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  • · Fachbeitrag · Sicherung des Honorars

    Fallstrick „angemessene“ Gebühr - mit Verträgen und Leistungserfassung gegen Honorarausfälle

    von RA Hans-Günther Gilgan, Münster

    | Nach § 64 Abs. 1 StBerG bestimmt der Steuerberater seine Gebühr nach dem Zeitaufwand, dem Wert des Objekts und der Art der Aufgabe. Das Nähere regelt die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Wie aber ist vorzugehen, wenn der Mandant nicht zahlen will, weil er z.B. das Honorar als zu hoch erachtet? Und wie kann bereits im Vorfeld bei der Mandatsbearbeitung vermieden werden, dass es überhaupt so weit kommt? Verlorene Gebührenprozesse müssen nicht sein! Die probaten Gegenmittel heißen schriftliche Steuerberatungsverträge und Leistungserfassung. |

    Vorgaben der StBVV

    • § 11 StBVV

    Ist für die Gebühren ein Rahmen vorgesehen, so bestimmt der Steuerberater die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Steuerberaters kann bei der Bemessung herangezogen werden.

     

     

    Diese Vorgaben sollen auf den nachfolgenden Fall angewendet werden.

    Fallbeispiel

    • Ausgangssituation

    Der Steuerberater ist mit der Erstellung der Finanzbuchführung, des Jahresabschlusses und der betrieblichen sowie privaten Steuererklärungen beauftragt. Es wurde keine Vereinbarung über die Höhe und Angemessenheit der Gebühren getroffen. Nach Erledigung der Arbeiten legt der Steuerberater dem Mandanten die Rechnung vor und bittet um Ausgleich der Forderung. Der Mandant zahlt nicht - er hält das Honorar entweder für zu hoch oder behauptet Mängel an den Arbeitsergebnissen - und saldiert den Rechnungsbetrag eigenmächtig mit dem behaupteten Schadenersatzanspruch. Will der Steuerberater sein Honorar durchsetzen, muss er nunmehr die Hilfe der Gerichte in Anspruch nehmen.

     

     

    Darlegung und Beweis des Anspruchs

    Der Steuerberater muss darlegen und beweisen, dass und mit welchen Aufgaben er vom Mandanten beauftragt wurde. Ohne schriftlichen Vertrag ist dies eine Hürde, die nur schwer zu nehmen ist.

     

    PRAXISHINWEIS |  Vereinbarungen mit den Mandanten sollten immer schriftlich fixiert werden - insbesondere durch einen schriftlichen Steuerberatungsvertrag.

     

     

    Ist es dem Steuerberater gelungen, den erteilten Auftrag nachzuweisen, muss er darlegen und beweisen, dass die in Rechnung gestellten Gebühren angemessen sind.

     

    Nachweis der Angemessenheit der Gebühren

    Gebühren sind dann angemessen, wenn der Steuerberater Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten bewertet und auf dieser Grundlage den zutreffenden Wert aus dem Gebührenrahmen ausgewählt hat.

     

    Ohne entsprechende Aufzeichnungen wartet hier das nächste Problem: Zwischen Auftragserledigung und Klage liegen in der Regel längere Zeiträume, die - je länger sie sind - mit entsprechenden Erinnerungslücken verbunden sind und damit eine Darlegung deutlich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen - vom Nachweis einmal ganz zu schweigen.

     

    Nun existieren zwar Leistungserfassungssysteme, die hier - wenn sie angewendet werden - hilfreiche Dienste leisten können. Voraussetzung ist allerdings, dass sie auch die Informationen enthalten, die die Rechtsprechung als notwendig für die Erfüllung der Darlegungslast erachtet. Es müssen konkrete Beschreibungen sein, warum eine Tätigkeit schwierig war, welchen Umfang sie hatte und welche Bedeutung für den Mandanten gegeben war. Im Rahmen der Zeitgebühr muss ersichtlich sein, wer wann was gemacht hat.

