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  • · Nachricht · Elektronischer Rechtsverkehr

    Doch keine beSt-Nutzungspflicht für Steuerberater?

    OStA a.D. Raimund Weyand, St. Ingbert

    | Nach Meinung des BFH und der ihm mittlerweile einhellig folgenden FGe sind Steuerberater seit dem 1.1.23 verpflichtet, das beSt aktiv zu nutzen (BFH 28.4.23, XI B 101/22). Eine aktuelle Entscheidung des X. Senats zieht diese Auffassung aber in Zweifel, weil es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehlen soll (BFH 17.4.24, X ZB 68/23, X ZB 69/23). |

    Sachverhalt

    Der BFH hob zwei Entscheidungen des FG Niedersachsen auf, weil bereits der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG) nicht ausreichend beachtet worden war. Der Senat bezweifelt überdies explizit die Verpflichtung des Prozessbevollmächtigten, für den Verkehr mit dem Gericht das beSt nutzen zu müssen, obwohl dies letztlich (noch) nicht entscheidungserheblich war. Die Klagen wurden am 10.1.23 entgegen § 52d FGO per Telefax eingereicht. Der Berufsangehörige hatte später im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages ausdrücklich auf Schwierigkeiten bei der Einrichtung des beSt verwiesen, was das FG aber nicht akzeptieren wollte.

    Entscheidung

    Die Richter verweisen auf Art. 80 Abs. 1 GG. Hiernach setzt die Wirksamkeit einer Rechtsverordnung unter anderem voraus, dass die für den Erlass einer Rechtsverordnung erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage rechtzeitig geschaffen worden ist. Die StBPPV, die die durch § 52d FGO begründete Nutzungspflicht näher ausgestaltet, wurde am 25.11.22 erlassen und am 30.11.22 verkündet (BGBl I 22, 2105). Sie beruht auf der Regelung des § 86f. StBerG, der aber aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung erst nach Ablauf des 31.12.22 erstmals anwendbar war (§ 157e StBerG). Von einer Ermächtigung kann nach der Rechtsprechung des BVerfG erst Gebrauch gemacht werden, wenn sie tatsächlich vorliegt. Das betreffende Gesetz muss also in Kraft gesetzt sein, bevor die darauf gestützten Normen erlassen werden können (BVerfG 26.7.72, 2 BvF 1/71). Wird dieser Grundsatz nicht beachtet, führt dies zu deren Nichtigkeit (so auch BVerwG 20.4.23, 2 C 18.21). Eine rückwirkende Heilung derartiger kompetenzrechtlicher Verstöße kommt nach Meinung des BVerfG (a.a.O.) nicht in Frage.

    Relevanz für die Praxis

    Der jetzt offensichtliche Dissens innerhalb des BFH wird letztlich erst gelöst werden, wenn sich dessen Großer Senat mit dieser Frage befasst hat. Im Einzelfall kann ein Hinweis auf die Entscheidung des X. Senats möglicherweise

    ein Wiedereinsetzungsgesuch untermauern. Vorsichtshalber sollte der Berufsangehörige aber § 52d FGO schon zur Vermeidung möglicher Regressprobleme strikt beachten. Bereits rechtskräftig abgeschlossene Verfahren könnten nicht mehr wieder aufgenommen werden.

    Quelle: ID 50032568