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  • · Nachricht · § 146 Abs. 2b AO, § 102 FGO

    Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Verzögerungsgeld

    | Die Erfüllung der Mitwirkungspflichten nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist hindert nicht an der Festsetzung von Verzögerungsgeld. Das FAmuss aber nach Auffassung des FG Hamburg bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige die angeforderten Unterlagen nach Fristablauf aber vor der Festsetzung des Zwangsgeldes einreicht. |

     

    Sachverhalt

    Das FA forderte anlässlich einer Umsatzsteuersonderprüfung von dem Steuerpflichtigen mehrfach Unterlagen an und wies unter Fristsetzung auf die Möglichkeit hin, ein Verzögerungsgeld zu erheben. Nach vergeblichem Fristablauf setzte die Behörde ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 EUR fest. Der entsprechende Bescheid wurde mit einfachem Brief übersandt. Etwa zwei Wochen danach reichte der Steuerpflichtige die angeforderten Unterlagen ein. Kurze Zeit später wandte er sich gegen die Abrechnung zur Festsetzung des Verzögerungsgeldes und gab an, er habe den betreffenden Bescheid nicht erhalten. Das FA stellte den Festsetzungsbescheid erneut förmlich zu. Hiergegen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und verwies auf die mittlerweile vorgelegten Dokumente.

     

    Entscheidung und Begründung

    Die Klage war erfolgreich. Nach § 146 Abs. 2b AO kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR bis 250.000 EUR festgesetzt werden, wenn ein Steuerpflichtiger der Aufforderung des FA, Auskünfte zu erteilen oder Unterlagen vorzulegen bzw. den Zugriff auf eine elektronisch geführte Buchhaltung zu ermöglichen, nicht nachkommt. Dies gilt auch im Rahmen einer Außenprüfung.

     

    Grundsätzlich hatte das FG keine Bedenken, im vorliegenden Fall ein Verzögerungsgeld festzusetzen. Es lag eine unangefochtene Prüfungsanordnung vor. Der Steuerpflichtige hatte etwa vier Monate Zeit, die angeforderten nicht sehr umfangreichen Dokumente zusammenzustellen. Die Erfüllung der Mitwirkungspflichten nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist hindert die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes ebenfalls nicht. Dieses ist nicht als Zwangsmittel im Sinne der §§ 328 ff. AO anzusehen. Es hat vielmehr rein repressiven Charakter. § 335 AO, wonach Zwangsmittel nicht weiter verfolgt werden dürfen, wenn der Betroffene der Aufforderung nachkommt, findet daher keine Anwendung.

     

    Allerdings war die Ermessensausübung durch die Behörde im vorliegenden Fall fehlerhaft. Ermessensentscheidungen der Finanzbehörde sind nach § 102 FGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Festgestellt werden kann nur, ob Ermessensgrenzen überschritten oder das Ermessen selbst nicht nach der Ermächtigungsgrundlage ausgeübt wurde.

     

    Vorliegend sah das FG einen Ermessensfehlgebrauch. Der Steuerpflichtige hatte die geforderten Unterlagen letztlich vollständig vorgelegt. Das FA konnte nicht beweisen, dass ihm die Festsetzungsentscheidung vorher zugegangen war. Vor deren erneuter Bekanntgabe durch förmliche Zustellung hätte die Behörde eine weitere Ermessensprüfung vornehmen müssen, die aber unstreitig nicht erfolgt war. Weder in der Einspruchsentscheidung noch in den vorherigen Aufforderungsschreiben setzte sich das FA mit der Frage auseinander, ob ein Verzögerungsgeld im Streitfall angesichts der mittlerweile vorliegenden Unterlagen noch angemessen war. Dies wäre aber zwingend notwendig gewesen. Denn von dem Eingang der Unterlagen hing nicht nur die Dauer der Fristüberschreitung, sondern auch der zu berücksichtigende Verschuldensgrad ab. Angesichts des repressiven Charakters des Verzögerungsgeldes macht es einen Unterschied, ob der Pflichtige zum Zeitpunkt der Festsetzung des Verzögerungsgeldes nach wie vor säumig ist, oder aber ob er zwischenzeitlich seiner Mitwirkungsverpflichtung verspätet nachgekommen ist. Gerade wegen der erheblichen Anfangshöhe des Verzögerungsgeldes von 2.500 EUR entspricht es dem immer zu prüfenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht mehr, wenn das FA diesen Umstand nicht in seine Ermessensentscheidung einbezieht.

     

    Fundstellen

    Quelle: ID 42742443