· Fachbeitrag · E-Rechnung/Berufsrecht
Bürokratieentlastung durch digitale Rechnung
von RA Dr. Gregor Feiter, Düsseldorf
| Durch marginale Änderungen der StBVV und des RVG können Gebührenrechnungen von Steuerberatern nun ausschließlich digital erstellt und übermittelt werden. Durch die Bürokratieentlastungsverordnung wurde § 9 Abs. 1 StBVV mit Wirkung zum 14.12.24 an den zuvor schon mit Wirkung zum 17.7.24 geänderten § 10 Abs. 1 RVG angepasst. Die Neuregelungen erklären die Textform für Steuerberater und Rechtsanwälte zum berufsrechtlichen Maßstab. Das Schriftformerfordernis entfällt, ebenso die Notwendigkeit der Zustimmung der Mandanten bei elektronischem Versand. |
Berufsrechtliche Änderungen wegen E-Rechnung nötig
Hintergrund ist die sukzessive Einführung der E-Rechnung im B2B-Bereich ab dem 1.1.25. Nach der Neudefinition der E-Rechnung in § 14 Abs. 1 UStG muss diese ab dem 1.1.25 „in strukturiertem, elektronischem Format ausgestellt, übermittelt und empfangen“ werden und „eine automatische und elektronische Verarbeitung“ ermöglichen. Diese Neudefinition der E-Rechnung machte die Änderungen der §§ 9 Abs. 1 StBVV, 10 Abs. 1 RVG erforderlich.
Unter Textform ist eine auf einem dauerhaften Datenträger abgegebene, lesbare Erklärung zu verstehen, § 126b BGB. Auch ein strukturierter Datensatz, wie er in § 14 Abs. 1 UStG ab dem 1.1.25 vorgesehen ist, erfüllt das Textformerfordernis (strukturierte Datenformate sind z. B. XML, EDIFACT und Doc). Maßgeblich ist insoweit, dass der strukturierte Datensatz nach einer Konvertierung bzw. mithilfe von Anzeigeprogrammen für das menschliche Auge lesbar ist (maschinelle Lesbarkeit). Dadurch ist dem Textformerfordernis des § 126b BGB bereits genügt (Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 126b BGB Rz. 3; ebenso BMF 15.10.24 zur Ausstellung von Rechnungen nach § 14 UStG Rz. 6). Hybride Formate wie ZUGFeRD, die aus einem strukturierten Datensatz und einem PDF bestehen, erfüllen ebenfalls alle gesetzlichen Anforderungen i. S. d. § 14 Abs. 1 UStG und der §§ 9 Abs. 1 StBVV, 10 Abs. 1 RVG.
Kann der Steuerberater die Rechnungsstellung delegieren?
Die Neufassungen der §§ 9 Abs. 1 S. 1 StBVV, 10 Abs. 1 S. 1 RVG sehen erstmals vor, dass die Berechnung vom Steuerberater (oder Rechtsanwalt) selbst oder „auf seine Veranlassung“ dem Auftraggeber mitgeteilt werden kann. Hieraus darf nicht voreilig geschlossen werden, dass der Steuerberater (oder Rechtsanwalt) den Rechnungsstellungsprozess auf Dritte, z. B. Mitarbeiter verlagern dürfte. In der Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 1 RVG wie in der Verordnungsbegründung zu § 9 Abs. 1 StBVV heißt es, dass die zivil-, straf- und berufsrechtliche Verantwortung des Rechtsanwalts bzw. Steuerberaters für die Richtigkeit und Angemessenheit der Berechnung von der Änderung unberührt bleibt. Auch die Ausübung des Ermessens, etwa nach § 11 StBVV bzw. § 10 RVG bleibt dem Steuerberater bzw. Rechtsanwalt vorbehalten. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass (nur) der Steuerberater bzw. Rechtsanwalt die Vergütung fordern kann. Dementsprechend wird in der Verordnungs- bzw. Gesetzesbegründung lediglich klargestellt, dass der Steuerberater bzw. Rechtsanwalt die von ihm zu verantwortende Berechnung nicht selbst versenden muss, sondern sich seines Kanzleipersonals bedienen darf. Auch wenn sich dies weder aus der Verordnungs- noch aus der Gesetzesbegründung ergibt, dürfte damit auch der Fall gemeint sein, dass der Steuerberater sich externer Dritter, wie z. B. spezialisierter Verrechnungsstellen bedient. Die berufsrechtliche Verantwortung für den Inhalt der Berechnung verbleibt auch hier beim Steuerberater. Abrechnungsprozesse auszulagern, kann allerdings dazu beitragen, die Kanzleiabläufe zu optimieren und Freiräume für die eigentlichen Kernaufgaben zu schaffen.
Zeitlicher Geltungsbereich
Durch die Änderung des § 9 Abs. 1 S. 1 StBVV zum 14.12.24 haben sich alle Streitfragen im Zusammenhang mit der Unterschrift und dem Zustimmungserfordernis zur Textform für die Zukunft erledigt. Fraglich ist, ob auch vor dem 14.12.24 begründete Mandate bzw. erteilte Aufträge ohne Zustimmung des Mandanten in Textform abgerechnet werden können. Nach § 47a S. 1 StBVV ist für die „Vergütung“ das bisherige Recht anzuwenden, wenn der Auftrag vor der Änderung der Verordnung erteilt worden ist. Diese Regelung ist hier aber nicht einschlägig, da § 9 Abs. 1 StBVV eine Verfahrensvorschrift und keine Vorschrift über die Vergütung ist (Vergütung ist der Oberbegriff für Gebühren und Auslagen, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 StBVV). Meines Erachtens können deshalb auch Aufträge, die vor dem 14.12.24 begründet wurden, unter Anwendung des neuen § 9 Abs. 1 StBVV in Textform und ohne Zustimmung des Mandanten abgerechnet werden (so auch Cremers, NJW 2024, 3497, 3499 zur Neufassung des § 10 Abs. 1 RVG zum 17.7.24).
Welche Vorteile bringt die Änderung für die Kanzleien?
In der Verordnungsbegründung heißt es, dass für den Berufsstand mit Einsparungen von jährlich 386 Mio. EUR dadurch zu rechnen ist, dass Vergütungsberechnungen nicht mehr ausgedruckt oder qualifiziert elektronisch signiert werden müssen, wenn keine Zustimmung des Auftraggebers vorliegt. Die nicht mehr notwendige Einholung der Zustimmung der Mandanten im Falle eines elektronischen Rechnungsversands führt nach den Berechnungen des BMF zu weiteren Einsparungen i. H. v. 10,7 Mio. EUR. Auch wenn die vom BMF zugrunde gelegten Zahlen und die angestellten Berechnungen Fragen aufwerfen, sind die Vorteile für die Kanzleien in Form von Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen unbestritten. Nach Auskunft des Statistischen Bundesamts ist für den Versand einer Papierrechnung standardmäßig 1 Minute, für den einfachen elektronischen Versand hingegen 0,1 Minuten anzusetzen. Der Verzicht auf Papier, Druck und Versand der Rechnungen spart Ressourcen und hilft dabei, Kosten zu senken. Durch die Beauftragung Dritter mit der Rechnungserstellung kann der administrative Aufwand in den Kanzleien reduziert und die Prozesse können optimiert werden. Gleichzeitig werden die Erwartungen der Mandanten an eine moderne digitale Kanzlei erfüllt. Insgesamt sind die Neuregelungen ein Beitrag, den Kanzleialltag moderner, effizienter und zukunftssicher zu gestalten.