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  • · Nachricht · §§ 129, 173 AO

    Offenbare Unrichtigkeit bei fehlerhaften Angaben des Steuerpflichtigen

    | Macht der Steuerpflichtige im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung versehentlich keine Angaben zu Kindern und fügt er der Erklärung auch keine Anlage Kind bei, liegt nach einer aktuellen Entscheidung des FG Hamburg keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO vor. Dies gilt auch dann, wenn Erklärungen in den Vorjahren zutreffende Angaben zu Nachkömmlingen enthalten haben, so das FG Hamburg in einem aktuellen Urteil ( FG Hamburg 25.10.13, 5 K 120/11, n.v., astw.iww.de Abruf-Nr. 141710). |

     

    Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige hatte eine durch seinen langjährigen Steuerberater erstellte Einkommensteuererklärung eingereicht, ohne im Mantelbogen auf seine beiden Kinder hinzuweisen oder eine Anlage Kind beizufügen. Aus der mit vorgelegten elektronischen Lohnsteuerbescheinigung waren beim Lohnsteuerabzug berücksichtigte Kinderfreibeträge aber ersichtlich. Die Veranlagung wurde antragsgemäß durchgeführt, also ohne Berücksichtigung der Kinder. Auch im Folgejahr fehlten entsprechende Angaben. Hier wies das Finanzamt den Berater aber auf die fehlende Anlage Kind hin. Er reichte diese nach und beantragte ihre Berücksichtigung auch für das Vorjahr. Das FA lehnte dies ab.

     

    Entscheidung und Bgründung

    Die Klage war erfolglos. Schreib- und Rechenfehler können ebenso wie vergleichbare offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigt werden (§ 129 AO). Die Bestimmung betrifft mechanische Versehen, also bloße Übertragungsfehler. Die fehlerhafte Auslegung oder Anwendung von Rechtsnormen sind ebenso wenig von der Norm erfasst wie die unrichtige Würdigung von Sachverhalten oder Fehler, die auf einer unzureichenden oder mangelhaften Sachaufklärung beruhen. Die Änderungsmöglichkeit besteht prinzipiell auch dann, wenn das FA eine in der Steuererklärung enthaltene offenbare, also für die Verwaltung ohne Weiteres erkennbare Unrichtigkeit übernimmt. Kann der Veranlagungsbeamte den Fehler aber nur bei weiteren Prüfungen oder aber allein dann erkennen, wenn er die Erklärungen der Vorjahre hinzuzieht, scheidet die Anwendung des § 129 AO aus.

     

    Das FG Hamburg verneinte eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO. Der Fehler beruhte auf unvollständigen Angaben des Steuerpflichtigen, war also nicht in der Sphäre des FA entstanden. Dem Sachbearbeiter muste sich dieser Fehler auch nicht aufdrängen, da er ihn nicht ohne weitere Prüfungen hätte erkennen können. Zwar wiesen die mit vorgelegten Ausdrucke der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung Kinderfreibeträge aus. Jedoch können solche Unterlagen aus den verschiedensten Gründen inhaltlich falsch sein. Auch ist das FA im Veranlagungsverfahren an diese Dokumente nicht gebunden. Die Fehlerhaftigkeit der Erklärung wäre nur durch weitere aktive Aufklärung überprüfbar gewesen, vor allem durch Auswertung der Vorjahresakten. Diese lagen dem Veranlagungsbeamten aber nicht vor; er bearbeitete die Erklärung - wie vielfach üblich - im aktenlosen Verfahren, also allein an seinem Bildschirm. Die Anwendung des § 129 AO schied damit aus.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    Das FG Hamburg versah auch keine Änderungsmöglichkeit auf der Basis des § 173 AO, also wegen nachträglich bekannt gewordener neuer Tatsachen. Diese Bestimmung verlangt, dass entscheidungserhebliche Umstände dem konkret zuständigen Sachbearbeiter bei Bearbeitung der Erklärung nicht gegenwärtig waren. Bekannt im Sinne der Norm sind aber alle diejenigen Tatsachen, die sich aus den von der zuständigen Stelle geführten Akten oder den elektronischen Informationssystemen ergeben. Auf die individuelle Kenntnis des Sachbearbeiters kommt es nicht an. Gleichgültig ist auch, ob die Tatsachen aus den schon abgelegten Akten vergangener Veranlagungszeiträume deutlich werden. Da hier in den Erklärungen für die Vorjahre korrekte Angaben zu den Kindern des Pflichtigen gemacht worden waren, lagen keine erst nachträglich nach Abschluss der Veranlagung bekannt gewordenen neuen Tatsachen vor.

     
    Quelle: ID 42742397