     

    PRAXISHINWEIS |  Dokumentieren Sie jede Tätigkeit in einem Leistungserfassungssystem.

     

     

    Für eine aussagekräftige Leistungserfassung zur Begründung der Zeitgebühr sind folgende Angaben notwendig:

     

    Datum, Uhrzeit von Beginn und Ende der Tätigkeit, Ort der Tätigkeit, Sachbearbeiter, konkrete Beschreibung der Tätigkeit. Insbesondere Letzteres wird in der Praxis häufig vernachlässigt. Stichworte wie „Telefonat mit ...“ oder „Besprechung mit …“ oder „Literaturrecherche“ sind ohne weitere Präzisierung nicht ausreichend.

     

    • Beispiele für eine konkrete Leistungserfassung
    Wer?
    Wann?
    Wo/Ort?
    Was?
    Was/Worüber?
    Mit wem?

    Mitarbeiter (Name)

    13.2.13, 
9:30 bis 10:15

    Kanzlei

    Telefonat

    Finanzierung einer 4-Farbdruckmaschine

    Mandant M und Kreditsachbearbeiter K der V-Bank in ...

    Mitarbeiter (Name)

    15.2.13, 
10:30 bis 11:45

    Kanzlei

    Recherche

    Sichtung der Rechtsprechung zum Thema

    Steuerberater (Name)

    15.2.13, 
15:30 bis 17:00

    Räume der Bank in ...

    Besprechung

    Sicherheiten für den beantragten Kredit zur Finanzierung

    Mandant M und Kreditsachbearbeiter K der V-Bank

     

     

    Hinweis | Eine wahre Fundgrube zum Thema Anforderungen an Zeitaufzeichnungen ist das Urteil des OLG Frankfurt vom 12.1.11 (4 U 3/08, Urteil unter www.dejure.org).

     

    Entsprechen die Aufzeichnungen den vorstehenden Anforderungen und ermöglichen eine Darlegung insbesondere von Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten, wartet die nächste Hürde: Der Mandant bestreitet ja die Angemessenheit der Gebühr, sodass diese nunmehr nachgewiesen werden muss. Dies geschieht häufig durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, denn mangels eigener Sachkunde sind die Richter i.d.R. erklärtermaßen nicht in der Lage, die Angemessenheit der Gebühr selbst zu beurteilen.

     

    Sachverständigengutachten sind in der Regel kostspielig. Deshalb argumentieren die Gerichte häufig mit dem nicht unerheblichen Prozesskostenrisiko und schlagen den Parteien einen Vergleich vor, der vielfach auch geschlossen wird. Im Ergebnis kommt es also zu einer nicht unerheblichen Reduzierung des wohlverdienten Honorars, die sich ohne Probleme leicht dadurch vermeiden ließe, dass die Grundlagen für die Gebührenbestimmung hinreichend dokumentiert werden. In diesem Fall reicht nämlich ein einfaches Bestreiten der Angemessenheit durch den Mandanten nicht aus. Dieser müsste vielmehr qualifiziert bestreiten, d.h., seinerseits Tatsachen vortragen, die den Vortrag des Steuerberaters entkräften können.

    Was genau ist die „angemessene Gebühr“?

    Gibt es die „angemessene Gebühr“ überhaupt und wenn ja, wie genau kann/muss sie bestimmt werden?

     

    Der Gebührenrahmen für den Jahresabschluss z.B. reicht von 10/10 bis 40/10. Damit gibt es 31 mögliche Gebühren und 31 Möglichkeiten der Gebührenbestimmung. Es darf bezweifelt werden, dass die für die Bestimmung vorgesehenen fünf Parameter (Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung für den Mandanten, Einkommensverhältnisse des Mandanten und das Haftungsrisiko des Steuerberaters) eine derartig feingliedrige Bestimmung überhaupt zulassen. Deshalb hat die Rechtsprechung auch einen Toleranzrahmen von 20 % anerkannt, innerhalb dessen sich die Gebührenbestimmung ohne Beanstandung durch die Gerichte bewegen darf.

