· Fachbeitrag · Haftungsrisiken vermeiden
Neue Entscheidung zur Steuerberaterhaftung bei Insolvenzverschleppung des Mandanten
von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert
Tritt der Steuerberater bei einem rein steuerrechtlichen Mandat in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft ein, ohne die Frage nach dem Insolvenzgrund zu beantworten, hat er das Vertretungsorgan darauf hinzuweisen, dass eine verbindliche Klärung nur erreicht werden kann, indem ihm oder einem fachlich geeigneten Dritten ein entsprechender Prüfauftrag erteilt wird (BGH 6.2.14, IX ZR 53/13, Abruf-Nr. 140842). |
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Pflicht des früheren Beraters einer Gesellschaft, Schadenersatz wegen unzureichender Beratung zu leisten. Im Streitfall hatte der Steuerberater unstreitig ein rein steuerrechtliches Mandat. Das Gesellschaftsorgan hatte mit ihm jedoch eine etwaige Insolvenzreife der Gesellschaft explizit erörtert.
Entscheidung
Tritt der Steuerberater bei einem rein steuerrechtlichen Mandat in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft ein, muss er dem Mandanten mit Rücksicht auf die vielfältigen damit verbundenen rechtlichen Folgen einen Weg aufzeigen, der diesem Feststellungen zur Insolvenzreife ermöglicht. So kann der steuerliche Berater auf der Grundlage eines ihm erteilten besonderen Auftrags selbst eine verbindliche gutachterliche Stellungnahme abgeben. Sieht er sich hierzu nicht in der Lage - etwa wegen fehlender Fachkunde oder mit Rücksicht auf eine komplexe, von ihm nicht ohne Weiteres zu überschauende Tatsachengrundlage - muss er den Mandanten an einen zu derart speziellen Prüfungen befähigten Dritten verweisen, um den Sachverhalt zu klären. Diesen Pflichten hat der Beklagte nach den Feststellungen des Gerichts nicht genügt. Trotz ausdrücklicher Nachfrage nach einer möglichen Überschuldung der Gesellschaft beließ er es bei unverbindlichen Diskussionen über ihre wirtschaftliche Lage.
PRAXISHINWEIS | Mit dem Beschluss hat der BGH seine grundlegenden Entscheidungen zu (Neben-)Pflichten des steuerlichen Beraters bei möglicher Insolvenzreife fortgesetzt. Dieser unterliegt bei einem ausdrücklichen Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens einer umfassenden vertraglichen Haftung für etwaige Fehlleistungen (BGH 7.3.13, IX ZR 64/12, Abruf-Nr. 131400, KP 13, 97). Das gilt auch dann, wenn der vertraglich - lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater - von sich aus erklärt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliegt (BGH 6.6.13, IX ZR 204/12, Abruf-Nr. 132200, KP 13, 197). Der lediglich mit der allgemeinen steuerlichen Beratung einer GmbH beauftragte Berater ist hingegen nicht verpflichtet, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz ungefragt auf die Pflicht ihres Geschäftsführers zur Prüfung insolvenzrechtlicher Konsequenzen hinzuweisen (BGH 7.3.13, a.a.O.). |