· Fachbeitrag · Rechtsberatende Tätigkeit von Nicht-Anwälten
Steuerberater in einer Rechtsanwaltsgesellschaft muss Tätigkeitsgebot erfüllen
von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert
Alle Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft müssen rechtsberatende Tätigkeit in der Gesellschaft selbst erbringen. Dies gilt auch für Gesellschafter, die (nur) den steuerberatenden Berufen angehören (OLG Düsseldorf, 22.12.11, I-6 U 155/11, www.iww.de/sl144). |
Sachverhalt
An einer Rechtsanwalts-GmbH, die ihren Mandanten interdisziplinäre Kooperationen anbieten wollte, waren auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beteiligt. Zwischen den Gesellschaftern kam es zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung. Diese war nach Ansicht der klagenden Steuerberater/Wirtschaftsprüfer nicht gegeben.
Beachte | Rechtsanwälte dürfen sich mit Angehörigen der steuerberatenden Berufe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbinden (§ 59a BRAO). Dies ist durch deren Beteiligung an einer Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59e BRAO) möglich, sofern die anwaltlich tätigen Gesellschafter die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimmrechte halten (§ 59e Abs. 2 BRAO). Alle Gesellschafter müssen dabei in der Gesellschaft beruflich tätig sein (§ 59e Abs. 1 S. 2 BRAO).
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG waren die klagenden Steuerberater/Wirtschaftsprüfer nicht in der Gesellschaft tätig, sondern in ihrer eigenen Sozietät. Diese war als GbR wiederum an der GmbH beteiligt. Nach Meinung des Senats muss jeder sozietätsfähige Gesellschafter selbst rechtsberatende Tätigkeiten in der und für die Gesellschaft ausüben. Irgendwelche anderen Beschäftigungen genügen den gesetzlichen Vorgaben nicht, denn diese wollen bloße Kapitalbeteiligungen an einer Anwalts-GmbH ausschließen. Es reicht insbesondere nicht aus, wenn die Nicht-Anwälte ihre Tätigkeitsbeiträge innerhalb ihres eigenen Berufsbilds und ihrer eigenen Berufstätigkeit leisten - also etwa in Form der (bloßen) Steuerberatung in einer eigenständigen Sozietät, die nur Gesellschafterin der GmbH ist.
PRAXISHINWEIS | Das OLG stuft den Gesellschaftsvertrag im konkreten Fall nicht als insgesamt unwirksam ein, obwohl er das gesetzliche Tätigkeitsgebot gerade nicht umsetzen wollte. Zwar ist eine solche Regelung rechtswidrig. Nicht jede rechtswidrige Vereinbarung ist indes nichtig (§ 134 BGB). § 59e Abs. 1 S. 2 BRAO will zunächst die anwaltliche Unabhängigkeit sichern. Die Bestimmung betrifft überdies primär das berufliche Zulassungsverfahren, will aber nicht den Inhalt bestimmter Rechtsgeschäfte beeinflussen. Der - rechtwidrige - Gesellschaftsvertrag hat daher grundsätzlich Bestand. Auch sind die klagenden Steuerberater/Wirtschaftsprüfer rechtswirksam Gesellschafter der GmbH geworden. Gesellschaftsinterne Streitigkeiten sind daher durch die Gerichte einzelfallbezogen auf der Grundlage des Statuts zu klären. |