile dieser digitalen Infrastruktur

    Identität des Absenders ist gesichert

    Durch die Kommunikation über das beSt kann die Gegenseite (z.B. ein anderer Steuerberater, ein Rechtsanwalt, ein Gericht, eine Behörde, weitere Anbieter elektronischer Dienstleistungen) sicher sein, dass hier ein Steuerberater handelt, und wenn er für einen Dritten handelt, dass er dazu bevollmächtigt ist. Grundsätzlich könnten auch die allgemeinen elektronischen Bürger- und Organisationspostfächer für die digitale Kommunikation verwendet werden. Mit ihnen können aber die beiden Merkmale (Steuerberater, Bevollmächtigung) nicht in verfizierbarer Weise mitgegeben werden. Der Nutzer kann mit diesen Postfächern nur mit seiner allgemeinen Identität handeln, nicht aber mit der besonderen als Steuerberater. Da Wirtschaftsprüfer kein besonderes Postfach haben werden, bleibt ihnen nur dies Möglichkeit und sie müssen ihre Berufsträgereigenschaft und Bevollmächtigung jedes Mal erneut nachweisen, wenn sie nicht zugleich Steuerberater oder Rechtsanwalt sind und die besonderen Postfächer nutzen können.

     

    • Beispiel: Nachweis des „prüfenden Dritten“ bei den Corona-Hilfen

    Hätte das beSt schon 2020 zur Verfügung gestanden, wäre den Steuerberatern das ganze Nachweisprozedere zur Anerkennung als „prüfender Dritter“ erspart geblieben und es wäre Betrügern nicht gelungen, sich als Steuerberater auszugeben, um Corona-Hilfen für erfundene Mandanten zu erschleichen.

     

    Single-sign-on wird möglich

    Ein wesentlicher Vorteil ist, dass so für die Nutzung verschiedener elektronischer Dienstleistungen nur eine Anmeldung erforderlich ist (single-sign-on, SSO), was für den Anwender wesentlich komfortabler und sicherer ist, als bei allen Anbietern von elektronischen Dienstleistungen Konten zu unterhalten und sich immer wieder neu anmelden zu müssen. Beim SSO wird die digitale Identität einmal bei der Anmeldung überprüft und somit sind digitale Dienstleistungen ganz unterschiedlicher Dienstleister, die am SSO teilnehmen, zugänglich, ohne dass sich der Nutzer bei jedem Dienstleister separat registrieren und separat anmelden müsste.

     

    • Beispiel: Single-sign-on bei mehreren Anbietern

    Beispielsweise würde die Anbindung des Bundesanzeigers mittels SSO an die Steuerberaterplattform bedeuten, dass sich der bei der Steuerberaterplattform eingeloggte Anwender nicht noch extra beim Bundesanzeiger anmelden muss. Gerade im Hinblick auf die weiteren Ausbaustufen der Steuerberaterplattform (wie z. B. Rentenversicherungsträger), wäre das ein immenser Schub für effiziente Kanzleiprozesse.

     

    Zugang, Registrierung, Datenaustausch

    Der Zugang zur Steuerberaterplattform und zum beSt erfolgt über eine Schnittstelle in der Fachsoftware oder über einen Stand-alone-client für diejenigen, die keine Fachsoftware in ihrer Kanzlei einsetzen. Die BStBK hat die DATEV mit der Erstellung der Steuerberaterplattform beauftragt, die ihrerseits die anderen Fachsoftwareanbieter insbesondere in die Schnittstellenerstellung eingebunden hat.

     

    Registrierung und Datenaustausch

    Für die Registrierung ist ein neuer Personalausweis mit freigeschalteter elektronischer Ausweisfunktion (eID) erforderlich. Ausländische Berufsträger können die eID-Karte für EU-/EWR-Bürger oder den elektronischen Aufenthaltstitel verwenden. Für die Nutzung nach der Registrierung ist übergangsweise der Kammerausweis möglich.

     

    Bei der einmalig erforderlichen Registrierung für das beSt werden nur solche personenbezogene Daten aus dem Personalausweis ausgelesen, die zur Zuordnung der Person zum Eintrag im Berufsregister erforderlich sind (z.B. Vor- und Nachname, Geburtdatum und -ort) ‒ jedoch nicht die Privatanschrift. Der Nutzer kann dabei nachverfolgen, welche Daten ausgelesen werden. Daneben wird ein Merkmal generiert, anhand dessen der Ausweis wiedererkannt werden kann. Bei den Anmeldungen werden keine personenbezogenen Daten mehr ausgetauscht, sondern es wird nur noch überprüft, ob das bei der Steuerberaterplattform hinterlegte Merkmal mit dem aus dem Personalausweis Merkmal übereinstimmt (Zero-Knowledge-Beweis). Die Steuerberaterplattform selbst gibt nur Daten aus dem Berufsregister weiter, also Daten, die ohnehin öffentlich sind. Auf dem Personalausweis gespeicherte Daten werden nicht weitergegeben.

     

    Einbindung in die Kanzleiorganisation

    Hinsichtlich der Kanzleiorganisation gilt, dass Steuerberaterplattform und beSt mit dem bestehenden Rechte- und Rollenkonzept kompatibel sind. Vorbereitende Handlungen bleiben delegierbar. Mitarbeiter können also weiterhin die Eingangspost sichten und bearbeiten bzw. Schriftsätze vorbereiten. Nur der Versand bleibt dem Berufsträger vorbehalten, denn hier muss die Identität des Absenders gesichert sein.

    Wie geht es weiter?

    Geplant ist, dass ab Oktober die Pilotphase beginnt. In dieser Phase sollen bis zu 100 Berufsträger/innen, die von den verschiedenen Fachsoftwareanbietern nach unterschiedlichen Kriterien (Kanzleigröße, Alter, IT-Affinität etc.) ausgewählt wurden, die Software testen.

     

    Auch noch in Vorbereitung ist die Verordnung zur Steuerberaterplattform und zum beSt. Sie befindet sich im Abstimmungsprozess mit BMF und BMI. Der Inhalt wird sich an den Postfachverordnungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) und dem besonderen elektronischen Notarpostfach (beN) orientieren.

     

    Die Einführung erfolgt dann ab 1.1.23 in Tranchen. Es ist geplant, alle Berufsangehörige während eines Zeitraums von drei Monaten zur Registrierung aufzufordern. Für Berufsangehörige mit besonderem Dringlichkeitsbedarf (weil sie z. B. bereits Klageverfahren anhängig haben und für sie die aktive Nutzungspflicht ab 1.1.23 damit praktisch relevant ist) soll eine „Schnellspur“ eingerichtet werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Das Gespräch zwischen Jens Henke und Dr. Dieter Mehnert wurde im Juli 2022 geführt. Neuere Entwicklungen wurden bei der Abfassung dieses Artikels berücksichtigt (Link zum Gespräch auf youtube).
    Quelle: ID 48520720