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  • · Fachbeitrag · Verfahrensrecht

    Förmliche Zustellung in Corona-Zeiten

    von Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof und Speyer

    | Der BFH hat entschieden, dass auch während der Coronapandemie eine wirksame Ersatzzustellung durch Einlegung in einen Briefkasten gemäß § 180 ZPO den vorherigen Versuch der persönlichen Übergabe sowie der Ersatzzustellung in der Wohnung oder den Geschäftsräumen des Adressaten voraussetzt (BFH 19.10.22, X R 14/21). |

     

    Sachverhalt

    Am 19.6.21, einem Samstag, wurde das später mit Revision angefochtene Urteil des FG München im Wege der förmlichen Zustellung mittels Postzustellungsurkunde (PZU) von einem Bediensteten der Deutschen Post AG in den Briefkasten der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten eingelegt. Auf der PZU war vom Zusteller angegeben, dass eine Übergabe des Schriftstücks in der Kanzlei nicht möglich gewesen sei, weshalb eine Ersatzzustellung durch Einlegung in den zugehörigen Briefkasten erfolgte. Am 21.6.21 wurde das Urteil dem Briefkasten entnommen. Die Revisionsschrift ging am 20.7.21 beim BFH ein, wobei vorgetragen wurde, dass dies fristgemäß sei, weil der Postzusteller generell während der Coronapandemie keinen Zustellungsversuch durch Übergabe des Schriftstücks unternommen habe, da er gehalten gewesen sei, persönliche Kontakte mit den Adressaten zu vermeiden. Auf eine Anfrage des BFH bei der Deutschen Post AG, ob es eine diesbezügliche Weisung gebe, wurde dies verneint und ungefragt behauptet, dass auch im konkreten Fall nach den Vorgaben der ZPO zugestellt worden sei. In der mündlichen Verhandlung sagte hingegen der Postzusteller aus, dass er laut mündlicher Weisung seines Amtsleiters im Zeitraum Mai/Juni 21 bis etwa März 22 ohne vorherigen Versuch einer persönlichen Übergabe die Zustellungen wie auch im Fall durch Einlegung in den Briefkasten ausgeführt habe.

     

    Entscheidung

    Der BFH erachte die Revisionsfrist von einem Monat (§ 120 Abs. 1 S. 1 FGO) für gewahrt, da die förmliche Zustellung, die nach § 53 Abs. 2 FGO bei Zustellungen von finanzgerichtlichen Urteilen vorgeschrieben sei, mangels Übergabeversuchs nach § 180 S. 1 ZPO unwirksam gewesen sei (BFH 14.2.07, XI B 108/05, BFH/NV 07, 1158).