· Fachbeitrag · Vergütungsrecht
Muss der Mandant für eine fehlerhafte Dienstleistung bezahlen?
von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert
Ein anwaltlicher Beratungsvertrag kann wegen pflichtwidrigem Verhalten außerordentlich gekündigt werden. Bloße Vorarbeiten können eine solche Pflichtwidrigkeit nicht begründen, selbst wenn sie Fehler aufweisen (BGH 7.3.19, IX ZR 221/18). |
Sachverhalt und Anmerkungen
Der auf Honorarzahlung klagende Rechtsanwalt sollte Vertragsentwürfe zu einer Grundstücksübertragung fertigen, wobei auch ein Nießbrauch vorgesehen war. Die frühere Mandantin wollte die Gebührenrechnung unter anderem deshalb nicht begleichen, weil die vom Anwalt erstellten von ihm als „erste grobe Entwürfe“ bezeichneten Dokumente fehlerhaft seien. Anders als die Vorinstanz gab der BGH der Klage jetzt statt.
Nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt ein Vergütungsanspruch, wenn der zugrunde liegende Dienstvertrag wegen schuldhaften pflichtwidrigen Verhaltens des Vertragspartners gekündigt wurde. Zwar hatte die Mandantin den Anwaltsvertrag gekündigt, als Grund aber angegeben, sie müsse sich den Übertragungsvorgang nochmals überlegen. Dieser Kündigungsgrund lässt den Honoraranspruch unberührt. Der Senat hebt zudem hervor, dass eine schuldhafte Vertragsverletzung Grund für die außerordentliche Kündigung eines Beratungsvertrages sein muss, mithin zwischen Vertragswidrigkeit und Kündigung ein Kausalzusammenhang erforderlich ist. Diese notwendige Kausalität fehlt, wenn der Vertragspartner erst nachträglich von Pflichtwidrigkeiten erfährt. Sind diese ‒ wie hier ‒ nicht Motiv für die Kündigung, hat der Dienstverpflichtete das Vertragsende nicht adäquat verursacht.
Überdies lässt nicht jeder Vertragsverstoß des Vertragspartners, für den der Dienstberechtigte zudem die volle Beweislast trägt, den Entgeltanspruch entfallen. Der BGH führt hierzu weiter aus: Zwar wiesen die erstellten bloßen Vertragsentwürfe unstreitig Fehler auf, weil nach deren Wortlaut nicht der von der Mandantin aus steuerlichen Gründen gewünschte Vorbehaltsnießbrauch, sondern ein (steuerschädlicher) Zuwendungsnießbrauch eingeräumt werden sollte. Reine Vorarbeiten, die noch zu keinem konkreten weiterzuverwendendem Arbeitsergebnis geführt haben, können eine die Kündigung veranlassende und zum Ausschluss des Vergütungsanspruchs führende Pflichtwidrigkeit i. S. des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB aber nicht begründen. Die Mandantin muss also trotz der vorhandenen Fehler zahlen.
Relevanz für die Praxis
Der BGH wendet die von ihm entwickelte Rechtsprechung zur Frage, wann für aus der Sicht des Patienten nutzlosen ärztlichen Leistungen Arzthonorar zu zahlen sind (BGH 13.9.18, III ZR 2 94/16), jetzt auch auf Ansprüche von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe an. Selbst fehlerhafte Arbeiten lassen Honorarforderungen nicht ohne weiteres entfallen.