     

    M.E. dürfte es daher ausreichen, neben der Mindest-, Mittel- und Höchstgebühr noch die Mittelgebühr im unteren Rahmensatz und die Mittelgebühr im oberen Rahmensatz als Orientierungspunkte festzulegen.

     

    • Beispiel 1: Jahresabschluss
    Mindestgebühr
    Mittelgebühr unterer Rahmen
    Mittelgebühr
    Mittelgebühr oberer Rahmen
    Höchstgebühr

    Jahresabschluss

    10/10

    17,5/10

    25/10

    32,5/10

    40/10

    20 % Toleranz

    + 2/10

    +/- 3,5/10

    +/- 5/10

    +/- 6,5/10

    - 8/10

    Toleranzgrenzen

    12/10

    14/10 - 21/10

    20/10 - 30/10

    26/10 - 39/10

    32/10

     

     

    • Beispiel 2: Buchführung, § 33 Abs. 1 StBVV
    Mindestgebühr
    Mittelgebühr unterer Rahmen
    Mittelgebühr
    Mittelgebühr oberer Rahmen
    Höchstgebühr

    Buchführung, 
§ 33 Abs. 1

    2/10

    4,5/10

    7/10

    9,5/10

    12/10

    20 % Toleranz

    + 0,4/10

    +/- 0,9/10

    +/- 1,4/10

    +/- 1,9/10

    - 2,5/10

    Toleranzgrenzen

    2,4/10

    3,6/10 - 5,4/10

    5,6/10 - 8,4/10

    7,6/10 - 11,4/10

    9,5/10

     

     

    PRAXISHINWEIS |  Wenn es aufgrund entsprechend aussagekräftiger Aufzeichnungen gelingt, einen dieser fünf Korridore zu konkretisieren, lassen sich manche Gebührenstreitigkeiten vermeiden. Jedenfalls hätten es die Steuerberater einfacher, die „angemessene Gebühr“ wenigstens annähernd zu bestimmen. Liegen sie im jeweils einschlägigen Korridor im Rahmen der Spannbreite, würden sie mit ihrer Klage durchdringen. Die Gutachter hätten es auch einfacher, denn sie bräuchten nur noch festzustellen, in welchen der Korridore die vom Steuerberater erbrachte Leistung einzuordnen ist. Eine Festlegung auf einen bestimmten Gebührensatz wäre dann überflüssig.

     

     

    Nach diesem Muster hat z.B. das LG Frankfurt (29.4.09, 2-15 S 4/08, in Honorarbrief 3/10, 4) entschieden, nachdem ein Sachverständiger lediglich zu der Feststellung kommen konnte, dass die Gebühr im „unteren Rahmensatz“ liegen müsse. Das Gericht hat dann einfach Mindest- und Mittelgebühr gemittelt und in dieser Höhe die Klageforderung des Steuerberaters als zutreffend festgestellt.

     

    FAZIT |  Wer sich seine Aufträge vom Mandanten nicht schriftlich geben lässt und keine Leistungserfassung betreibt, schadet sich selbst, weil er es dem Mandanten leicht macht, sich seinen Zahlungsverpflichtungen zu entziehen. Kann der Steuerberater seinen Auftrag nicht mittels einer Vertragsurkunde beweisen oder die Angemessenheit seiner Gebühren aufgrund fehlender Aufzeichnungen bezüglich Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten nicht belegen, braucht der Mandant lediglich den Auftrag oder die Angemessenheit der Gebühr zu bestreiten, um den Zahlungsanspruch des Steuerberaters zu Fall zu bringen. Das sollten Sie verhindern!

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Leider nicht immer zu vermeiden - Gerichtliche Durchsetzung von Honorarforderungen“ in KP 13, 47
    • „Diese aktuellen Entwicklungen im Steuerberatergebührenrecht sollten Sie kennen!“ in KP 13, 32

    Zum Autor | RA Hans-Günther Gilgan ist Geschäftsführer des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 99 | ID 38304970