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  • · Nachricht · Verfahrensrecht

    Keine Drei-Tage-Fiktion bei Zustellung mit PZU

    von Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof und Speyer

    | Beim Führen des Fristenkalenders ist genau darauf zu achten, welche Form der Bekanntgabe die Finanzbehörde gewählt hat. Denn unter bestimmten Umständen gilt die Drei-Tage-Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht, und die Frist beginnt bereits mit Ablauf des Tages der Zustellung zu laufen ‒ wie eine Entscheidung des FG Niedersachsen (27.1.21, 9 K 203/20) zeigt. |

     

    Sachverhalt

    Das FA hatte einen Bescheid mit Postzustellungsurkunde (PZU) zustellen lassen, der laut Vermerk des Postbediensteten am Samstag, dem 29.12.18 in den Briefkasten der Kanzlei eingeworfen worden war (Ersatzzustellung). Der Bescheid war mit der Belehrung versehen, dass „bei Zustellung mit Zustellungsurkunde oder mittels Einschreiben mit Rückschein oder gegen Empfangsbekenntnis (…) Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung“ ist. Am 30.1.19 ging per Fax ein Einspruchsschreiben des Beraters beim FA ein. Das FA erachteten dieses als verfristet, denn die Bekanntgabe sei am 29.12.18 erfolgt, sodass die Einspruchsfrist am 30.12.18 um 0:00 Uhr begann, wobei für den Fristbeginn unerheblich sei, dass dieser auf einen Sonntag fiel. Mit Ablauf des 29.1.19 um 24:00 Uhr habe die Einspruchsfrist geendet.

     

    Entscheidungsgründe

    Auch das FG Niedersachsen erachtete den Einspruch mangels Einhaltung der Monatsfrist und korrekter Rechtsbehelfsbelehrung für verfristet. Das FA habe eine Wahlmöglichkeit, ob es den Bescheid durch einfache Post (§ 122 Abs. 2 AO) oder förmliche Zustellung (§ 122 Abs. 5 AO i. V. m. § 2 VwZG) übermittelt. Wenn die förmliche Zustellung nach § 122 Abs. 5 AO gewählt werde, greife die Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht. Sie beziehe sich nur auf die Bekanntgabe von Steuerbescheiden in einfacher Briefform. Die Anordnung der förmlichen Zustellung sei kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Eine Begründung sei auch nicht erforderlich (BFH 16.3.20, III R 19/99, BStBl I 00, 520; Nr. 1.8.3 AEAO zu § 122).

     

    Relevanz für die Praxis

    Unerheblich ist, ob der Fristlauf an einem Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag beginnt, denn nach § 222 Abs. 2 ZPO ist dies nur beim Fristende von Relevanz (BFH 28.11.07, IX B 175/07). Aus der Rechtsprechung des BFH, dass auf das Ende der Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO die Regelung des § 108 Abs. 3 AO mit der Folge Anwendung findet, dass sich das Ende dieser Fiktion auf den nächsten Werktag verschiebt, wenn der Dreitageszeitraum an einem Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag endet (BFH 14.10.03, IX R 68/98, BStBl II 03, 898), ergibt sich nichts Gegenteiliges.

     

    Ebenfalls unerheblich ist, ob der Briefkasten des Steuerberaters an diesem Tag gelehrt wurde bzw. gelehrt werden konnte bzw. die Kanzlei besetzt war (BFH 14.8.75, IV R 150/71, BStBl II 76, 764).

    Quelle: ID 47470578