· Nachricht · Verfahrensrecht
Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung wegen Krankheit
von Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof
| Ein Terminsverlegungsantrag beim FG ist formlos möglich. Ferner bedarf es im Fall der Verlegung wegen Krankheit zur Glaubhaftmachung grundsätzlich nicht eines amtsärztlichen Attests, es genügt eine einfache ärztliche Krankschreibung (BFH 27.8.24, VIII B 74/23, Abruf-Nr. 243743 ). |
Sachverhalt
Der Kläger und Beschwerdeführer ist Steuerberater und vertrat sich und die Klägerin in einem finanzgerichtlichen Verfahren. Er beantragte mehrere Verlegungen des Termins zur mündlichen Verhandlung mit E-Mail bzw. Telefax unter Vorlage von ärztlichen Verhandlungsunfähigkeitsbescheinigungen (Bluthochdruck mit akuter Infarktgefahr, zuletzt wegen eines Sturzes). Das FG gewährte insgesamt zweimal Verlegung, die dritte beantragte Verlegung wegen des Sturzes lehnte es ab, da es zum einen von einer Prozessverschleppungsabsicht bzw. erheblichen Mitwirkungspflichtverletzungen der Kläger überzeugt war und zum anderen der Antrag des Klägers nicht der Form nach § 52d S. 1 i. V. m. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO entspreche und die Glaubhaftmachung des Verlegungsgrunds durch amtsärztliche Begutachtung zu erfolgen habe. Hintergrund war, dass der Kläger vor seinem Sturz an einem Termin im Steuerstrafverfahren trotz Krankschreibung teilgenommen hatte. Die mündliche Verhandlung wurde vom FG ohne Anwesenheit der Kläger durchgeführt.
Entscheidungsgründe
Der BFH sah einen absoluten Revisionsgrund wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger (§ 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gegeben, da trotz krankheitsbedingter Verhinderung keine Terminsverlegung erfolgte (BFH 21.4.23, VIII B 144/22, Urteil). Der Antrag auf Terminsverlegung war formwirksam gestellt, denn es handelt sich um keinen vorbereitenden Schriftsatz nach § 52d S. 1 FGO, auch besteht kein Schriftformerfordernis i. S. v. § 52d S. 1 i. V. m. § 52a FGO gemäß § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 227 ZPO, noch ist er ein bestimmender Schriftsatz, der eine wesentliche Prozesshandlung vollzieht, sodass dieser Antrag nicht über das beSt einzureichen war (BFH 23.4.24, VIII B 31/23). Es bestand eine Rechtspflicht des FG nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO zur neuerlichen Terminsverlegung. Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, dass er keine Vorsorge für die Beauftragung eines Vertreters getroffen hat, weil der Sturz für ihn nicht voraussehbar war. Das FG durfte nicht auf ein amtsärztliches Attest bestehen und an der ärztlich attestierten Verhandlungsunfähigkeit zweifeln, vielmehr ist ein Arzt in der Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit sachkompetenter als ein Richter.
FAZIT | Ein FG kann nicht aus eigener Kompetenz ärztliche Verhandlungsunfähigkeitsbescheinigungen verwerfen. |